„Weder objektiv noch subjektiv sicher“ – mit diesen Worten kritisierte Twitter-Nutzer Fabian Köster die neue Fahrradspur an der Kreuzung Göttelmannstraße / Heiligkreuzweg in Weisenau. Es handelt sich dabei um einen Radfahrstreifen in Mittellage (RiM), also eine Fahrradspur zwischen zwei Autofahrstreifen. Das Problem: Zwar sollte die Einführung von RiM in einigen Städten für mehr Sicherheit an Kreuzungen sorgen – statistisch gesehen führen sie aber zu schwereren Unfällen als vorher.
Warum sind RiM problematisch?
Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Studie der Technischen Universität (TU) Berlin aus dem Jahr 2019. Demzufolge tragen RiM in Kreuzungsbereichen so gut wie nicht dazu bei, die Zahl der Unfälle zu verringern. Stattdessen können die Unfälle zwischen Autos und Fahrradfahrern noch gravierender ausfallen als gewöhnlich. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) positioniert sich deshalb gegen die Errichtung von RiM.
Wenn diese Erkenntnisse aber schon seit 2019 bekannt sind und andere Städte deshalb auf RiM verzichten, wieso errichtet die Stadt Mainz dann im Jahr 2023 noch eine solche Fahrradspur inmitten der Straße? Das fragte sich zumindest Fabian Köster in einem Twitter-Beitrag, der über 300 Mal mit „Gefällt mir“ markiert wurde. Auf Merkurist-Anfrage hat sich jetzt die Stadt Mainz zu dieser Frage geäußert.
Das sagt die Stadt Mainz
„Der Stadtverwaltung Mainz sind die Kritikpunkte an den sogenannten ‘Radfahrstreifen in Mittellage’ (RiM) ebenso bekannt wie die Studienergebnisse, die es zu diesem Instrument auch in anderen Ländern gibt“, so Ralf Peterhanwahr, Sprecher der Stadt Mainz. Deshalb habe die Stadt auch nicht vor, RiM großflächig in Mainz umzusetzen. Bei der Kreuzung an der Göttelmannstraße handele es sich jedoch um einen besonderen Fall.
Die meisten Fahrradfahrer würden an dieser Kreuzung geradeaus weiter in die Portlandstraße fahren. Bislang seien die Fahrradfahrer oft spät und zu schnell von Abbiegern überholt worden, sagt Peterhanwahr. Aufgrund der Bushaltestelle und der Taxiplätze hätte eine Fahrradspur auf der rechten Seite allerdings zu weiteren Konflikten geführt. Da die Stadt die Fahrradanbindung nach Weisenau stärken wollte, musste also eine andere Lösung her: ein RiM.
RiM in Kombination mit anderen Schutzmaßnahmen
Diesen habe die Stadt Mainz in Zusammenarbeit mit der Straßenverkehrsbehörde und der Polizei erarbeitet. Dabei habe sie die Gestaltungskriterien umgesetzt, die ein möglichst sicherer RiM erfüllen sollte. In der Studie der TU Berlin lauten diese: farbig abgehoben, inklusive Markierungen 2,10 Meter breit und mindestens 40 Meter lang. Mit 50 Metern Länge und der roten Signalfarbe entspricht er zumindest zwei dieser Kriterien. Die größere Breite von 2,50 Metern ist laut Studie aber nicht unbedingt etwas Gutes, da Autofahrer zu breite Fahrradspuren selbst benutzen könnten.
Um Unfällen vorzubeugen, sei der RiM in Weisenau in Verbindung mit anderen Maßnahmen eingeführt worden, so Peterhanwahr. Der geradeausfahrende Autoverkehr müsse an der Ampel bereits fünf Meter vor den Fahrradfahrern halten. Außerdem gebe es ein Überholverbot für einspurige Fahrzeuge und ab dem Rewe-Markt gelte Tempo 30.
Schmalere Autospuren
Im Mai wurde der RiM in der Göttelmannstraße errichtet. Ob die neue Verkehrsführung sicherer ist als die alte, wird sich also erst im Laufe der Zeit zeigen. In seinem Twitter-Beitrag äußert Fabian Köster zumindest Bedenken. Statt „halbherzigen Maßnahmen“ wünsche er sich „eine wirklich sichere und einladende Infrastruktur“.
Auch eine Anwohnerin meldet sich unter dem Beitrag zu Wort. Zwar sei es mit der roten Markierung insgesamt geordneter und sie fühle sich sicherer. Allerdings seien mit der neuen Verkehrsführung die Autofahrstreifen enger geworden. Bei Engpässen und Ausweichmanövern müssten Autofahrer deshalb häufiger auch auf den Fahrradstreifen ausweichen.