Für viele Mainz 05-Fans gehört Niko Bungert zum Inventar des FSV. Kein Wunder, schließlich ist der Ex-Verteidiger seit 2008 Teil des Vereins. Erst Spieler, dann Trainee, dann Aushilfs-Co-Trainer und seit November 2021 als erster Vereinsbotschafter in der Mainzer Geschichte. Dabei stammt Bungert gar nicht aus Rheinhessen oder der näheren Umgebung, sondern aus dem Ruhrgebiet. Doch trotzdem hat er weit mehr als seine sportliche Heimat in Mainz gefunden, wie er im Gespräch mit Merkurist verrät. „Ich bin bis zu meinem 19. Lebensjahr im Ruhrgebiet aufgewachsen, dann über Offenbach nach Mainz gekommen. Damals war für mich klar, dass ich irgendwann zurück zu meiner Familie und meinen Freunden kehre.“
Doch Bungerts Lebensweg verlief anders als gedacht. Mit Mainz 05 stieg er als Stammspieler in die Bundesliga auf, fand sich auch dort schnell zurecht. „Aus zunächst zwei geplanten Jahren in Mainz wurden fünf, irgendwann waren es schon sieben Jahre und dann am Ende elf“, so Bungert. Von Jahr zu Jahr sei ihm der Abschied unlogischer vorgekommen, obwohl er seine Heimat Bochum noch immer schätze. Gemeinsam mit seiner Frau und den Kindern fällte Bungert die Entscheidung, auch über das Karriereende hinaus in Mainz zu bleiben.
Eine Erfolgsgeschichte von Beginn an
Schon kurz nach seiner Ankunft in Mainz 2008 habe er sich wohl in der Stadt gefühlt, erinnert sich Bungert. „Der erste Eindruck war total schön: Ich habe damals in der Neustadt gewohnt, war gefühlt jeden Tag am Rhein und habe das richtig genossen.“ Auch sportlich lief es für den jungen Bungert beim FSV gut. „Weil Neven Subotic wenige Wochen nach meiner Ankunft zu Borussia Dortmund gewechselt ist und Bo Svensson damals noch verletzt war, war ich sofort Stammspieler neben Nikolce Noveski.“ Gleich in seiner ersten Saison bei den 05ern stieg Bungert als Stammspieler mit den Mainzern in die Bundesliga auf und rauschte mit dem Team bis ins Halbfinale des DFB-Pokals. Das schafften die 05er im Pokal weder vorher noch nachher.
Nach dem Karriereende im Mai 2019 brauchte Bungert Abstand, wollte endlich auch mal am Wochenende Zeit für seine Frau und die Kinder haben. Er entschied sich, als Trainee alle Abteilungen bei Mainz 05 zu durchlaufen, den Verein hinter den Kulissen kennenzulernen. Doch dann kam alles anders. Der FSV trennte sich im November 2019 von Trainer Sandro Schwarz, Achim Beierlorzer übernahm und Bungert sollte sein Co-Trainer werden – fand man zumindest bei Mainz 05. Niko Bungert willigte ein, wurde für rund neun Monate vorübergehend Assistenztrainer, die 05er hielten die Klasse.
„Bist du bescheuert!?“
Noch bevor Bungert im Herbst 2021 zum Vereinsbotschafter ernannt wurde, wartete noch eine Spezialmission auf ihn. „Ich war gerade auf dem Weg mit der Familie in den Sommerurlaub nach Österreich und hatte natürlich mitbekommen, dass es bei Mainz 05 einen großen Corona-Ausbruch in der Mannschaft gab“, so Bungert. Ein Großteil des Teams konnte plötzlich das erste Saisonspiel gegen den eh schon haushohen Favoriten RB Leipzig nicht bestreiten. Trainer Bo Svensson griff zum Telefon und erreichte die Familie Bungert im Auto irgendwo in Bayern: „Niko, ich brauche dich hier in Mainz“, habe ihm Svensson klar gemacht. Niko Bungert hatte darüber zwei Jahre nach seinem Karriereende zunächst nur lachen können: „Das ist nicht dein Ernst, Bo, ich kann nicht mehr länger als 20 Minuten spielen.“ Svensson entgegnete darauf: „Bist du bescheuert!? Ich brauche dich doch nicht als Spieler. Meine Co-Trainer sind in Quarantäne und du musst einspringen.“ Bungert sprang ein und eine Mainzer Notelf gespickt mit Amateurspielern gewann sensationell mit 1:o gegen Leipzig.
Inzwischen verläuft Bungerts Leben wieder ruhiger. Er kümmert sich als Repräsentant der 05er um Sponsorentermine, besucht Fanclubs, gibt Medien-Interviews oder geht an Schulen, um mit Kindern über Sport und Bewegung zu sprechen. Der Job sei umfangreich, aber deutlich familienfreundlicher. Doch nebenbei machte Bungert seine A-Lizenz als Trainer, seit Oktober nimmt er an einem DFB/DFL-Studium teil, um dort die Managementaspekte des Fußballs zu lernen. Der Trainerjob würde ihn irgendwann mal reizen, der des Sportdirektors vielleicht noch ein bisschen mehr, sagt Bungert.
Wird Bungert der Heidel-Nachfolger?
Christian Heidel hat schon mehrfach angekündigt, nicht bis ins hohe Alter Sport- und Kommunikationsvorstand beim FSV bleiben zu wollen. Sportdirektor und Ex-Trainer Martin Schmidt sagte vergangenen Woche gegenüber der „Bild“-Zeitung schon, er sehe sich mit Blick auf sein Alter nicht in der Rolle des Heidel-Nachfolgers. Beim FSV suche man perspektivisch für die Heidel-Nachfolge einen Kandidaten mit Stallgeruch. Dafür wäre Niko Bungert doch eigentlich wie gemacht, oder?
Bungert gibt sich diplomatisch: „Eins zu eins wird man Christian Heidel sowieso nicht ersetzen können, wenn er denn eines Tages wirklich mal hier aufhören möchte.“ Man müsse die Aufgabenbereiche des Mainzer Machers viel mehr auf mehrere Schultern verteilen, findet Bungert und fügt hinzu: „Christian wirkt auf mich aber nicht so, als würde er kurzfristig die Lust verlieren. Wir sind sehr froh, dass er hier ist. Wenn er eines Tages mal den Verein verlassen sollte, stehe ich gerne zur Verfügung eine der Personen zu sein, die dabei helfen, diese Lücke so gut wie möglich zu füllen.“