Fast zwei Jahre ist es her, dass das Bundessozialgericht (BSG) urteilte: Honorarkräfte, die für Musikschulen arbeiten, sollen „betrieblich eingegliedert“ werden – also nicht weiterhin wie Selbstständige arbeiten müssen, sondern fest angestellt werden.
Viele Musikschulen sind seitdem dem Aufruf gefolgt. Laut der Gewerkschaft Verdi haben die Musikschulen in Ingelheim, Bad Kreuznach und Nieder-Olm das „Herrenberg-Urteil“ zum Anlass genommen, die bisherigen Honorarkräfte fest anzustellen. In Ingelheim etwa seien 70 der 84 Lehrer Honorarkräfte gewesen, jetzt seien alle in einer Festanstellung. Klar sei aber auch: Die „neuen Beschäftigungsmodelle“ könnten „sowohl finanzielle als auch organisatorische Auswirkungen haben“.
Im von der Stadt Mainz betriebenen Peter-Cornelius-Konservatorium (PCK) ist man im Gegensatz zu den Nachbarstädten anscheinend noch nicht diesen Schritt gegangen. 40 Musiklehrer arbeiten hier laut Verdi immer noch als Honorarkräfte. Das würde zur Folge haben, dass einige von ihnen bereits auf der Suche nach einer neuen Stelle seien.
Stadt Mainz sieht kein „generelles Problem“
Die Stadt Mainz hingegen würde kein „generelles Problem“ darin sehen, Musiklehrer am PCK weiterhin auf Honorarbasis zu beschäftigen, heißt es in der Antwort der Stadt Mainz auf eine Anfrage der Stadtratsfraktion Die Linke. Denn aus Sicht der Verwaltung stelle das „Herrenberg-Urteil“ kein „Grundsatzurteil“ dar. „Die Verwaltung sieht daher zunächst keinen Anlass, alle Honorarkräfte in Festanstellung zu übernehmen“, schreibt Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos). Während der Stadtratssitzung am Mittwoch erklärte Haase dann, dass die Stadt erst einmal „nicht aktiv“ werde. Man habe ein Rechtsgutachten erstellen lassen, außerdem warte man auf das Revisionsurteil am Bundessozialgericht.
Das Hauptamt habe inzwischen zusammen mit der PCK-Leitung und dem Personalrat mit den Honorarkräften gesprochen. Auch sei bei den betroffenen Lehrern abgefragt worden, wer überhaupt Interesse an einer Festanstellung habe. Danach würde weiter geplant. Gleichzeitig sei ihnen aber auch ein neuer Honorarvertragsentwurf geschickt worden, „der weiterhin eine rechtssichere Ausgestaltung der Honorartätigkeit gewährleistet“.
Keine rechtssicheren Honorarverträge mehr möglich?
Fraglich ist dennoch, warum die Stadt Mainz erst so spät Kontakt zu den Kräften aufnimmt. In dem Urteil vom Juni 2022 wurde gefordert, die Beurteilungsmaßstäbe innerhalb eines Jahres anzuwenden. Wie der Verband deutscher Musikschulen (VdM) in einer Mittelung vom Februar 2024 schreibt, sei es in der Regel gar nicht mehr möglich, Lehrkräfte an Musikschulen als Honorarkräfte zu beschäftigen: „Honorarkräfte können mit Blick auf die betrieblich-organisatorische Praxis nicht mehr rechtssicher nach den bisherigen Vertragsregelungen an Musikschulen unter Vertrag genommen werden.“ Die Musikschule würde dann nach außen hin als Agentur erscheinen. Die Rechtsprechung mache die Anstellungsverträge für Musikschullehrer daher „dringend erforderlich“, so der VdM.
Zunächst einmal würde die Stadt Mainz jedoch nicht allen Musikschullehrern, die auf Honorarbasis beschäftigt sind, eine Festanstellung anbieten, so die Verwaltung. Auch rückwirkende Verträge bei denjenigen, die in die Festanstellung wechseln, seien ausgeschlossen. Mit Nachzahlungen sei daher nicht zu rechnen.
Verdi fordert endlich Entscheidung für Musiklehrer
So kritisiert auch Verdi die Stadt Mainz scharf: „Die größte Musikschule des Landes in der Landeshauptstadt verharrt nach dem ‘Herrenberg-Urteil’ und wartet ab.“ Landesfachbereichsleiter Michael Holdinghausen fordert daher: „Hier muss endlich eine Entscheidung her, um den Honorarkräften Sicherheit zu geben.“