„Mahnmal für die Menschlichkeit – Begräbnisstätte für Geflüchtete. An diesem Ort sind Menschen begraben, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben. Mögen sie in Frieden ruhen“ – das ist auf einem Banner über einem neuen Friedhof auf der Insel Lesbos zu lesen. Beerdigt werden hier ausschließlich Geflüchtete.
Eröffnet hat den Friedhof Gerhard Trabert, Mainzer Arzt und Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins Armut und Gesundheit (a+G). Er war im Sommer 2017 darauf aufmerksam gemacht worden, dass der Armenfriedhof der griechischen Insel ausgereizt und der Ausweichort wenig hergerichtet war. Trabert besuchte die Behelfsgrabstätte und hielt fest: Sie sei schwer zu finden und schlecht zugänglich gewesen. Außerdem habe man dort lediglich 87 „lieblose“ Grabhügel gesehen, deren Beschriftung unzureichend gewesen sei.
Mit mehreren anderen internationalen Organisationen arbeitete der Verein a+G laut eigener Aussage daraufhin daran, das Grabfeld „würdevoll gestalten zu dürfen“. Die Gräber wurden identifiziert, gereinigt und mit Stein umschlossen, Gestrüpp und Unkraut wurden entfernt. Inzwischen befinden sich auf dem neu gestalteten Friedhof fast 200 Gräber von Menschen aus unterschiedlichen Ländern, darunter auch Kinder.
Scharfe Kritik am neu beschlossenen Asylpakt
Die Organisatoren wollen den Verstorbenen damit „einen würdevollen Abschied ermöglichen und allen anderen das Sterben im Mittelmeer und in den menschenfeindlichen Camps an Europas Außengrenzen vor Augen führen“. Der neue Friedhof soll also auch eine Gedenkstätte sein – und zugleich ein „Zeichen der Solidarität, religions-, kultur- und statusübergreifend“.
In seiner Rede kritisierte Trabert den Asyl- und Migrationspakt, der eine Woche vor der Friedhofseröffnung vom Europäischen Parlament beschlossen wurde. Darin wird festgelegt, dass Asylverfahren künftig an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden sollen. Abgelehnte Asylbewerber sollen dann in weniger als 12 Wochen zurückgeschickt werden. Bis zu den Entscheidungen sollen die Menschen in Auffanglagern untergebracht werden. Der Mainzer Sozialmediziner nannte den Pakt „ein Abkommen, das eine massive Verletzung der Menschenrechte bedeutet. Europa verabschiedet sich damit von einer menschenrechtskonformen Flüchtlingspolitik.“
Mit dem Gedenken an die Menschen, die aus Notlagen fliehen mussten, wolle a+G ganz bewusst auch ein Zeichen gegen „diese unmenschliche Asylpolitik in Europa“ setzen. Es sei „unsere Pflicht, unsere soziale Verantwortung, für Geflüchtete, für Menschen auf ihrer Flucht vor Krieg, Umweltkatastrophen und existentiell bedrohlicher Armut da zu sein und sie zu schützen“. Außerdem stehe man in der sozialen Verantwortung, verstorbenen Geflüchteten eine respektvolle und würdevolle Bestattung zu ermöglichen.