Influencerin berichtet über Leben in Mainz

Die Schule beenden, einen Flug buchen und im neuen Land jede Menge Spaß haben – so stellen sich viele ihr Studium im Ausland vor. Sofiia erzählt auf Instagram, wie sie ihre Zeit in Mainz erlebt, was am Anfang schwierig war und welche Tipps sie hat.

Influencerin berichtet über Leben in Mainz

Studieren im Ausland ist für viele junge Menschen ein Traum. Für die 19-jährige Sofiia aus St. Petersburg wurde dieser Traum zur Realität – im Dezember 2022 flog sie von St. Petersburg aus nach Mainz, seitdem studiert sie an der Johannes-Gutenberg-Universität Politikwissenschaften und Audiovisuelles Publizieren.

Auf Instagram postet sie regelmäßig Videos über ihren Alltag in Mainz und an der Uni. Dabei berichtet sie nicht nur über die schönen Seiten vom Leben im Ausland, sondern auch über Probleme und Schwierigkeiten. Im Gespräch mit Merkurist erzählt die 19-Jährige über ihre Anfangszeit in Mainz, wie sich das Leben in Mainz von dem in St. Petersburg unterscheidet und wie sie dazu gekommen ist, auf Social Media aktiv zu sein.

Merkurist: Hallo Sofiia. Du bist für dein Studium von St. Petersburg nach Mainz gezogen. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Sofiia: Ich wollte schon immer im Ausland studieren und habe mir schon während der Schulzeit darüber Gedanken gemacht, wo ich studieren könnte. Einige Verwandte von mir wohnen in Deutschland, deswegen dachte ich, dass es sich anbieten würde, in Europa zu studieren. Um meine Verwandten zu besuchen, war ich vor der Corona-Pandemie mit 16 Jahren zum ersten Mal in Mainz und Frankfurt. Meine Wahl fiel dann auch zwischen den beiden Städten. Frankfurt mochte ich auch, aber letztlich entschied ich mich für Mainz, da ich die Vibes hier mehr mochte und mich sicherer fühlte.

Du warst also schon vor deinem Studium zu Besuch in Mainz. Was waren deine ersten Eindrücke von der Stadt?

Meine Tante zeigte uns die Stadt und ich fand die Architektur und Ästhetik sehr schön. Ich kann mich noch gut an den Fastnachtsbrunnen am Schillerplatz erinnern. Auch ans Café Blumen habe ich noch schöne Erinnerungen und an den leckeren Kuchen, den es dort gab. Außerdem weiß ich noch, wie ich am Rhein entlangspaziert bin und die schöne Landschaft gesehen habe.

Was sind die größten Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und dem in Sankt Petersburg?

Am schwierigsten fand ich es, mich daran zu gewöhnen, dass die Häuser hier so klein sind. In St. Petersburg lebte ich im 14. Stockwerk in einem Wohnhaus mit 16. Stockwerken. Ich kann mich noch daran erinnern, die Fenster zu öffnen und die Aussicht zu sehen Im Vergleich dazu wirkt Mainz oft sehr klein. Außerdem ist das Leben in St. Petersburg viel schneller, vor allem an die Öffnungszeiten in Mainz musste ich mich gewöhnen. In St. Petersburg haben die Geschäfte auch spät abends noch offen und auch sonntags. Dafür ist es in Mainz sicherer. Wenn man in einer großen Stadt wohnt, gibt es immer auch kriminelle Viertel, hier in Mainz fühle ich mich aber überall wohl.

Auch an der Uni gibt es einige Unterschiede. Das System in Russland ist schwieriger: Es ist einerseits härter, an die Uni zu kommen, andererseits ist es auch schwieriger, das Studium zu bestehen. Man muss innerhalb von vier Jahren seinen Abschluss machen, der Studiengang bleibt also über die gesamte Zeit zusammen. In Deutschland trifft man viele Leute, die ihren Studiengang wechseln und länger studieren. In Russland hingegen muss man einen bestimmten Plan befolgen und kann Klausuren nicht einfach schieben. Es ist auch nicht üblich, seinen Studiengang zu wechseln: In Deutschland hat fast jeder sein Fach einmal gewechselt und unterschiedliche Dinge studiert. Das war überraschend für mich.

Gibt es auch Dinge, die dir an Mainz überhaupt nicht gefallen?

Am Anfang war es wirklich schwer für mich, mit den Streiks umzugehen. In Russland nehme ich normalerweise die U-Bahn, hier musste ich erstmal das Bus-System verstehen, oft fallen die Busse auch aus. Einmal musste ich vom Studienkolleg aus in meine Wohnung zurücklaufen, weil alle Busse ausfielen, das war echt nervig.

Welche Erwartungen hattest du an deine Zeit in Deutschland? Hast du das Gefühl, dass sie erfüllt wurden?

Vorher hatte ich durch Filme und Serien eine bestimmte Vorstellung davon, wie es ist, im Ausland zu studieren. Vor allem das erste Semester war wirklich schwer. Ich dachte, es wäre viel leichter, Freunde zu finden. Da ich noch nicht gut Deutsch konnte, wusste ich nicht, wie ich eine Unterhaltung anfangen soll und konnte die Professoren nicht genau verstehen. Ich hatte zwar im Studienkolleg Deutsch gelernt, aber das war Unterricht für internationale Studenten und nicht für Muttersprachler.

Ich kann mich noch an meinen ersten Tag erinnern: In Russland studiert man meist in Gruppen von 25 bis 30 Studenten, hier waren wir 150 Leute in der Vorlesung. Viele waren schon in höheren Semestern und kannten sich, während ich noch im ersten Semester war. Ich war geschockt, denn in Russland bleibt man innerhalb eines Studiengangs immer in der gleichen Gruppe und hat den gleichen Stundenplan wie seine Kommilitonen. Und hier studiert man, hat einen unterschiedlichen Stundenplan und trifft in den verschiedenen Vorlesungen verschiedene Leute. Ich hatte schon davon gehört, dass es anfangs schwer wird, war dann aber trotzdem erstmal überfordert.

Was hat dir in dieser schwierigen Anfangszeit geholfen?

Am meisten hat mir geholfen, auf Instagram über meine Probleme zu reden. Ich war schon in Russland aktiv auf Instagram, aber da habe ich mehr allgemeine Videos von meinem Tag gepostet. Als ich dann anfing in Deutschland zu studieren, erzählte ich erstmal allen in meinem Umfeld darüber, wie schwierig es war, hier anzukommen. Irgendwann hatte ich niemanden mehr, dem ich es sonst noch sagen konnte. Also entschloss ich mich, ein Video darüber zu machen und postete es.

Was passierte dann?

Das Video wurde über anderthalb Millionen mal geklickt. Ich war auch beeindruckt von dem Feedback, viele Leute schrieben mir, dass sie die gleichen Erfahrungen gemacht hatten. Dadurch lernte ich dann auch wieder neue Leute kennen und es wurde leichter. Teilweise schrieben mir Leute aus meinem Seminar, teilweise auch einfach Mainzer, die überrascht waren, ihre Stadt in meinen Videos zu sehen.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, auf Instagram auch negative Erfahrungen zu teilen. Nur so wissen andere, dass sie nicht alleine mit ihren Problemen sind. Normalerweise werden auf Instagram nur die schönen Seiten vom Leben gezeigt, negative Dinge werden ausgeblendet. Wenn man dann nur glückliche Menschen sieht, fühlt man sich noch schlechter und fragt sich, was falsch mit einem selbst ist. Mit ist es wichtig zu zeigen, dass verschiedene Erfahrungen und Gefühle in Ordnung sind: Negative Emotionen sind auch ok und dürfen existieren.

Hast du Tipps für Leute, die auch mit dem Gedanken spielen, in Deutschland zu studieren?

Lernt Deutsch! In Russland habe ich zwar einen Deutsch-Sprachkurs gemacht, aber dabei nicht viel Deutsch gelernt. Wenn man die Sprache versteht, fühlt man sich auch selbstbewusster. Außerdem ist es gut, schon mal im Heimatland nach Freunden zu suchen, die gemeinsam mit einem ins Ausland reisen. Ich hatte eine Freundin aus Russland – das war sehr hilfreich, am Anfang auch jemanden zu haben.

Der beste Rat ist aber, keine großen Erwartungen zu haben. Es ist wichtig, sich darauf vorzubereiten, dass es am Anfang schwierig werden kann. Man lebt ja alleine in einem fremden Land und das ist nicht immer so einfach, wie es in TV-Shows immer aussieht. Vor allem der Anfang kann echt hart werden. Auch im Alltag wird man mit Herausforderungen konfrontiert.

Welche anderen Länder und Städte würdest du gerne mal besuchen?

Ich mag die USA sehr gerne, vor allem New York. Es war immer mein Gossip-Girl-Traum, einmal New York zu besuchen. Letztes Jahr konnte ich Paris besuchen, dass war auch ein Traum von mir, der sich erfüllt hatte. Vor kurzem war ich in München beim Taylor-Swift-Konzert. Die Stadt hat mich schon seit langem interessiert, aber ich war noch nicht vorher da.

Hast du vor, nach deinem Studium in Mainz zu bleiben oder willst du in eine andere Stadt ziehen?

Im Moment ist es schwer für mich, das zu planen. Gerade überlege ich auch, meinen Studiengang zu wechseln. Deswegen ist es schwer zu sagen, wo ich in Zukunft studieren will. Ich will aber erstmal in Mainz bleiben und dann weitersehen.

Vielen Dank für das Gespräch!