Schock über Riesen-Defizit der Uniklinik Mainz: Wie es jetzt weitergeht

Der neue Vorstandsvorsitzende Ralf Kiesslich und der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Hoch (SPD) stellten eine 100-Tage-Bilanz vor.

Schock über Riesen-Defizit der Uniklinik Mainz: Wie es jetzt weitergeht

Aus Sicht des neuen Vorstandsvorsitzenden und medizinischen Vorstands der Unimedizin Mainz, Ralf Kiesslich, ist an der Uniklinik ein Neustart erforderlich, um „verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen.“ Nachdem nun bekannt wurde, dass für das Jahr 2023 ein Defizit von 120 Millionen Euro erwartet wird, dürfte diese Meinung kaum jemanden verwundern.

Gemeinsam mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden, Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD), hat Kiesslich darum am Mittwoch (10. April) als Bilanz seiner ersten 100 Tage im Amt ein umfassendes Maßnahmenprogramm vorgestellt.

Administrationsreform und neue Departments

Konkret will Kiesslich, der seit dem 1. Januar 2024 im Amt ist, die Administration der Universitätsmedizin reformieren. Bereits zum 1. April seien sie in einzelnen Vorstandsressorts gebündelt worden. „Unser neues Organigramm strukturiert Verantwortungen nun ganz klar“, so Kiesslich. „Im Kern wird der Bereich Strategie künftig komplett beim Vorstandsvorsitzenden gebündelt.“ Eine neue Stabsstelle Zentrales Projektmanagement werde eingerichtet inklusive der gesamten Gremienarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat. Ziel sei es, alle wichtigen Informationen zu bündeln, Beschlüsse gezielter umzusetzen und zu kommunizieren. Das Medizin- und Finanzcontrolling würde hingegen künftig beim Kaufmännischen Vorstand gebündelt sein.

Zudem sollen für die Kliniken Departments gebildet werden, in denen Disziplinen zusammengefasst und Ressourcen gemeinsam genutzt werden können. So sind beispielweise für die Zukunft gemeinsame Bettenpläne vorgesehen, die OP- und Intensivkapazitäten sollen effizienter genutzt werden. Aktuell gebe es einen weitgehend fertigen Entwurf für die Zusammensetzung der Departments. Gearbeitet werde außerdem an einer Mustergeschäftsordnung. „Nicht zuletzt genießt die Departmentbildung auch deshalb eine solch hohe Priorität, weil wir sie bei unseren umfangreichen baulichen Planungen von Beginn an abbilden müssen“, erklärte Kiesslich.

Gesundheitsminister und Aufsichtsratsvorsitzender Hoch kündigte darüber hinaus eine Änderung des Universitätsmedizingesetzes an. Ein Entwurf solle bis zur Sommerpause in den parlamentarischen Prozess gebracht werden. Besonders wichtig sei hierbei, dass der Vorstand bei Besetzungen und Entscheidungen flexibler agieren könnten.

Hoch teilte mit, dass der Aufsichtsrat der Unimedizin beschlossen habe, für die vakante Position des Wissenschaftlichen Vorstands den Fachbereichsrat Julia Weinmann-Menke vorzuschlagen. Sie ist derzeit Leiterin der Abteilung für Nephrologie, Rheumatologie und Transplantationsmedizin der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik sowie Programmdirektorin von Transmed, der Research School of Translational Biomedicine. „Ich bin sicher, dass sie gemeinsam mit den anderen Vorstandsmitgliedern das Projekt ‚Neustart Universitätsmedizin‘ erfolgreich weiter gestalten wird“, so Hoch.

Weitere Finanzplanung der Uniklinik

Bei all der Planung müssten aber die Finanzen den Schwerpunkt bilden. „Die Universitätsmedizin Mainz kann ihr ganzes Potential nur auf Basis einer soliden wirtschaftlichen Situation entfalten, zu der wir nun wieder zurückfinden müssen“, sagte dazu Dr. Waltraud Kreutz-Gers, die seit November 2023 Kaufmännischer Vorstand der Unimedizin ist. Im konsolidierter Wirtschaftsplan für das Jahr 2024 rechnet die Uniklinik aktuell mit einem Defizit von etwa 107 Millionen Euro für das aktuelle Jahr.

Vor allem die stationären Leistungen müsse man steigern. Dass hier die Erlöse fehlen würden, sei unter anderem einer der Gründe für die schlechte Defizitprognose für 2023. Auch bei den ambulanten Leistungen müsse sich die Unimedizin besser aufstellen, insbesondere wolle man sich stärker mit niedergelassenen Ärzten vernetzen.

Auch wenn Ausgaben reduziert und Erlöse erhöht werden sollen, hat die Uniklinik entschieden, jungen Ärzten im Praktischen Jahr (PJ) eine höhere Vergütung zukommen zu lassen: In Zukunft erhalten sie den rechtlich zulässigen Höchstsatz von 812 Euro Aufwandsentschädigung pro Monat, bisher erhielten sie 380 Euro. Umgestellt werden soll ab Herbst 2024. Hoch sagte dazu: „Die jungen Absolvierenden haben an der stationären Krankenversorgung einen großen Anteil. Es ist angemessen, dass diese motivierten und engagierten Nachwuchskräfte auch im Rahmen der Möglichkeiten gut entlohnt werden.“

Kiesslich nennt die Sanierung und Konsolidierung der Universitätsmedizin eine „Mammutaufgabe“. „Wir werden Zeit brauchen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir viel erreichen können.“

Hintergrund

Die aktuellen Änderungen und Pläne zur Administration und Departmentbildung an der Universitätsmedizin Mainz gehören zum Projekt UM.Neustart. In einem weiteren Programm mit dem Namen UM.Performance sind vor allem solche Projekte verortet, die die Wirtschaftlichkeit steigern und das Defizit reduzieren sollen.