Die nächsten Wochen werden nochmal hektisch für Markus (54) und Yasmine (41) aus Gonsenheim. Ein paar Dinge können sie erst kurz vor Antritt ihrer Reise entlang der Panamericana – eine Verbindung aus Schnellstraßen die sich von Alaska in Nordamerika, bis nach Feuerland an der Spitze Südamerikas zieht – erledigen. Zum Beispiel die Beantragung des Internationalen Führerscheins, der Abschluss von Auslandskrankenversicherung und der Versicherung für ihren Camper, einen Ford Ranger Pick-Up Truck mit festverbautem Wohnaufsatz. Und das Packen für alle Klimazonen. „Das ist so ein Thema für sich“, sagt Markus. Das meiste haben sie aber schon erledigt. Ihre Jobs haben sie zum 31. März gekündigt, Visa beantragt, sich impfen lassen, Sprachkurse besucht, ihren Camper off-road tauglich gemacht und Kurse zur Selbstverteidigung und Erster Hilfe an abgelegenen Orten absolviert.
70.000 Kilometer, 16 Länder und zwei Sprachen
Am 23. April werden Markus und Yasmine nach Kanada fliegen. Anfang April müssen sie aber erstmal ihren Camper nach Hamburg bringen. Von dort aus werde der zur kanadischen Küstenstadt Halifax verschifft. Für die gut zweiwöchige Überfahrt kommen laut Markus kosten von 5000 Euro auf sie zu. Von Halifax aus geht es zur Prudhoe Bay in Alaska, dem eigentlich Start der Panamerica. Auf dem Weg dorthin soll das erste Strecken-Highlight der Besuch der Niagarafälle werden. „Wir starten und enden quasi an Wasserfällen“, erzählt Markus mit Blick auf ihren geplanten letzten Stopp, die Iguazú-Wasserfälle in Argentinien.
Von Wasserfall zu Wasserfall werden vermutlich 18 bis 20 Monate vergehen, sagt Markus. Dazwischen liegen rund 70.000 Kilometer und 16 Länder, darunter die USA, Mexiko und Chile. Wie Markus sagt, interessiere er sich dabei besonders für die Natur und die zahlreichen Nationalparks. Halte in Städten seien nur wenige geplant. „Vancouver soll eine sehr sichere, sehr schöne, sehr entspannte Stadt sein. Las Vegas ist so ein Pflichtprogramm, da war ich schon dreimal, meine Frau aber noch nicht. Und San Francisco, das sind so die drei Städte wo ich sage, die kann man mal machen.“ Für ihn gehe die Reise aber erst ab Mexiko los, denn Südamerika sei der einzige Kontinent, den er noch nicht bereist habe. „Andere Menschen und andere Kulturen kennenlernen, andere Gepflogenheiten, andere Sitten, das finde ich super spannend.“
Von 130 auf sechs Quadratmeter
Dokumentieren will das Paar seine Reise via Instagram, dort findet man sie als „mayaexplorers“. Der Name sei nicht nur ein Wortspiel aus den jeweiligen ersten zwei Buchstaben ihrer Vornamen, sondern auch ein Hinweis auf ihr Interesse an der Maya-Kultur Mittelamerikas. Daher sei als weiteres Reise-Highlight eine drei- bis vier-tägige geführte Wanderung zur Ruinenstadt Machu Picchu in Peru geplant. Die soll man eigentlich ein Jahr vorher buchen, sagt Markus. Das stelle sich in ihrer Reiseplanung aber etwas schwierig da. „Keine Ahnung wann ich da bin, ich weiß nicht mal den Monat, ich bin froh, wenn ich das Jahr weiß.“ Wenn es das Geld zulässt, hofft Markus, auch die Galapagos-Inseln besuchen zu können. Für zwei Personen würden Flug und Hotel dort für drei Tage allerdings rund 5000 Euro kosten.
Seit fünf Jahren plant das Paar die wahrscheinlich längste Reise ihres Lebens. Seit zwölf Jahren sind der Vertriebsmitarbeiter im Außendienst und die Seminar- und Veranstaltungsplanerin eines Yogastudios ein Paar. Seitdem haben sie schon einige gemeinsame Reisen, darunter nach Norwegen, unternommen. „Er hat mich angesteckt“, sagt Yasmine, die vor der Beziehung nie campen war. Und Markus ergänzt: „Sie ist die tollste Frau der Welt, die alles mitmacht, was ich mir nachts so überlege.“
Finanziert werde die Reise von ihrem gemeinsamen Ersparten. 120.000 Euro habe der Camper, der auf sechs Quadratmeter ein eingebautes Bad, eine Küche und einen Schlafbereich beherbergt, gekostet. Rund 30.000 hätten sie zusätzlich in ihn investiert: Ast-Abweiser, Solarpanel, Anhängerkupplung, Unterbodenschutz. „Jetzt ist es eigentlich perfekt“, so Markus.
„Wir gehen nicht blauäugig an die Sache heran, sondern sehr bewusst“
So lange Zeit auf engstem Raum miteinander zu verbringen, kann für Beziehungen eine Herausforderungen werden. Dass Reibungspunkte vorprogrammiert sein werden, wissen sie, sagen Markus und Yasmine. „Der kleine Raum an sich nervt, wenn Regenwetter ist“, sagt Yasmine. Strategien hätten sie sich aber schon überlegt. „Wenn das Wetter schlecht ist, fahren wir einfach weiter“, so Markus. Auch mal getrennt wandern zu gehen, sei für sie in Ordnung. Und auch Abstand vom Camper ist laut Markus geplant. „Wir wollen einmal im Monat in ein Hotel gehen.“
Abseits der Beziehung bietet die Reise aber noch weitere Risiken. „Wir gehen nicht blauäugig an die Sache heran, sondern sehr bewusst“, erklärt Markus. „Ob es tatsächlich die gefährlichste Strecke der Welt ist, werden wir sehen, da machen wir keinen Hehl draus. Zwischen Mexiko und Chile gibt es viele, viele gefährliche Länder und Städte, die kein Spaß sind. Aber die gehören halt irgendwie dazu.“ So seien sie auch darauf vorbereitet, dass ihr Camper mindestens einmal aufgebrochen werden könnte. Markus hofft auch auf das Gelernte aus dem Selbstverteidigungskurs. „Es gibt ein gewisses Selbstvertrauen, dass man sich wehren kann.“ Zudem hätten sie einen dreitätigen Kurs für Langzeitreisende und ein Fahrtraining für unbefestigte Strecken absolviert.
Noch einmal Fastnacht feiern
Beide würden wahrscheinlich besonders die Familie vermissen. Das jüngste der drei Kinder ist gerade 18 geworden. „Meine Kinder sagen, warte doch, bis du 67 bist“, erzählt Markus, der aber nicht riskieren will, dann nicht mehr körperlich fit genug für die Reise zu sein. „Meine Freunde sagen, machen wir noch ein Abschiedsfest, du kommst sowieso nicht lebend zurück.“ Ein eigenes kleines Abschiedsfest werde für ihn die diesjährige Straßenfastnacht, für die habe er sich extra freigenommen. Fehlen werde Markus aber auch seine Lieblingskneipe, das „Retro“ in Gonsenheim, Wiener Schnitzel und das deutsche Gebäck.
Nach der Reise gehe es wieder zurück in das gemeinsame Haus, vielleicht sogar in die alten Jobs. „Dann habe ich noch fünf Reiseländer, die ich danach wieder besuchen muss. Aber dann muss erst mal gespart werden.“