Ein Schritt in den Dom und man steht bis zum Bauch im Wasser – was heute unvorstellbar ist, war vor vielen Jahrhunderten Realität. Denn während der Rheinpegel aktuell bei etwa 6,30 Meter liegt, gab es schon extreme Hochwasser, die die gesamte Stadt überfluteten. Ein Blick in die Geschichte.
„Für Mainz wird berichtet, dass das Wasser im Dom ‘einem Manne bis zum Gürtel gestanden’ hat.“ - Heiko Wingert, Landesamt für Umwelt
Das wohl extremste Hochwasser liegt mehr als 600 Jahre zurück. 1342 verwüstete das Magdalenenhochwasser ganz Mitteleuropa und verursachte unvorstellbare Schäden. Der Pegelstand des Mains soll damals auf über zehn Meter gestiegen sein - die Stadt wurde überflutet. Fast alle Brücken im Rhein-Main-Gebiet wurden damals zerstört, Flussläufe änderten sich. „Für Mainz wird berichtet, dass das Wasser im Dom ‘einem Manne bis zum Gürtel gestanden’ hat“, sagt Heiko Wingert, Sprecher des rheinland-pfälzischen Landesamts für Umwelt. Das sei eine Besonderheit, denn seit Beginn der regelmäßigen Pegelbeobachtungen vor fast 200 Jahren habe im Mainzer Dom nachweislich kein Rheinwasser mehr gestanden.
Extremhochwasser 1882
Ebenfalls verheerend waren die Hochwasser im Winter 1882 und im Frühjahr 1883. Der Pegel stieg auf 7,95 Meter an, das Wasser schwappte über das Ufer und verursachte viele Schäden. „Dieses Hochwasser 1882/83 liegt statistisch im Bereich eines Extremhochwassers und hätte für Mainz noch schlimmer kommen können, wären nicht oberhalb von Mainz mehrere Deiche gebrochen“, erklärt Wingert.
„Von Rastatt bis Mainz gleicht das Rheinthal einem Meere.“
In alten Schriften wurde die Katastrophe 1882 so beschrieben: „Von Rastatt bis Mainz gleicht das Rheinthal […] einem Meere“ und „es war als ob eine ‘Sündfluth’ am Rhein stattfinden würde“. Alte Zeichnungen zeigen, wie Helfer in Booten Menschen aus ihren Häusern in Mainz retten. Auch auf Bildern aus Mainz-Kastel ist das Ausmaß der Katastrophe zu erkennen:
Nach dem Hochwasser ordnete das bischöfliche Ordinariat eine achttägige Bittandacht an. Sie sollte zur „Abwendung der Wassernoth“ führen.
„Kein heute lebender Mensch in Mainz hat ein höheres Hochwasser als 1988 erlebt.“ Heiko Wingert
Das letzte extreme Hochwasser entstand 1988. Mit einer Pegelhöhe von 7,70 Metern erreichte der Rhein die Höhe eines statistisch einmal in 50 Jahren vorkommenden Ereignisses. Damit landet es nach den Hochwassern 1882/83 auf Platz zwei der höchsten Pegelstände in Mainz. „Kein heute lebender Mensch in Mainz hat ein höheres Hochwasser als 1988 erlebt“, sagt Wingert. Erst zwei Jahre zuvor wurde der Hochwassermeldedienst für den Rhein eingerichtet und somit zum ersten Mal auf die Probe gestellt.
Viele Mainzer erinnern sich sicher auch noch an die Hochwasser von 2013 und 2018. Auch damals trat der Rhein über das Ufer und sorgte dafür, dass das Rheinufer abgesperrt werden musste.
Solche Hochwasser - und das aktuelle - kommen mit ihren vergleichsweise geringen Pegelhöhen statistisch gesehen häufig am Rhein vor, erklärt Wingert. Und gehören demnach nicht zu den Extremhochwassern.