Zu wenige Erzieher in Mainzer Kitas: Knallhart-Kritik an Ausbildung

Angesichts des eklatanten Mangels an Erziehern in Mainzer Kitas werden nun neue schwere Vorwürfe laut: Bereits an den Schulen würden zu viele angehende Fachkräfte abgewiesen, der Nachwuchs habe keine Chancen, den Beruf zu ergreifen.

Zu wenige Erzieher in Mainzer Kitas: Knallhart-Kritik an Ausbildung

Erst kürzlich haben Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und Sozialdezernent Dr. Eckart Lensch (SPD) verkündet: Die Stadt Mainz will die Kitas entlasten, will Personal aufstocken und so „mehr Sicherheit in der Betreuung schaffen“.

Dazu sollen mehr als hundert neue Kräfte in den 62 städtischen Kitas eingestellt werden, von Verwaltungs- und Hauswirtschaftskräften über Hilfs- und Springerkräfte bis hin zu Sozialarbeitern. „Wir möchten den Erzieherinnen und Erziehern Freiräume schaffen, damit sie sich mehr auf ihre pädagogischen Aufgaben konzentrieren können“, so OB Haase zum Ziel der Offensive.

Mit den neu geschaffenen Stellen erhofft sich die Stadt, schneller und besser die angespannte Kita-Situation zu entpannen: Der Krankenstand ist hoch und immer wieder müssen Kitas ihre Öffnungszeiten einschränken, weil Personal fehlt. Die Stadt hofft zudem, dass dadurch langfristig auch neue Erzieher gewonnen werden können. Denn das Angebot an den Fachkräften ist rar, und das deutschlandweit.

Werden angehende Erzieher abgewiesen?

Einige Eltern von angehenden Erziehern erheben nun neue schwere Vorwürfe: An den Schulen, an denen Erzieher ausgebildet werden sollen, werde ein Großteil der angehenden Fachkräfte abgewiesen. So habe es allein für das nächste Schuljahr an der berufsbildenden Sophie-Scholl-Schule in Mainz 230 Anmeldungen im Zweig der „Sozialpädagogik“ gegeben, von denen 140 abgelehnt wurden, „obwohl sie alle formalen Voraussetzungen erfüllten und unbedingt gerne in diese Mangelberufe hinein wollten“, berichtet Schulelternsprecher Andreas Winheller gegenüber Merkurist. „Wir waren schockiert, das zu hören.“ Ausgebildet werden hier sowohl angehende Erzieher für Kindertagesstätten als auch Kräfte für Heilpflegeeinrichtungen. „Die Kapazitätssituation an unserer Schule ist katastrophal“, so Winheller. An anderen Schulen in der Region, etwa in Bingen und Ingelheim, sehe es ähnlich aus.

Die Stadt Mainz, so Winheller, habe ihm bereits Unterstützung zugesagt. Auch an der baulichen Situation solle nachgebessert werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die für die Schulen zuständig ist, die Erweiterungen auch genehmigt und die entsprechenden Kräfte bereitstellt.

Auf Nachfrage teilt die ADD mit, dass an der Sophie-Scholl-Schule in Mainz für das kommende Schuljahr in der Fachrichtung Sozialpädagogik sechs Eingangsklassen vorgesehen seien. 180 Plätze stünden zur Verfügung, 159 Zusagen wurden erteilt. Im vergangenen Jahr waren es 170 Zusagen, hinzu kamen 90 an der privaten katholischen Berufsschule.

ADD: Anmeldezahlen hätten keine Aussagekraft

„Die Anmeldezahlen an einer Schule haben keine Aussagekraft“, entgegnet Eveline Dziendziol, Pressesprecherin der ADD, auf die Vorwürfe. Da es kein zentrales Anmeldeverfahren gebe, könne nicht beobachtet werden, wie viele Menschen sich an den einzelnen Schulen beworben hatten und in welcher Ausbildung die Schüler letztendlich bleiben. Die endgültige Schülerzahl würde daher immer erst am ersten Schultag feststehen. Zuständig für die Zulassung und auch Adresse für die Bewerber sei hingegen die jeweilige Schule.

So würden sich viele mehrfach bewerben, manche sogar länderübergreifend. Auch gebe es Leute, die sich in verschiedenen Berufen bewerben und sich am Ende zwischen den Zusagen entscheiden. Abgelehnt würden am Ende diejenigen, die die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen. Sie müssten unter anderem eine mindestens zweijährige Berufsausbildung vorweisen oder etwa bereits mindestens drei Jahre lang in einem Beruf gearbeitet haben. Außerdem würde die Behörde darauf achten, dass die Ausbildungsangebote flächendeckend erhalten bleiben, damit „nicht einzelne Standorte zulasten anderer Standorte immer größer werden, bis einige schließlich geschlossen werden müssten“, erklärt Dziendziol.

Aussagekräftiger als die Anmeldezahlen sei hingegen die tatsächlich zum Schuljahresbeginn erreichte Schülerzahl. Daraus ergebe sich letztendlich, wie viele Klassen eingerichtet werden. Was sie am Ende aber auch sagt: Auch das vorhandene Lehrpersonal spiele eine „wesentliche“ Rolle dabei, wie die Bewerber auf die einzelnen Standorte verteilt werden. Ob und wie viel Lehrpersonal oder Räume tatsächlich fehlen, das sagt sie hingegen nicht.

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