Die Krätze, medizinisch als Skabies bezeichnet, ist eine ansteckende Hautkrankheit, die beim Menschen durch die Skabiesmilben verursacht wird. In einem Altenpflegeheim in Mainz ist die Krankheit bereits vor einigen Wochen ausgebrochen, das bestätigte das Gesundheitsamt Mainz-Bingen auf Anfrage von Merkurist.
Auch aus Mitarbeiterkreisen des Heims wurde Merkurist von dem Krätze-Ausbruch erzählt. Auf Anfrage erklärt der Leiter des Heims jedoch, dass es ausschließlich Verdachtsfälle gegeben und kein Ausbruch stattgefunden habe.
Der erste Verdacht
Das Gesundheitsamt teilte mit, dass die Heimleitung den ersten Ausbruch bei zwei Mitarbeiterinnen am 24. September meldete. Aus den Mitarbeiterkreisen heißt es, es habe den ersten Verdachtsfall bei einem älteren Mann bereits vor dem 24. September gegeben. Am 6. Oktober habe eine Pflegerin eine E-Mail an die Heimleitung geschrieben. Nach den uns vorliegenden Informationen habe sie darin erklärt, dass „sowohl sie als auch drei Bewohner starken Juckreiz sowie Ausschlag haben“ würden, beides Symptome für Krätze.
Zwei Tage später, am 8. Oktober, wurde eine erneute Infektion, dieses Mal in einem anderen Wohnbereich, beim Gesundheitsamt gemeldet. Laut dem Amt wurden sechs Verdachtsfälle bei Bewohnern und zwei bestätigte Krätze-Fälle bei Mitarbeitern festgestellt. Aus den Mitarbeiterkreisen heißt es, dass in einer internen Mail der Heimleitung vom 9. Oktober nur von Verdachtsfällen die Rede gewesen soll. Seitdem sei die Zahl an Verdachtsfällen jedoch in den zweistelligen Bereich gestiegen. Die direkten Angehörigen der Erkrankten seien informiert worden, eine allgemeine Mitteilung für alle anderen Bewohner und Besucher habe es bisher jedoch nicht gegeben.
Dazu sagt die Heimleitung auf Merkurist-Anfrage hin, dass keine bestätigten Fälle einer Krätze-Infektion bekannt seien, weder bei Mitarbeitern noch bei Bewohnern.
„Prophylaktische Behandlungen“
Die Verdachtsfälle seien von den beiden hauseigenen Ärzten untersucht worden, so die Heimleitung. „Wir können bestätigen, dass wir nur Verdachtsfälle hatten, die immer gemeldet werden an den zuständigen Arzt und, insofern eine Meldeflicht besteht, auch an zuständige Behörden.“
Eine im Heim arbeitende Person sagt jedoch gegenüber Merkurist, dass Krätze nur von Hautärzten mikroskopisch festgestellt werden könne. Somit sei es den beiden Hausärzten des Heims nicht möglich gewesen, die Verdachtsfälle offiziell zu diagnostizieren. Das Robert-Koch-Institut (RKI) empfiehlt ebenfalls, die Diagnose durch einen Hautarzt bestätigen zu lassen, da für einen sicheren Befund langjährige Erfahrung nötig sei. Eine Bewohnerin habe Pflegern von ihrem Juckreiz und Ausschlag erzählt. Einer der Hausärzte habe sie kurz untersucht und ihr versichert, dass sie keine Krätze habe.
Laut den uns vorliegenden Informationen wurde innerhalb des Heims die Situation nicht kommuniziert, trotzdem wurden die Betroffenen „prophylaktisch behandelt.“ Dafür soll die Creme „Advantan“ verwendet worden sein. Laut der Webseite des Herstellers „LEO Pharma Manufacturing Italy“ wird die Creme allgemein bei „entzündlichen Hauterkrankungen wie Neurodermitis“ verschrieben. Das Gesundheitsamt teilte diesbezüglich mit, dass die betroffenen Personen grundsätzlich medizinisch behandelt wurden. Mit welchen Medikamenten genau, schrieb das Amt nicht. Auch die Heimleitung konnte keine Auskunft über die Art der medizinische Behandlung der betroffenen Personen geben.
„Alles so klein wie möglich halten“
Aus Mitarbeiterkreisen heißt es, dass die erkrankten Bewohner in ihren Zimmern isoliert wurden und das betroffene Personal sich krankgemeldet hatte. Es soll Schutzkittel und Handschuhe für das Personal gegeben haben. Die Mitarbeiter hätten sich immer versucht zu schützen, trotzdem habe es Kontakt zwischen Angestellten und Bewohnern gegeben, bei denen der Verdacht auf Krätze bestand. Dazu heißt es: „Es interessiert keinen, wenn jemand Kontaktperson ist.“
Bis zum aktuellen Zeitpunkt sei das Heimpersonal nicht offiziell darüber informiert worden, dass es auch diagnostizierte Fälle gibt. „Wir hätten uns gewünscht, dass wir über Krätze aufgeklärt werden“, heißt es. Mitarbeiter werfen der Heimleitung daher vor, keine Verantwortung zu übernehmen: „Die wollen alles so klein wie möglich halten.“
Hintergrund: Krätze
Die weiblichen Skabiesmilben graben sich in die oberste Hautschicht und legen dort ihre Eier ab. Der menschliche Körper reagiert darauf vor allem mit Juckreiz, stecknadelgroßen Blasen sowie mit geröteten Pusteln. Die Krankheit wird in erster Linie über direkten Hautkontakt übertragen, der zum Beispiel beim Pflegen einer Person entstehen kann.
Für die Behandlung gibt es Medikamente, sogenannte Skabizide. Sie werden meist als Creme oder Salbe auf die Haut aufgetragen. In manchen Fällen werden auch Tabletten verschrieben. Nach einer Tabletteneinnahme sind die Betroffenen schon nach 24 Stunden nicht mehr ansteckend. Diese Informationen können dem Erregersteckbrief zu Krätze (Skabies) auf der Webseite des Infektionsschutzes entnommen werden.