Neues Ganztagsschulgesetz: Das ändert sich bald für Mainzer Grundschulen

Ab dem übernächsten Schuljahr gilt in den Grundschulen das Ganztagsschulgesetz, auch in Mainz. Viele Schulen, Kinder und deren Eltern müssen sich daher auf umfangreiche Änderungen einstellen. Das ist nun geplant.

Neues Ganztagsschulgesetz: Das ändert sich bald für Mainzer Grundschulen

„Jedes Kind hat ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der Klassenstufe 5 einen Anspruch auf eine ganztägige Förderung“ – dieser Rechtsanspruch wird für Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2026/2027 gelten. Das neue „Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter“ (Ganztagsförderungsgesetz, GaFöG) gilt dann stufenweise für ganz Deutschland, beginnend mit der ersten Klasse.

Viele Mainzer Schulen wird das neue Gesetz vor Herausforderungen stellen, vor allem räumlich. Denn teilweise fehlt schlicht der Platz, um die Kinder acht Stunden pro Werktag unterzubringen. Hinzu kommt, dass dieser Rechtsanspruch auch für die Schulferien gelten wird. Das Land hat lediglich die Möglichkeit, eine Schließzeit von vier Wochen festzulegen.

Ganztagsschule oder Nachmittagsbetreuung

Tatsächlich aber können die jeweiligen Grundschulen selbst entscheiden, ob sie zu einer Ganztagsschule werden. Entscheidet sich die Schule trotz der Empfehlung des Landes dagegen, muss die Stadtverwaltung ein Betreuungsangebot einrichten, koordiniert von der städtischen Kinder- und Jugendhilfe. Die Grundschulleitungen sollen dabei „als zentrale Verantwortliche an den Standorten“ beteiligt werden, hieß es in einer vom Mainzer Stadtrat verabschiedeten Beschlussvorlage im März 2024.

Je nach Variante würden sich dann auch die anfallenden Kosten für die Eltern unterscheiden: Während die Ganztagsschulen weiterhin kostenlos bleiben werden, müssen die Eltern für die „Ganztagsförderungsangebote“ der Kinder- und Jugendhilfe künftig selbst Beiträge zahlen, teilt die Stadt Mainz nun auf Anfrage von Merkurist mit. „Die Verwaltung hat vor und nach den Sommerferien eine Elternbefragung durchgeführt, um die Bedürfnisse der Eltern zu erfassen, die dann Einzug in die Planungen eines bedarfsgerechten Angebots halten.“

Bisher sind nur neun der 22 staatlichen Grundschulen in Mainz Ganztagsschulen. Das bedeutet: Hier haben die aktuell rund 2100 Kinder ein garantiertes Recht, von Montag bis Donnerstag acht Stunden in der Schule zu verbringen. Am Nachmittag gibt es dann kostenlose Angebote nach „pädagogischen Konzepten“. Zusätzlich gibt es in Mainz drei Förderschulen und vier Privatschulen. Die restlichen 13 Grundschulen sind Halbtagsschulen. Hier wird zwar in den meisten Fällen eine Betreuung am Nachmittag angeboten. Organisiert und verwaltet wird diese aber bisher von ehrenamtlichen Förder- oder Elternvereinen. Für die Eltern ist sie daher schon jetzt kostenpflichtig.

Zusätzliche Räume notwendig

Doch: „Keins der Angebote der staatlichen Grundschulen ist bislang vollständig rechtsanspruchserfüllend“, heißt es in der städtischen Beschlussvorlage vom März weiter. Das bedeutet, nach damaligem Stand: Für rund 5400 Grundschüler müsste die Stadt Angebote der Ganztagsförderung zur Verfügung stellen. In den Ganztagsschulen müsse zudem das Angebot an den Freitagnachmittagen ausgebaut werden. Allein die Freitage würden jährliche Kosten von 1,5 Millionen Euro bedeuten. An den Halbtagsschulen müssten zunächst zusätzliche Räume geschaffen und die vorhandenen Angebote geprüft werden, da diese keinen Qualitätsstandards entsprechen, heißt es im Beschluss. Die jährlichen Kosten bei einem Angebot von Montag bis Freitag an den 13 Halbtagsschulen würden dann bei voraussichtlich fast 9,6 Millionen Euro liegen.

An sieben Grundschulen werden dazu Interimsmensen in Containerbauten errichtet, so die Stadt nun gegenüber Merkurist. „Diese werden zu einem späteren Zeitpunkt durch Neubauten abgelöst.“ Dazu gehören die Münchfeldschule und die Dr. Martin-Luther-King-Schule in Hartenberg-Münchfeld, die Maler-Becker-Schule in Gonsenheim, die Brunnenschule in Marienborn sowie die Grundschule „Im Feldgarten“ in Ebersheim. An der Eisgrubschule in der Altstadt wird derzeit die vorhandene Mensa ausgebaut, ebenso wie an der Bretzenheimer Erich-Kästner-Schule.

Für einige Grundschulen sind zudem zusätzliche Klassenräume vorgesehen, die ebenfalls zunächst in Containern untergebracht würden, so die Stadt. Denn auch die Betreuung an den Nachmittagen werde „grundsätzlich in den vorhandenen Klassen- und Betreuungsräumen“ stattfinden.

Stadt will in Mainz „bedarfsgerechtes, freiwilliges“ Angebot schaffen

Ziel ist es laut Stadt, ein „bedarfsgerechtes, freiwilliges“ Angebot zu schaffen. Alternativ, also wenn die Schule sich dazu entschließe, zur Ganztagsschule zu werden, werde sie bei dem „Prozess“ unterstützt. Nach dem Stand von damals sei die erforderliche Finanzierung, beispielsweise von Personal und Umbaumaßnahmen, von der Kommune getragen.

Obwohl laut Bundesgesetz im ersten Schritt lediglich die Erstklässler von den Änderungen betroffen sein werden, wolle die Stadtverwaltung auch den Schülern der zweiten bis vierten Klassen die Möglichkeit geben, das Angebot zu nutzen, „zur Sicherstellung von Chancengleichheit und zur Vermeidung von Doppelstrukturen“, wie es in dem Beschluss weiter heißt. Fest stehe: „Der Ganztagsförderanspruch kann ab dem Jahre 2026 an allen staatlichen Mainzer Grundschulen starten“, so die Stadt gegenüber Merkurist.

Wie groß der zusätzliche Personalaufwand des Jugendamts für die Nachmittagsbetreuung sein wird, lasse sich jedoch noch nicht genau sagen. Das hänge vor allem davon ab, wie hoch der Bedarf und das Angebot sein werden, so die Stadt. Der Betreuungsschlüssel liege entsprechend den Vorgaben grundsätzlich bei 20 bis 25 Kinder pro Betreuungskraft.

Wie wird der Umbau finanziert?

Um das Bundesgesetz auch umsetzen und das Ganztagsangebot ausbauen zu können, hat der Bund Finanzhilfen zugesagt, insgesamt 3,5 Milliarden Euro. 750 Millionen Euro standen seit 2021 zum „beschleunigten Ausbau“ zur Verfügung, von denen den Schulträgern in Rheinland-Pfalz 36,2 Millionen Euro zugesprochen wurde.

2,75 Milliarden Euro „Basismittel“ sollen zudem in die „ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebote“ an den deutschen Grundschulen investiert werden. Auf Rheinland-Pfalz entfallen daraus Mittel in Höhe von rund 132,5 Millionen Euro.

Auf Nachfrage teilt die Stadt Mainz mit, dass für Investitionen in den Ausbau des ganztägigen Bildungs- und Betreuungsangebots an den Mainzer Grundschulen rund 5,6 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Diese werden sowohl für die staatlichen als auch die privaten Schulen verwendet.

Ob auch die laufenden Belastungen, die dann das Jugendamt übernehmen wird, finanziell unterstützt werden, ist jedoch noch fraglich. „Bislang erfolgte keine Äußerung durch das Land“, teilt die Stadt mit. Aktuell erwarte man nicht, dass das Bildungsministerium für diese kostenpflichtige Betreuung eine Förderung bereitstellen wird.