Mit Hacke und Spitze verbinden Fußballfans in der Regel Tricks von technisch versierten Teams, die ihnen zum Sieg verhelfen. Am Sonntag vergangene Woche (14. April) durfte man das mit der Hacke und der Spitze bei Mainz 05 wortwörtlich nehmen. Der Gegner hieß diesmal nicht Hoffenheim, sondern der Verlust der Biodiversität.
Schließlich veranstaltete Mainz 05 vorletzte Woche bereits zum vierten Mal seine Klimaverteidiger-Woche. An sieben Tagen bot der Verein für Mitglieder und teilweise Nicht-Mitglieder Veranstaltungen rund um Umwelt- und Klimaschutzthemen an – diesmal um das Thema Biodiversität. Die Abschlussveranstaltung stand allen Interessierten offen.
Fans und Profis begrünen Trainingsgelände
16 Fans trafen sich am Sonntagmittag mit zwei Mainz-05-Mitarbeitern und den Profis Jonny Burkardt und Daniel Batz am Stadion am Bruchweg, um die Ballfangzäune im nördlichen Bereich des Wolfgang-Frank-Campus, dem Mainz 05-Trainingsgelände, gemeinsam zu begrünen. Bis die Rank- und Kletterpflanzen hinter die Zäune in den Boden gesetzt werden konnten, waren einige Vorarbeiten nötig. Fans und Spieler hoben mit der Spitzhacke ein Quadratmeter große Löcher aus, die anschließend mit Astmaterial ausgelegt wurden. Dieses soll den Pflanzen später als langfristiger Dünger dienen. Die Pflanzen erhielten statt des Aushubs hochwertige Erde, für die kurzfristige Düngung sorgt frisch gemähter Bruchwegrasen.
Die ausgewählten Pflanzen wie zum Beispiel die Waldrebe sind Klettersträucher, die gewöhnlich an Bäumen emporklimmen. Sie werden sicherlich auch am Bruchweg den Ballfangzaun immer weiter einnehmen und mit ihren Blüten zahlreiche Bienenarten anziehen und damit für mehr Biodiversität sorgen.
Warum Insekten so wichtig sind
Aus den grauen Metallzäunen sollen in den nächsten Monaten und Jahren Lebensräume für zahlreiche Pflanzen und Tiere entstehen. Schließlich sind wir Menschen durch unser Handeln für einen Rückgang der biologischen Vielfalt, kurz Biodiversität, verantwortlich. Wir merken es vielleicht gar nicht, dass es um uns herum plötzlich nicht mehr zwitschert oder summt. Laut Max-Planck-Gesellschaft sind in den letzten hundert Jahren so viele Vogelarten verschwunden wie in den 3000 Jahren zuvor. Die Menge an Fluginsekten in Deutschland ist seit 1989 um mindestens 75 Prozent zurückgegangen. Aber warum schadet es, wenn es weniger Tiere und Pflanzen gibt?
Insekten sind wichtige Bestäuber, sie verbreiten Pflanzensamen oder bauen Abfallstoffe ab. Forschende nennen dies „Ökosystem-Dienstleistungen“ und ermitteln die Kosten, die der Verlust an Biodiversität verursacht. Laut Sciencedirect bestäuben Insekten beispielsweise drei Viertel aller Nutzpflanzen und erbringen für die deutsche Wirtschaft damit jährlich eine Dienstleistung in Höhe von 3,8 Milliarden Euro. Aus diesem Grund ist es wichtig, wieder Lebensräume für Fauna und Flora zu schaffen – zum Beispiel hinter den Trainingsplätzen von Mainz 05 auf dem Wolfgang-Frank-Campus.
Der Verein wird damit seinem Leitbild gerecht, das die Mitglieder 2021 verabschiedet haben. Umweltbildung ist Teil der gesellschaftlichen Verantwortung, die er sich mit dem Leitbild selbst auferlegt hat. Damit ist Mainz 05 Vorreiter in der Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung im Profisport, in dem zum Beispiel ein Bewusstsein für die Wichtigkeit von Biodiversität bei Fans und Mitgliedern geschaffen wird.
Über den Autor
Christoph Kessel ist in Mainz geboren und betreibt den Reise- und Fußball-Blog „Meenzer on Tour“ seit 2009. Der passionierte Mainz 05-Fan hat 2022 sein viertes Buch „Nachhaltigkeit würde der Liga guttun“ veröffentlicht.