So viel Auto fahren die Mainzer tatsächlich

Eine Befragung zeigt, welche Verkehrsmittel die Mainzer am meisten nutzen. Vor allem im Vergleich zu den vergangenen Jahren gibt es deutliche Trends – und einige Überraschungen.

So viel Auto fahren die Mainzer tatsächlich

So groß angelegt war die Mobilitätsbefragung in Mainz noch nie: Über 6000 Personen aus knapp 3000 Haushalten haben in einer repräsentativen Umfrage angegeben, welche Wege sie mit welchen Verkehrsmitteln zurücklegen. Daraus lassen sich erstmals auch Unterschiede zwischen den einzelnen Stadtteilen ableiten.

Erste Ergebnisse aus der aktuellen Befragung haben die Stadt Mainz und das „Büro StadtVerkehr“ am Dienstag vorgestellt. Dabei zeigt sich: Offenbar lassen immer mehr Mainzer das Auto stehen und fahren dafür mit dem Fahrrad.

Immer weniger Autobesitzer

Laut der Umfrage werden immer weniger Wege mit Autos, Motorrädern oder ähnlichem gefahren – zusammengefasst „Motorisierter Individualverkehr“ (MIV). Von 39 Prozent in den Jahren 2016 und 2019 ist der MIV 2023 auf 36 Prozent aller zurückgelegten Wege zurückgegangen. 2008 waren es noch 42 Prozent*.

Noch deutlicher fällt der Rückgang aus, wenn man sich die Zahlen der Autobesitzer anschaut. 73 Prozent der Mainzer Haushalte besaßen 2023 mindestens ein Auto, 2019 waren es noch 78 Prozent. Die Anzahl der Haushalte, die zwei oder mehr Autos besitzen, ist sogar um 9 Prozentpunkte auf 18 Prozent zurückgegangen.

Welche Stadtteile am meisten Auto fahren

Wenig überraschend: Der Anteil der Autofahrten variiert zwischen der Innenstadt und den Ortsteilen weiter außerhalb besonders stark. Spitzenreiter im MIV sind die Ebersheimer mit 57 Prozent aller zurückgelegten Wege, gefolgt von Drais und Lerchenberg mit 53 Prozent. Mit 20 Prozent fahren die Bewohner der Altstadt am wenigsten Auto, kurz dahinter kommt die Neustadt mit 22 Prozent MIV.

Stadtübergreifend wird das Auto am häufigsten für dienstliche Fahrten und zum Bringen oder Holen genutzt: Dort macht der MIV knapp über die Hälfte aller Wege aus. In allen anderen Bereichen – darunter der Weg zur Arbeit, Einkäufe und private Besuche – überwiegt der sogenannte Umweltverbund. Darunter fallen Wege, die mit dem ÖPNV, mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Besonders selten wird das Auto in der Freizeit (24 Prozent) oder für den Weg zur Schule oder Ausbildung genutzt (14 Prozent) – darunter fallen beispielsweise auch Mitfahrten im Auto der Eltern.

Lieber Fahrrad als ÖPNV

Innerhalb des Umweltverbunds belegt das Fahrrad mit Abstand den ersten Platz: 26 Prozent aller Fahrten legen die Mainzer inzwischen damit zurück – und damit fünf Prozent mehr als noch 2019. 2016 waren es 17 Prozent, 2008 sogar nur zehn*. Vor allem E-Fahrräder werden immer beliebter: 22 Prozent aller Mainzer Haushalte besitzen inzwischen ein E-Bike oder Pedelec, also zehn Prozent mehr als noch 2019.

In der Freizeit wird das Fahrrad von allen Verkehrsmitteln am häufigsten genutzt, auf vielen anderen Wegen – insbesondere zur Schule und zur Arbeit – liegt es auf Platz 2. Vor allem die Bretzenheimer sind sportlich unterwegs: Mit 33 Prozent aller Wege liegt das Fahrrad dort nur einen Prozentpunkt hinter dem MIV.

„Das ist immens“, sagt Armin Schroeders von der Verkehrsstrukturplanung der Stadt Mainz. Der hohe Sprung des Radverkehrs sei eine Überraschung gewesen. Einen Rückgang hingegen hat der ÖPNV erlebt – und das trotz des 49-Euro-Tickets, das im Erhebungszeitraum bereits gültig war. Erstmals seit 2008 ist der ÖPNV-Anteil auf 19 Prozent zurückgegangen; vorher lag er relativ gleichbleibend bei 21 bis 22 Prozent. Wie kann das sein?

Home-Office beeinflusst Verkehr

„Es ist nicht erfreulich, aber es ist erklärbar“, sagt Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) zu den gesunkenen ÖPNV-Zahlen. Ihr zufolge seien vor allem die immer noch anhaltende Wirkung des „Corona-Effekts“ und gestiegene Home-Office-Zahlen dafür verantwortlich. Tatsächlich deuten die Ergebnisse auf einen Einfluss von Home-Office auf das Verkehrsaufkommen an. Über die Hälfte der Mainzer arbeiten mindestens einmal pro Woche im Home-Office.

„Die Vermutung hatten wir schon länger“, sagt Schroeders von der Mainzer Verkehrsstrukturplanung. „Jetzt haben wir zum ersten Mal einen harten Indikator.“ Ob aber nur Home-Office und Corona den ÖPNV-Rückgang ausgelöst haben, ist fraglich. Die Umfrage-Ergebnisse selbst zeigen nämlich auch andere Gründe auf: Allein ein Viertel der Befragten meidet den ÖPNV, weil dieser zu unflexibel sei. Als weitere Gründe werden zu hohe Preise, eine zu lange Fahrtdauer und ein schlechtes Angebot genannt.

Doch auch für den Radverkehr gibt es offenbar Nachholbedarf: 19 Prozent der Befragten gaben an, dass sie nicht mit dem Fahrrad fahren, weil es zu gefährlich sei. 14 Prozent bemängeln, dass es zu wenige Radwege gebe. Verkehrsdezernentin Steinkrüger sieht das als Bestätigung dafür, dass hier Handlungsbedarf besteht. „Wir wollen die Fahrradnutzung durch ein höheres Sicherheitsgefühl nach oben bringen.“

Hintergrund

Im Auftrag der Stadt Mainz hat das „Büro StadtVerkehr“ die Mobilitätsbefragung 2023 durchgeführt. Nach 2008, 2016 und 2019 war es die dritte Befragung dieser Art in Mainz. 16.400 nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Personen wurde ein Achtseitiger Fragebogen zugeschickt, den sie schriftlich, online oder per Telefon beantworten konnten.

Mitgemacht haben schließlich 6266 Personen aus 2884 Haushalten. Außer Fragen zum Haushalt und zur Person mussten die Befragten ein Wegeprotokoll ausfüllen. Dafür sollten sie ihr Mobilitätsverhalten an drei Dienstagen bzw. Donnerstagen im Juni 2023 dokumentieren: 13. oder 16. Juni, 20. oder 22. Juni und 27. oder 29. Juni. Daraus wurde unter anderem der sogenannte Modal Split berechnet, also die Verteilung der unterschiedlichen Verkehrsmittel auf alle zurückgelegten Wege.

Weitere Ergebnisse der Mobilitätsbefragung will die Stadt Mainz voraussichtlich im Januar 2024 vorstellen – dann auch in Veranstaltungen für die Öffentlichkeit.

*Im Gegensatz zu den Mobilitätsbefragungen 2016, 2019 und 2023 wurden die Daten für 2008 über das gesamte Jahr erhoben. Da im Winter tendenziell weniger Leute zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind, sind die Zahlen also nicht uneingeschränkt mit den anderen Erhebungen aus dem Frühjahr bzw. Frühsommer vergleichbar.