Die Mainzer Innenstadt soll aufgewertet werden, und das am besten mit mehr Grün, mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer und fast autofrei. In einem Teilstück der Großen Bleiche ist das zurzeit sogar schon Realität (wir berichteten). Andere Straßen sollen folgen. Diskutiert wird dabei auch über die Neubrunnenstraße. Die Mainzer Grünen beispielsweise können sich vorstellen, das Teilstück der Neubrunnenstraße zwischen der Hinteren Bleiche und der Kaiserstraße zur Fußgängerzone zu machen.
„Weniger Raum für KfZ zukunftsweisend“
Wie Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) gegenüber Merkurist sagt, hätten Rückmeldungen aus den anliegenden Geschäften ergeben, dass ihnen die Aufwertung des Straßenraums wichtig sei, und dass die meisten Geschäfte auch nicht im signifikanten Anteil von Parkplätzen ‘vor der Tür’ leben, sondern eher vom Publikum, das mit Fuß und Rad unterwegs ist.“ Der Teil der Neubrunnenstraße, der noch für den Autoverkehr frei ist, bilde auch keinen wichtigen Bestandteil des KFZ-Verkehrsnetzes ab.
Allerdings, so Huck, habe ein Verkehrsverband ihm gegenüber Bedenken angemeldet. Demnach könnte es Probleme für Fahrradfahrer geben, wenn hier eine reine Fußgängerzone entstehen würde. „Denn perspektivisch könnte in der Hinteren Bleiche eine Fahrradstraße entstehen, und diese wäre zu und von der Neustadt über die Neubrunnenstraße angebunden.“ Die Haupttendenz, hier also weniger Raum für den KFZ-Verkehr vorzusehen, sei ganz gewiss richtig und zukunftsweisend.
Ähnlich bewertet der Geschäftsmann und Co-Vorsitzende der Mainzer SPD, Ata Delbasteh, die Situation. Grundsätzlich sei die Überlegung angebracht, das Teilstück der Neubrunnenstraße zwischen der Hinteren Bleiche und der Kaiserstraße zu einer Fußgängerzone zu machen. Die ansässigen Geschäfte, wie beispielsweise die „Weinraumwohnung“ und das „Kollektiv“, müssten jedoch zumindest zu bestimmten Zeiten beliefert werden können.
„In die Planung muss ebenfalls einfließen, dass ältere Menschen ansässige Ärzte und beispielsweise das Hörsystemegeschäft barrierefrei und möglichst direkt erreichen können.“ Eine Kurzzeitparkzone in unmittelbarer Nähe würde sicherlich Abhilfe schaffen, sagt Delbsteh. Wenn man also die Planungen angehe, dann müsse man die Große und Hintere Bleiche sowie die Kaiserstraße miteinbeziehen, damit kein Flickenteppich sich widersprechender Straßenkonzepte entsteht.
Zweifel an Fußgängerzone/ Fahrradstraße
Eine klare Haltung zu dem Thema hat auch der Vorsitzende des Gewerbevereins Mainz-Neustadt Karsten Lange. Sein Verein setzt sich unter anderem für eine engere Verknüpfung von Altstadt und Neustadt auf der Laufachse von der Boppstraße zur Römerpassage ein. Initiativen, diese „Mainzer City-Achse“ attraktiver zu machen, befürworte er, so Lange. Nach Meinung des Vereins sei es dringend erforderlich, das befahrbare Teilstück der Neubrunnenstraße zu modernisieren, zu begrünen und damit aufzuwerten.
Doch: „Unser Verein hegt Zweifel, dass zum jetzigen Zeitpunkt eine Fußgängerzone der richtige Weg ist. Wir regen stattdessen die Einrichtung einer Fahrradstraße in der Neubrunnenstraße an.“ Diese Lösung reduziere den Verkehr und erhalte einige der für Geschäftsleute wichtigen Stellflächen. „Zudem würden wir das kleine Stück Straße zwischen Boppstraße und Neubrunnenstraße auf eine Spur Richtung Neustadt reduzieren“, so Lange. Der Richtung Neubrunnenstraße oder Rhein fließende Verkehr aus der Boppstraße könne dann um das Stadthaus herum geführt werden.
Große Zweifel an der Schaffung einer Fahrradstraße hegt hingegen der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Mainzer City-Carré Dieter Grünewald. „Wenn die Fahrradstraße Neubrunnenstraße Realität werden sollte, wird der Rad- und Scooterverkehr erheblich zunehmen, sowohl in Richtung Altstadt als auch in Richtung Neustadt.“ Seine größte Sorge: Rad- und E-Scooterfahrer könnten für noch mehr Chaos und Unsicherheit und somit weniger Aufenthaltsqualität zwischen der Hinteren Bleiche und dem Neubrunnenplatz sorgen. Dies würde sich dann auch fortziehen bis in die Lothar- und Stadthausstraße sowie die Straßen rund um die Römerpassage und auch die Seppel-Glückert-Passage.
Grünewald sagt daher ganz klar: „Es muss dauerhaft kontrolliert und hart sanktioniert werden, damit man das Problem mit den E-Scooter- und Fahrradfahrern in den Griff bekommt und mit der überfälligen Aufwertung begonnen werden kann.“ Es mache daher auch keinen Sinn, den Verwarngeldkatalog zu erhöhen, wenn keine dauerhaften Kontrollen stattfänden. Dieses Problem sei bislang nicht angegangen worden. Bleibt also abzuwarten, wie sich nun eine mögliche Neugestaltung der Straßenzüge entwickelt.