20 Kinder soll der neue Mainzer Waldkindergarten künftig aufnehmen, dringend benötigte Plätze für die Kinderbetreuung. Sein Standort: der Ober-Olmer Wald bei Lerchenberg. Eigentlich sollten bereits im September die ersten Kinder hier einziehen – so berichtet es Judith Hager im Gespräch mit Merkurist. Doch nun steht das Vorhaben auf der Kippe.
Seit zwei Jahren bereits plant die Elterninitiative, in deren Vorstand Hager ist, den Kindergarten aufzubauen. Einen Waldkindergarten gibt es bereits seit einigen Jahren in Mainz, und zwar im Lennebergwald. Betrieben wird er ebenfalls von der Elterninitiative „Die Bäumlinge – Waldkindergarten Mainz e.V.“. Doch die Anmeldezahlen sind hier so hoch, dass 90 Prozent der Familien abgesagt werden muss. Ein zweiter Standort im Lennebergwald seit nicht möglich, so Judith Hager. Es gebe einfach keinen geeigneten Platz. Ende 2021 dann kam der Förster des Ober-Olmer Walds, Jan Hoffmann, auf sie zu. Am Wald-Naturschutzzentrum sei noch Platz. Außerdem sei die Einbeziehung eines Waldkindergartens erklärtes Ziel der Landesforstverwaltung.
Kein geeigneter Standort im Lennebergwald
„Von Seiten des Forstamts sehen wir den Waldkindergarten als Teil unseres Auftrags für eine nachhaltige Bildung und als Bereicherung für den Standort ‘Wald-Naturschutzzentrum’“, sagt Hoffmann gegenüber Merkurist. Ein Gestattungsvertrag mit dem Forstamt liege bereits vor. Eine Wiese auf dem Grundstück der Forstamts sollte der neue Standort werden. Der Bauwagen dort soll als Rückzugsort für die Kinder dienen. Das Konzept sollte das gleiche sein wie im Lennebergwald: vier Erzieher und 20 Kinder zwischen drei und sechs Jahren. Vorgesehen seien zudem ein bis zwei Anerkennungspraktikanten sowie ein FöJler, so Hager.
Rund zehn Plätze im Wald sind als Anlaufpunkte für die Kinder vorgesehen. Diese seien bereits mit der Naturschutzbehörde festgelegt. Eingebunden in die Planungen und Genehmigungen seien außerdem die Stadt Mainz, das Landesjugendamt, das Gesundheitsamt, die Unfallkasse sowie der Brandschutz. „Alle Beteiligten signalisieren Unterstützung für das Projekt“, so Hager.
Fast alle Behörden unterstützen das Vorhaben
Darunter auch die Verbandsgemeindeverwaltung (VG) Nieder-Olm ist zu erfahren: Sowohl die Ortsgemeinde Ober-Olm (in deren Gemarkung der Ober-Olmer Wald liegt) als auch die Verbandsgemeinde Nieder-Olm haben eine positive Grundeinstellung zu dem Vorhaben“, teilt Pressesprecherin Aylin Sinß auf Merkurist-Anfrage mit. Zwar würden die Plätze nicht für die Kinder aus der VG zur Verfügung stehen, dennoch begrüße man die Einrichtung von neuen Kita-Plätzen. Vertreter der Verbandsgemeinde und der Ortsgemeinde würden „nach Kräften die Initiative unterstützen, um eine Genehmigung zu erhalten, die den planungsrechtlichen Vorgaben entspricht“, so Sinß.
Auch von der Landwirtschaftskammer kommt positive Rückmeldung – obwohl die Wiese im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt ist, wie Heiko Schmitt, der Pressesprecher der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz, gegenüber Merkurist erklärt. Das heißt: Hier ist zum Beispiel der Anbau von Obst, Getreide oder Gemüse möglich oder etwa eine Beweidung. „Bauliche Anlagen sind auf solchen Flächen meist nur dann gestattet, wenn diese einer landwirtschaftlichen Nutzung dienen.“
Doch ein Bauwagen zähle laut der Kammer als „mobile Einrichtung“. Und da aktuell die Fläche nicht landwirtschaftlich genutzt werde, bestünden „aus landwirtschaftlicher Sicht keine Bedenken gegenüber dem Vorhaben.“ Auch der Elterninitiative und dem Förster habe die Kammer bereits positive Rückmeldung gegeben. „Wir sind bisher noch nicht offiziell beteiligt worden, da sich das Bauantragsverfahren noch im Prozess befindet, das Projekt wird aber auch seitens der praktizierenden Landwirte befürwortet“, so Schmitt weiter.
„Die Wiese hat keinen herausragenden Naturschutzwert“, erklärt es Förster Hoffmann. „Sie befindet sich nicht innerhalb des Naturschutzgebiets.“ Der Bauwagen als „fliegendes Gebäude“, wie er es nennt, könne auch vollständig zurückgebaut werden, falls er nicht mehr benötigt würde. Außerdem: „Der Standort ist gut erreichbar, aber auch weit genug weg von der Straße. Ich finde kein Argument, das dagegen spricht.“ Daher wolle das Forstamt sogar selbst den Bauantrag für den Bauwagen stellen.
Bauantrag nicht auf Wiese möglich?
Genehmigt werden muss das Vorhaben von der Kreisverwaltung Mainz-Bingen. Sie ist die zuständige Behörde, da es sich um eine „bauliche Situation“ handelt. Auf Anfrage teilt Pressesprecher Bardo Faust mit, dass der Kreisverwaltung zwar die Pläne für einen Waldkindergarten bekannt seien. Auch Gespräche habe es bereits mit der Elterninitiative gegeben. Ein offizieller Bauantrag liege der Bauverwaltung bisher aber noch nicht vor. Daher könne man auch nichts Konkretes dazu sagen, ob das Vorhaben aus rechtlicher Sicht genehmigungsfähig sei.
Die Elterninitiative hatte laut Judith Hager einen Bauantrag im April zunächst eingereicht, drei Wochen später aber wieder formal zurückgezogen, damit das Forstamt als Eigentümer der Wiese den Bauantrag neu einreichen kann. „Für beides haben wir keine Bestätigungen bekommen“, so Hager. Das Forstamt hingegen habe noch keinen neuen Bauantrag gestellt, da die Kreisverwaltung nur Vorhaben genehmigen werde, die im Bereich des Forstes liegen und eben nicht auf landwirtschaftlicher Fläche – so wie es eben der Flächennutzungsplan vorsieht, sagt Förster Jan Hoffmann. „Dazu müssten wir aber ins Naturschutzgebiet ausweichen, was wir nicht wollen.“
Alternativ gebe es noch die Möglichkeit, den Flächennutzungsplan zu ändern. „Doch dieser Prozess braucht viel Zeit und personelle Ressourcen, auch verursacht er zusätzliche Kosten“, so Hoffmann. Daher habe er auf die Unterstützung der Landwirtschaftskammer und der Landwirte vor Ort gesetzt – die dem Vorhaben ja inzwischen ausdrücklich positiv gegenübersteht. „Die Katze beißt sich hier selbst in den Schwanz“, so Hoffmann zu dem aktuellen Dilemma.
„Derzeit sehen wir uns mit gewissen baurechtlichen Hürden konfrontiert, die formal nachvollziehbar, für uns als ehrenamtlich tätigen Vorstand aber schwierig umzusetzen sind“, heißt es auch aus dem Vorstand der Elterninitiative. Trotzdem wollen sie das Projekt noch nicht aufgeben: „Wir sind dennoch zuversichtlich, dass wir eine Lösung finden können.“ Nun hoffen die Vereinsmitglieder, dass sie den Waldkindergarten im Frühjahr 2024 doch noch eröffnen können.