Die Kirche der evangelischen Maria-Magdalena-Gemeinde steht am Ortsrand. Ein Kindergarten ist daneben, der Edeka nur wenige Meter entfernt. Dahinter beginnen die Feldwege. Meistens ist es ruhig hier. Alle zwei Wochen findet ein Gottesdienst statt, manchmal eine Feier oder Konzerte, auch einzelne Gruppen treffen sich, ansonsten steht die Kirche, wie so viele andere auch, die meiste Zeit des Jahres leer.
Pfarrer Christoph Kiworr ist das zu wenig. Er liebt es, wenn Menschen zusammenkommen. Er will die Kirche „anders gestalten“, sagt er bei einem Treffen mit dem Merkurist vor Ort im kleinsten Mainzer Stadtteil Drais. Kiworr ist als Pfarrer sowohl für Drais als auch Lerchenberg zuständig.
Er ist viel herumgereist, hat in Städten wie London gesehen, dass Kirchen wieder voller Leben werden können, nur eben nicht nur mit Gottesdiensten, sondern zum Beispiel auch mit Gastronomie. So kam er auf die Idee, die Kirche, die vor 20 Jahren von Hackenheim nach Drais kam, und so wenig genutzt wird, zu öffnen, zu „bereichern“, wie er es sagt.
Handeln, bevor finanzieller Druck entsteht
Er stellte einen Antrag auf Nutzungsänderung bei der Stadt Mainz. Die Idee: Die Kirche zu einem Café umzugestalten, sie zum Treffpunkt für den Ort und für Besucher werden zu lassen. Wichtig sei, dass hier dennoch weiterhin Gottesdienste stattfinden werden, vielleicht auch in „Wohnzimmeratmosphäre“. Den Antrag hat die Stadt bereits genehmigt, auch der Kirchenvorstand war bei seiner Sitzung am Montag einverstanden und hat den Antrag auf Nutzungsänderung einstimmig beschlossen und eingereicht.
„Wir wollen die Chance nutzen, etwas Nützliches mit den Räumen zu machen, bevor der finanzielle Druck zu hoch wird“, so Kiworr. Denn angesichts der stetig sinkenden Mitgliederzahlen gehen auch die Einnahmen aus den Kirchensteuern rapide zurück. Viele Gemeinden müssen sich Alternativen überlegen.
Kiworr hat sich umgehört im Ort. Ein Café gibt es nicht in Drais, aber der große Wunsch danach. „Vor allem Familien wünschen sich einen solchen Ort der Begegnung,“ sagt er. Das sei auch das Ergebnis des Projekts „Drais 2040“, bei dem künftige Möglichkeiten für den Ort entwickelt werden sollen.
Bewohner sollen Ideen mit entwickeln
In der Kirche hängen bereits die Entwürfe einiger Innenarchitektur-Studierenden, wie Kirche und Café miteinander vereinbart werden könnten. Außer dem eigentlichen, zeltartigen Raum, in dem Gottesdienste gefeiert werden, gibt es hier noch einen kleinen Saal für Feiern. Dieser hat große, bodentiefe Fenster, die sich öffnen lassen. So könnte sogar ein Außenbereich integriert werden.
Kiworr möchte die Idee nun zunächst erproben, im kleinen Rahmen, und dann beobachten, wie sie bei den Menschen ankommt. „Wir möchten hören, wo die Interessen liegen: Soll es einen Eisverkauf geben, tagsüber vielleicht ein Co-Working-Space eingerichtet werden?“ Wichtig sei ihm dabei das Gefühl der Gastfreundschaft. „Alle sollen sich hier willkommen fühlen“, sagt er.
Eine kleine Gruppe habe sich bereits gefunden, die Ideen sammelt und Bedarfe absteckt. Nun wünscht er sich, dass sich noch mehr Menschen beteiligen. Auch Spenden seien dringend notwendig, um das Projekt überhaupt finanzieren zu können.
Wer Ideen hat oder sich an dem Projekt beteiligen möchte, kann sich an das Gemeindebüro wenden. Die Kontaktdaten findet ihr hier.