Premiere in der Mainzer Altstadt: Kürzlich startete in der Gaustraße das „yebo!“. Hier wird keine Ware zum Anfassen verkauft – stattdessen gibt es hier Ideen, die das Leben mancher vielleicht grundlegend verändern könnten. Das „yebo!“ ist ein Raum – insbesondere für Unternehmen -, in dem man in kreativer Umgebung Probleme lösen und neue Ideen generieren kann. Marlon Becker kümmert sich hier unter anderem um „Design Thinking“. Im Interview mit Merkurist erklärt er, was sich hinter dem Begriff verbirgt und was Kunden hier konkret erwartet.
Merkurist: Beginnen wir mit den Grundlagen: Was ist Design Thinking?
Marlon Becker: Jeder von uns kennt es. Man arbeitet an einem Thema/Problem und kommt nicht wirklich weiter. Das kann die Entwicklung eines Produktes, einer Dienstleistung, die Optimierung interner Prozesse oder die Erarbeitung einer neuen Strategie sein. Hier kommt dann das Design Thinking ins Spiel: Es ist eine methodische Herangehensweise, Probleme zu lösen und neue Ideen zu generieren. Beim Design Thinking durchläuft man einen strukturierten und klar definierten Prozess, der es ermöglicht, kreatives Potenzial auszuschöpfen. Auch und gerade von Menschen, die von sich behaupten, nicht kreativ zu sein. Sie können sich nicht vorstellen, wie oft wir zu hören bekamen, dass jemand nicht kreativ sei. Ich war selbst so einer. Aber: Jeder Mensch ist kreativ. Man muss nur den richtigen Zugang finden.
Wie läuft Design Thinking ab?
Wir starten, indem wir uns in die Nutzer, in der Regel Kunden, hineinversetzen. Was brauchen sie wirklich? Wo liegen deren Bedürfnisse und welche Herausforderungen gilt es zu überwinden? Danach geht es ans Brainstorming. Wir sammeln Ideen. Alle Ideen. Denn: Die Vergangenheit zeigt, dass gerade aus den skurrilsten Ideen die interessantesten und innovativsten Lösungsansätze entstehen. Aus diesen basteln wir dann kleine Prototypen. Im Kindergarten-Style – mit Papier, Schere und Kleber. Und was noch so im ‘yebo!’ zu finden ist. Im besten Fall halt etwas zum Anfassen. Bei Dienstleistungen ist das manchmal nicht so leicht. Da geht es dann vor allem darum, die Erfahrung der Idee erlebbar zu machen. Aber auch hierfür gibt es vielfältige Methoden, damit das gelingen kann.
Im nächsten Schritt geht es darum, ein Gefühl für die Lösung zu bekommen. Hat diese Potenzial? Wie kommt die Idee bei den Menschen an? Das wird in Feldversuchen an potenziellen Nutzern getestet. Der Nutzer teilt uns direkt mit, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Oder lieber zur nächsten Idee übergehen sollten. Und dieser ganze Prozess wiederholt sich. Die Feedbacks aus der Praxis nutzen wir, um darauf basierend weiter zu feilen. So lange, bis für alle Beteiligten eine ideale Lösung gefunden wurde.
Wie kamen Sie zum Design Thinking?
Meine Freundin ist Designerin. Mir ist aufgefallen, dass sie sich Herausforderungen anders annäherte, als ich es gewohnt war. Ich komme aus einer Branche, die hoch analytisch vorgeht. Immer mit dem Blick auf Zahlen. Bei meiner Freundin steht der Kunde und das Unternehmen im Vordergrund. Aber nicht im Sinne einer lapidaren Floskel, sondern gnadenlos. Der Kunde im Mittelpunkt, an dem sich das ganze Vorhaben ausrichtet.
Gleichzeitig haben wir das yebo! in der Gaugass‘. Als dort das erste Design Thinking stattfand und ich dieses hautnah miterleben durfte, war es um mich geschehen.
Was ist das „yebo!“?
Das yebo! ist ein Ort in der Mainzer Altstadt, in dem sich insbesondere Unternehmen in kreativer Atmosphäre besprechen, Workshops halten oder eben Design Thinking praktizieren. Im Design Thinking ist der Ort ein entscheidender Faktor, da er Kreativität, Zusammenarbeit und Flexibilität maßgeblich beeinflusst. Ein gut gestalteter Raum unterstützt effektive Kommunikation und Teamarbeit, was für den Design-Thinking-Prozess unerlässlich ist. Gleichzeitig ist ein anpassbares Setting erforderlich, um zwischen den verschiedenen Phasen des Design Thinkings schnell hin und her wechseln zu können. Der Ort trägt also wesentlich zum Erfolg des Design-Thinking-Prozesses bei.
Für wen ist nun also Design Thinking geeignet?
Generell ist Design Thinking für jedermann und jederfrau geeignet. Unsere Erfahrung zeigt aber, dass sich Design Thinking besonders für Teams und Unternehmen eignet, die mit ihren „Standard-Meetings“ an ihre kreativen Grenzen stoßen. Design Thinking ist wie ein Kickstarter für Innovation. Im yebo! erleben wir, wie die kreative Atmosphäre das Denken fördert und Teams ermutigt, über den Tellerrand zu schauen.
Können Sie uns ein Beispiel geben, wie Design Thinking erfolgreich eingesetzt wurde?
Ein Beispiel, von dem ich immer wieder erzähle, ist die Entwicklung der ersten Apple-Maus. Apple setzte Design Thinking ein, um eine Maus zu entwickeln, die einfach und intuitiv zu bedienen ist, sich aber gleichzeitig von anderen auf dem Markt unterscheidet. Sie begannen damit, die Bedürfnisse und Gewohnheiten der Benutzer zu untersuchen und zu verstehen. Nachdem sie verschiedene Ideen entwickelt und Prototypen gebaut hatten, führten sie umfangreiche Tests durch. Das Ergebnis war eine Maus, die nicht nur technisch fortschrittlich war, sondern auch die Art und Weise wie wir Computer damals benutzten revolutionierte.
Zum Abschluss: Was wäre Ihr Rat an Unternehmen, die Design Thinking anwenden möchten?
Einen guten Raum finden (lacht). Was außerdem in der Praxis oft unterschätzt wird, ist der objektive Blick von außen auf den Prozess. Es zeigt sich oft, dass es nicht wirklich rund läuft, wenn ein Teammitglied die Leitung übernimmt und gleichzeitig inhaltlich involviert ist. Dann kann man auch wieder ein „Standard-Meeting“ ansetzen. Es zahlt sich aus, einen Experten einzubeziehen, der professionell durch den Prozess führt und durch den geschickten Einsatz von Design-Thinking-Methoden Initialzündungen geben kann, wenn es mal hängt. Im yebo! stehen wir mit Raum und Expertise zur Seite und freuen uns, auch zukünftig Teams und Unternehmen zu unterstützen, ihr kreatives und innovatives Potenzial auszuschöpfen.
Vielen Dank für das Gespräch, Marlon Becker!