Wildschwein in Mainz erschossen: Musste das wirklich sein?

Ein Jäger erschoss in der vergangenen Nacht in der Mainzer Innenstadt ein Wildschwein. Zuvor hatte die Polizei rund um die Theodor-Heuss-Brücke nach dem Tier gesucht. Doch warum wurde das Tier sofort erschossen?

Wildschwein in Mainz erschossen: Musste das wirklich sein?

In der Nacht zum Donnerstag nahm der Spuk ein Ende: Nachdem ein Wildschwein seit einigen Nächten in der Nähe der Theodor-Heuss-Brücke für Aufsehen gesorgt hatte, wurde das Tier in der Nacht auf Donnerstag nun von einem Jäger erschossen. Zuvor hatten Polizisten Verkehrsachsen rund um die Brücke zeitweise gesperrt und das Tier mit Hilfe von Drohnen gesucht.

Letztlich war es ein Jäger, der das Wildschwein erschoss, nach Rücksprache mit der unteren Jagdbehörde und dem Tiernotdienst. Anders als in einer ersten Polizeimeldung stand, war das Tierheim Mainz nicht in die Entscheidung involviert, wie Polizeisprecher Markus Weyerhäuser am Donnerstag gegenüber Merkurist erklärte.

Wildschwein hätte auf Straßen rennen können

In sozialen Medien hinterfragen viele User derzeit, ob es wirklich notwendig war, das Tier zu töten. Polizeisprecher Weyerhäuser sagt dazu gegenüber Merkurist: „Die Gefahr, dass das Tier einen Menschen direkt angreift, war aus unserer Sicht nicht so groß.“ Mehr Sorge bereitete den Beamten die Möglichkeit, dass das Tier gefährlich in den Mainzer Straßenverkehr eingreift. „Wenn das Tier auf die Straße rennt und Autofahrer in Schleudern geraten oder eine Vollbremsung einlegen müssen, dann sprechen wir über eine sehr gefährliche Situation.“

Zur Wahrheit gehört auch: Wildschweine werden gejagt, weil es so viele von ihnen gibt. Selbst wenn das Wildschwein unter größtem Aufwand betäubt und im Wald ausgesetzt worden wäre – letztlich hätten Jäger das Tier dann wohl früher oder später dort erschießen dürfen. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Jäger erklärt Weyerhäuser zudem, dass das Tier wohl von seiner Rotte nicht mehr aufgenommen worden wäre. „Es wäre in diesem Fall womöglich qualvoll im Wald verendet“, so der Polizeisprecher.

Was hat das Wildschwein in der Innenstadt gesucht?

Warum das Wildschwein sich so tief ins Mainzer Stadtgebiet vorgewagt hat, ist noch unklar. Wie viele andere Tierarten hätten Wildschweine entdeckt, dass sie in Städten Nahrung finden und vergleichsweise wenige Gefahren drohen. So erklärt es Rainer Michalski von der NABU-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe gegenüber Merkurist. In den Innenstädten würden sich die Tiere dann von umherliegenden Lebensmittelabfällen ernähren. „Von daher kommen die Tiere in vielen Städten vor, leben allerdings meist in den Randbereichen und gerne in Waldnähe.“ So hatten Wildschweine in den letzten Jahren beispielsweise immer wieder auf dem Waldfriedhof in Mombach gewütet.

„Wenn ein Wildschwein in der City gesichtet wird, ist es wahrscheinlich auf der Nahrungssuche eher unabsichtlich in diese Situation geraten. Es mag aber durchaus sein, dass es sich mit dem Angebot vor Ort angefreundet hat und zumindest vorläufig zum Bleiben entschlossen ist“, sagt Michalski. In der Regel seien die Wildschweine scheu, daher scheint es nicht verwunderlich, dass Sichtungen in den vergangenen Tagen immer nach Einbruch der Dunkelheit gemeldet wurden.

Gefährlich für Menschen könne die Situation laut Michalski vor allem dann werden, wenn Menschen die Tiere aus falsch verstandener Tierliebe füttern. Wenn die Tiere Junge bei sich haben und sich in die Enge getrieben fühlen, könnten sie sogar angreifen. Michalski sagt: „Wildschwein und Mensch sprechen eben nicht dieselbe Sprache, was leicht zu Missverständnissen führt. Bei Begegnungen mit den Tieren sollte man sich daher ruhig zurückziehen.“