Hat Mainz ein Legionellen-Problem?

Duschfilter, draußen duschen oder gar ein Duschverbot: Auch in Mainz ist das Realität, wenn Wohnhäuser sehr stark von Legionellen befallen sind. Doch was sind die Ursachen von Legionellen und wie kann man diese beseitigen?

Hat Mainz ein Legionellen-Problem?

Duschen draußen in Containern – so geht es derzeit Bewohnern eines Hochhauses in Mainz-Weisenau. Seit mehreren Jahren sind dort die Wasserleitungen sehr stark von Legionellen befallen. So sehr, dass seit 2017 die Duschen mit Bakterienfiltern ausgestattet wurden und die Leitungen umfassend saniert werden müssen, wie mehrere Medien berichteten. Im Mai 2023 fiel ein weiterer Wohnkomplex in der Mainzer Neustadt wegen einer sehr hohen Legionellenkonzentration auf. Dort wurde ein Duschverbot erteilt (wir berichteten). Wie kommt es zu Legionellen und den harten Maßnahmen?

Vermehrt Hochhäuser betroffen

Legionellen sind Bakterien, die – ganz natürlich – im Wasser leben. In einer kleinen Konzentration sind sie unbedenklich, doch sie vermehren sich exponentiell, wenn die Rohre nicht regelmäßig gespült werden und dabei die Wassertemperatur in den Rohren zu niedrig ist. „Legionellen können sich hervorragend in warmem Wasser vermehren“, erläutert das Gesundheitsamt Mainz-Bingen auf Anfrage. In sehr hoher Konzentration können sie gefährlich für den Menschen werden: Die Erreger werden durch zerstäubtes, vernebeltes Wasser übertragen, die unterschiedliche Krankheiten verursachen können, von grippeartigen Beschwerden bis zu schweren Lungenentzündungen, so die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung auf ihrer Webseite.

Hochhäuser sind deshalb stärker von Legionellen betroffen, weil es dort durch die Vielzahl an Wohnungen potenziell mehr Wasserleitungen geben kann, die nicht kontinuierlich durchgespült werden, erklärt das Gesundheitsamt. „Auch spielen zeitweise nicht besetzte Wohnungen und die langen Leitungswege bis zum Verbraucher eine Rolle.“ Dabei können Gebäude unterschiedlich stark von Legionellen betroffen sein.

Laut dem Gesundheitsamt gibt es Häuser, bei denen das ganze Leitungssystem kontaminiert ist und somit praktisch alle Wohnungen betroffen sind. Daneben gibt es auch Häuser, wo nur einzelne Leitungsstränge und damit nur einzelne Wohnungen betroffen sind. „Im Prinzip ist es aber so, dass vorwiegend die großen Wohngebäude betroffen sind, mit einer zentralen Warmwasserbereitung und dementsprechend langen Leitungswegen“, so das Amt.

Rückgrat der Trinkwasserhygiene

Thimo Germann ist Experte für Trinkwasserhygiene und kennt auch so manchen Wohnkomplex in Mainz, der von Legionellen befallen ist. Er stellt in solchen Häusern fest: „Die Wassertemperatur in den einzelnen Leitungssträngen des Warmwassersystems ist meist sehr unterschiedlich. Das liegt daran, dass sich das Wasser in den einzelnen Leitungssträngen unterschiedlich verteilt. Der hydraulische Abgleich der Trinkwasseranlage kann so nicht mehr gewährleistet werden. Wasser nimmt immer den Weg des geringsten Widerstands. Abnahmestellen, welche weniger oder nahezu gar nicht genutzt werden, beschleunigen den Prozess der Legionellenbildung. Bei einer Wassertemperatur zwischen 30 und 45 Grad Celsius vermehren sich Legionellen exponentiell.“

Germann hat mit seinem Unternehmen „WaterX“ aus Weinheim (Nähe Heidelberg) ein System entwickelt, das den Legionellen den Raum zum Leben möglichst schwer machen soll. „Wir erfassen die Temperatur der einzelnen Leitungsstränge alle 15 Minuten und steuern entsprechend digitalisiert die Durchflussmenge der einzelnen Leistungsstränge“, so Germann.

Durch wärmere Rohrleitungen lässt „WaterX“ weniger Wasser zirkulieren, womit die Temperatur dort sinkt, durch die kälteren Leitungen lässt man dahingegen mehr erhitztes Wasser zirkulieren, womit die Temperatur dort dementsprechend steigt. Die Temperaturen der einzelnen Stränge gleichen sich an und sollen konstant bei mindestens 55 Grad Celsius in jeder einzelnen Zirkulationsleitung im Haus liegen. „Der thermisch-hydraulische Abgleich ist das Rückgrat der Trinkwasserhygiene“, ist Germann überzeugt. An acht Mainzer Immobilien konnten sie ihr Trinkwassermanagement-System bereits verbauen, die seitdem als legionellenfrei gelten.

Strenge Richtlinien und Strafen

Alle drei Jahre sind Hausbesitzer beziehungsweise die Betreiber der Trinkwasseranlagen verpflichtet, die Trinkwasserleitungen untersuchen zu lassen. Das regelt die Trinkwasserverordnung. Fallen bei einer turnusgemäßen Untersuchung Legionellen auf, muss das Labor dies dem Gesundheitsamt melden. Das ist dann der Fall, wenn die Legionellenkonzentration den gesetzlichen Grenzwert (technischer Maßnahmenwert) überschritten hat. Davon abhängig, wie sehr der Grenzwert überschritten ist, unterscheidet man zwischen einer „mittleren“, „hohen“ und „sehr hohen“ Kontamination – dementsprechend unterschiedlich sind die erforderlichen Maßnahmen.

„Der Hauseigentümer beziehungsweise die Hausverwaltung wird von uns angeschrieben mit entsprechenden Hinweisen, welche Schritte nun erforderlich sind und was einzuleiten ist – zum Beispiel eine umfangreiche Ursachenforschung und die Erstellung einer Risikoabschätzung“, erklärt das Gesundheitsamt.

Das Amt muss dabei, wie es weiterhin schreibt, fortlaufend (und unaufgefordert) informiert werden, wie der Beseitigungsprozess verläuft. Dazu zählen auch die Befunde der weiteren Nachuntersuchungen. „Wenn den Anordnungen nicht nachgegangen wird, können entsprechende Zwangsgelder – auch wiederholt – festgesetzt werden. Hierdurch könnten die erforderlichen Schritte wesentlich verteuert werden, was von niemanden gewollt ist“.

So kann man Legionellenbefall vorbeugen

Wie kann man Legionellenbefall vermeiden? Dazu antwortet das Gesundheitsamt auf Anfrage: „Private Hausbesitzer können den Befall von Legionellen verhindern, indem sie einerseits die Temperatur des Warmwasserspeichers bei 60 Grad halten und vor allem das Wasser fließen lassen“. Die weniger genutzten Wasserhähne sollten deshalb immer mal wieder aufgedreht werden, damit die Leitungen durchgespült werden.

„Auch wenn das Trinkwasser in Deutschland zu den am besten untersuchten Lebensmitteln gehört und die Richtlinien sehr streng sind, so sollte man doch auch berücksichtigen, dass Trinkwasser niemals steril, also völlig keimfrei ist und dies auch nicht erforderlich ist“, ergänzt das Amt.