Wie die Mainzer Neustadt jetzt vor Hochwasser geschützt wird

Am Donnerstagmorgen (7. September) wurde bei der Kunsthalle im Zollhafen eine Mauer aus Aluminiumteilen aufgebaut. Wie sie die Mainzer künftig vor Hochwasser schützen soll, erfahrt ihr hier.

Wie die Mainzer Neustadt jetzt vor Hochwasser geschützt wird

Für ein Jahrhunderthochwasser mit einem Rhein-Pegel von 8,30 Meter war Mainz bisher schon gerüstet, jetzt will die Stadt die Bewohner auch vor einem Zweijahrhundert-Hochwasser schützen. Dann könnte der Pegel noch etwa einen Meter höher werden, so Wirtschaftsbetrieb-Mitarbeiter Michael Paulus.

Schutz auch bei „Extremhochwasser“

Zuletzt stieg der Rhein im Jahr 1882 so hoch, dass es als „Extremhochwasser“ eingestuft wurde (wir berichteten). Statistisch müssen Mainzer mit so hohen Pegelständen aber nur etwa alle 200 Jahre rechnen, wie der Name „Zweijahrhunderthochwasser“ bereits verrät. Die neuen mobilen Hochwasser-Schutzvorrichtungen, die auch den Extremen noch standhalten sollen, bestehen aus Aluminiumlatten und -pfosten. Sie können bei guter Lagerung und Wartung über 100 Jahre verwendet werden. Dass sie im besten Fall also während ihrer gesamten Haltbarkeitszeit nicht zum Einsatz kommen, hält die Stadt nicht davon ab, das Mainzer Rheinufer an mehreren Stellen mit den Halterungen für den mobilen Schutz auszustatten.

80 Centimeter reicht die Aluminium-Mauer am Zollhafen in die Höhe, wenn sie aufgebaut ist. Die etwa 150 Einzelteile – Latten und Pfosten – bilden zusammen einen Schutzwall von über 90 Metern Länge. Die Barriere reicht dann vom Ende der Wohnhäuser gegenüber der Kunsthalle bis zu der Front des neuen Hotels H2 auf der Seite, die zur Marina zeigt. Die Gebäude direkt am Rheinufer, die vor der Schutzwand liegen, müssen laut Paulus nicht geschützt werden, da sie bereits hochwasserfest gebaut wurden.

Für die Halterungen werden Betonpfosten in den Boden eingelassen, mit denen die Aluminiumpfeiler für die Schutzmauer verschraubt werden können. Ist der Schutz nicht aufgebaut, sieht man also nur unauffällige Betonvierecke auf dem Boden. Sind die Pfeiler einmal darauf gesetzt, können die Aluminiumlatten zwischen ihnen platziert werden.

Am Winterhafen gibt es die Betonpfosten für den mobilen Hochwasserschutz bereits seit eineinhalb Jahren und auch am Rest des Mainzer Rheinufers sollen schrittweise an einigen Stellen Halterungen für mobile Schutzmauern errichtet werden. Gerade werde dafür eine genaue Bedarfsermittlung durchgeführt, so Paulus.

Vorausschauen

„Der mobile Schutz soll die Lücken zischen den geschützten Rheinuferbereichen schließen“, erklärt der Mitarbeiter des Mainzer Wirtschaftsbetriebs. Geschützt seien etwa schon Stellen, an denen Häuserfronten, Wälle und Erhebungen das Wasser ausreichend abhalten können. Beschlossen worden sei der Hochwasserschutz in einem internationalen Abkommen. Mit dem mobilen Schutz für den Zollhafen und den Winterhafen sei ein erster Schritt gegangen. Wo genau weitere Halterungen für mobile Mauern errichtet werden sollen, sei aber noch unklar. Sicher sei, dass die Mauern an den Stadttoren verstärkt würden.

Am Donnerstagmorgen wurde die mobile Mauer im Zollhafen probeweise komplett errichtet. Das wolle man jetzt alle zwei bis fünf Jahre tun, kündigt Paulus an: „Dann üben wir das regelmäßig und es geht im Ernstfall schnell. Außerdem sehen wir dann, ob alle Teile noch vollständig intakt sind und ob es Wartung braucht.“ Gelagert werden die mobilen Teile im Klärwerk, komplett aufgebaut ist die Hochwasserschutzmauer innerhalb von zwei bis drei Stunden. Wie Paulus versichert, reiche das aber vollkommen aus: Man sehe am Rheinpegel in Karlsruhe vorab, was zwei Tage später auf Mainz zukomme. Insofern könne man sehr gut reagieren und Vorsorge treffen.

Überhaupt stehe das Wasser selbst bei einem Zweijahrhundertereignis nur etwa 40 Zentimeter hoch. Aber auch davor wolle man ausreichend geschützt sein. Zu dem Hochwasserschutzkonzept der Stadt gehöre auch, dass händisch bunte Holzlatten entlang der Fahrwege für Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) in den Boden gesteckt würden. Denn selbst bei 40 Zentimetern Hochwasser könnten die Einsatzkräfte sonst nicht mehr sehen, wo sie entlangfahren können, das Wasser sei in der Regel zu trübe dafür.

Wie Anwohner auf den Schutz reagieren

Im Übrigen würden im Ernstfall sämtliche Tiefgaragen vor einem Jahrhundert- oder auch Zweijahrhunderthochwasser gesperrt, erklärt Paulus mit Blick zu einer Lücke in der Hochwasserschutzmauer, die für Autofahrer von und zum goldenen „Pandion DOXX“-Gebäude gelassen wurde. „Dann müssen sie sich entscheiden, ob sie lieber riskieren wollen, das Auto in der Tiefgarage zu lassen und auf deren Hochwasserschutz zu vertrauen, oder doch lieber vorher auf den Lerchenberg fahren.“ Die Aluminiummauer würde dann auf jeden Fall nahtlos geschlossen.

Ein Sicherheitsdienst müsse im Ernstfall auch überwachen, dass sich niemand an dem mobilen Schutz zu schaffen mache, so Paulus. „Sowas muss man leider bedenken“, sagt er. Auch heute habe sich bereits jemand aus den umliegenden Gebäuden beschwert, weil er eine Zulieferung durch den Probeaufbau des Zauns in Gefahr sah. Er sei jedoch schnell beruhigt gewesen, als Paulus ihm versichert habe, dass die Schutzmauer bereits am Nachmittag wieder vollständig abgebaut sei.

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