Nach Suizid: Hier finden Hinterbliebene in Rheinhessen Hilfe

Häufig als Tabu-Thema behandelt, beschäftigt der Suizid eines Angehörigen die Hinterbliebenen oft besonders stark. Das weiß Heike Frohnhöfer, deren Sohn selbst den Freitod gewählt hat. Darum hat sie in Undenheim eine Selbsthilfegruppe gegründet.

Nach Suizid: Hier finden Hinterbliebene in Rheinhessen Hilfe

Vor zehn Jahren verlor die Saulheimerin Heike Frohnhöfer (59) ihren Sohn durch Suizid, damals war er 26 Jahre alt. Das Ereignis veränderte ihr ganzes Leben – und zeigte ihr, dass es für Angehörige wenig Rückhalt in der Gesellschaft gibt. Um anderen Hinterbliebenen beizustehen, gründete sie daraufhin eine Selbsthilfegruppe. „Viele wissen gar nicht, dass es uns gibt“, sagt sie im Merkurist-Gespräch.

„Es geht nicht nur um Trauer, sondern auch darum, weiterzuleben“

Die Gruppe richte sich an Eltern, Partner, Freunde – an alle, die einen geliebten Menschen durch Suizid verloren haben, so Frohnhöfer. „Wir lachen und weinen gemeinsam. Es geht nicht nur um Trauer, sondern auch darum, weiterzuleben.“ Ziel sei es, Schamgefühle abzubauen und das Thema offener anzusprechen. „Man muss darüber reden dürfen“, sagt sie, „schließlich müssen die Angehörigen damit leben.“

Frohnhöfer und ihre Familie haben den Freitod des Sohnes als großen Einschnitt erlebt. „Wir haben ein Leben davor und ein Leben danach“, erzählt sie. „Ich erinnere mich, dass ich wie unter einer Glocke durch den Tag ging.“ Sie habe sich sehr einsam gefühlt – auch dann, wenn ihr Mann und ihr anderer Sohn bei ihr waren. „Andere Angehörige wollen manchmal nicht mehr über den Suizid reden“, sagt sie.

Also suchte Frohnhöfer anderweitig nach Hilfe. „Doch ich musste feststellen, dass es kaum Angebote gab, oder nur sehr begrenzte Unterstützung.“ Letztlich nahm sie die Dinge selbst in die Hand. Zunächst gründete sie die Facebook-Gruppe „Suizid eines Kindes“, in der sich Hinterbliebene austauschen können. Nachdem ihre Therapeutin sie dazu ermuntert hatte, wagte Frohnhöfer dann auch den Schritt, eine Selbsthilfegruppe ins Leben zu rufen, in der sich Betroffene von Angesicht zu Angesicht austauschen können.

Geschützter Raum, in dem Suizid kein Tabuthema ist

Die Treffen finden zweimal im Monat in Undenheim statt, meist mit bis zu zehn Teilnehmern. „Jeder darf so viel oder wenig erzählen, wie er möchte. Manche hören anfangs nur zu – und auch das hilft.“ In der Regel würden die Treffen eineinhalb Stunden dauern, bei viel Redebedarf auch länger.

Frohnhöfer besteht darauf, dass nicht von „Selbstmördern“ gesprochen wird: „Es ist mir wichtig zu sagen: Suizid ist keine Straftat.“

Angehörigen rät Frohnhöfer, sich schnell Hilfe zu suchen. Das Umfeld hingegen könne am besten helfen, indem es wirklich da sei. Man solle nicht nur versprechen einmal vorbeizukommen. „Leere Floskeln helfen nicht“, betont sie.

Kontakt zur „Selbsthilfegruppe für Angehörige nach Suizid“

Wer ein Treffen der Selbsthilfegruppe für Angehörige nach Suizid besuchen möchte, kann sich bei Heike Frohnhöfer unter der Telefonnummer 0171 4056422 melden. Per Email ist sie unter selbsthilfegruppenachsuizid@gmx.de zu erreichen.

Die Gruppe trifft sich jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat zwischen 17 und 18:30 Uhr in der Hemingway Lounge, Alzeyer Str. 20, 55278 Undenheim.

Wenn ihr selbst depressiv seid oder Suizid-Gedanken habt, dann kontaktiert bitte die Telefonseelsorge online oder über die kostenlosen Hotlines 0800 / 111 0 111 , 0800 / 111 0 222 oder 116 123. Die Deutsche Depressionshilfe ist in der Woche tagsüber unter 0800 / 33 44 533 zu erreichen.