Tonnenweise Ernteausfälle: Mainzer Bauern kritisieren Stadt

Mainzer Obstbauern beschweren sich, dass Krähen ihnen die Ernte auffressen. Dennoch ist es ihnen verboten, die Vögel zu vergrämen. Was sind die Gründe und was wird stattdessen getan?

Tonnenweise Ernteausfälle: Mainzer Bauern kritisieren Stadt

Das Obst ist ihre Lebensgrundlage, und nun müssen sie zusehen, wie es von mehreren Hundert Krähen aufgefressen wird. Mainzer Obstbauern beklagen momentan „extreme Fraßschäden“ auf ihren Feldern. Und beschweren sich, dass sie kaum etwas tun können.

„Akustische Vergrämungsmaßnahmen sind von der Mainzer Verwaltung komplett verboten worden“, sagt etwa Sven Schmitt, der erste Vorsitzende des Bauernvereins Mainz-Finthen, gegenüber Merkurist. Vor allem würden die Krähen die Erdbeeren und die gerade erst reif werdenden Kirschen zerstören. „Der Schaden bedeutet vor allem bei den Frühkirschen nicht selten einen Totalausfall“, so Schmitt. Er prognostiziert einen „herben Verlust“ der Ernte, „gerade in Zeiten, in denen Regionalität und Nachfrage nach heimischen Produkte zunehmend an Bedeutung gewonnen haben“.

Wildvögel könnten gestört werden

Tatsächlich ist die akustische Vergrämung nicht ganz verboten, also das Vertreiben der Vögel beispielsweise mittels Schussimitationen. Wie bei der Stadt Mainz zu erfahren ist, muss diese nur innerhalb der Brutzeit ausgesetzt werden – die allerdings eben genau in die jetzige Erntezeit fällt. Der Grund: Die Schussgeräusche könnten in der Brut- und Aufzuchtzeit die wildlebenden europäischen Vogelarten „erheblich beeinträchtigen“, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Und dies führe zu einem Verstoß gegen das Tötungsverbot gemäß des Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, §44 Abs. 1 Nr. 1).

Um den Landwirten die Schäden auszugleichen, gebe es Kompensationszahlungen des Gesetzgebers. Das Grün- und Umweltamt betrachte diese als „eine geeignete Maßnahme, um den Obstanbau als für die Vögel geeignete Habitat dauerhaft zu erhalten“, teilt die Stadt mit. Zudem sei die untere Naturschutzbehörde im Grün- und Umweltamt lediglich dafür zuständig, die Gesetze zu vollziehen. Kompetenzen, diese zu erlassen, habe sie nicht.

Kaum Entschädigungen, kritisiert der Bauernverband

Anders sieht das der Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd e.V. (BWV). Krähenschäden in der Landwirtschaft würden bisher nicht entschädigt werden. „Seit Jahren schicken wir dokumentierte Schadensfälle an das Umweltministerium in Mainz und haben mehrfach um Unterstützung zur Eindämmung der Schäden gebeten – passiert ist bislang aber nichts“, beklagte der Präsident Eberhard Hartelt vor kurzem. „Wenn die politisch Verantwortlichen dem starken Anstieg der Population von Raben- und Saatkrähe weiterhin untätig zusehen wollen, müssen sie auch für den Ausgleich der Schäden sorgen.“

So würde nicht nur Obst, sondern beispielsweise auch Zuckerrüben und Mais beschädigt. Hartelt sagt aber auch, dass Maßnahmen wie Schussapparate, Vogelscheuchen und Vogelattrappen bisher nicht zum gewünschten Erfolg geführt hätten. Daher forderte der BWV Abschussgenehmigungen für Saatkrähen und eine Aufhebung der Schonzeit bei der Rabenkrähe. Auch sollen sich Land und Bund dafür einsetzen, dass der „überholte Schutzstatus der Saatkrähe“ herabgestuft würde.

Auch in Lerchenberg, in der Hunderte von Tieren jedes Jahr nisten, wurde bereits festgestellt, dass Vergrämungsmaßnahmen nicht viel bringen. „Erfahrungen zeigen, dass bisher keine nachhaltigen Methoden der Vergrämung bekannt sind“, sagte Ortsvorsteherin Sissi Westrich (SPD) einmal gegenüber Merkurist.

Sie gefangen zu nehmen oder zu töten, ist jedoch weiterhin streng verboten. So sollen auch künftig die Saatkrähen nicht zum Abschuss freigegeben werden, so Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) im vergangenen Jahr. „Bei streng geschützten Arten haben wir als Land leider überhaupt keine Handhabe zu sagen, dass man diese Arten abschießt.“ Man könne nicht jede Art, bei der sich Populationen erholen, wieder ins Jagdrecht aufnehmen. Das sei so zudem im europäischen Artenschutzrecht festgelegt.

Logo