Kritik nach „Summer in the City“-Konzert am Rheinufer

Hinter der letzten Reihe statt vor der Bühne: Beim „Summer in the City“-Konzert von Elif an den Treppen am Fort Malakoff gab es für den Wiesbadener Konstantin Tskhviravashvili keine freie Platzwahl. Was der Veranstalter sagt.

Kritik nach „Summer in the City“-Konzert am Rheinufer

Auf dieses Konzert hatte sich der Wiesbadener Konstantin Tskhviravashvili (33) besonders gefreut: Am Donnerstag, 8. August, trat die Sängerin Elif beim Format „Summer in the City – at the river“ an den Treppen am Fort Malakoff auf. „Ich bin kein Riesenfan, aber ich feiere ihre Musik sehr“, erzählt Tskhviravashvili gegenüber Merkurist. Die Karten hatte er im Mainzstore in der Altstadt gekauft. Dort habe man ihm auch gesagt, dass es zwar eine Rollstuhlfahrerloge, aber prinzipiell freie Platzwahl gebe.

Der 33-Jährige sitzt im Rollstuhl und besucht häufiger Konzerte – gerade in Mainz. Denn hier studiert er an der Johannes Gutenberg-Universität Informatik. So war er beispielsweise auch beim „Summer in the City“-Konzert von Johnny Depps Gruppe Hollywood Vampires im vergangenen Jahr im Mainzer Volkspark. Auch dort habe es zwar eine Rollstuhlfahrerloge gegeben, doch das Konzert habe er direkt an der Bühne verfolgen können.

Rollstuhlfahrerloge hinter der letzten Reihe

Um auch beim Elif-Konzert einen möglichst guten Platz zu bekommen, sei Tskhviravashvili schon kurz nach offiziellem Einlass gegen 17:30 Uhr auf dem Veranstaltungsgelände angekommen; das Konzert sollte um 19 Uhr beginnen. Die Rollstuhlfahrerloge befand sich ganz oben hinter der letzten Treppenstufe, war nicht erhöht, sondern auf dem Boden eingezeichnet, wie Tskhviravashvili erzählt. „Ich wollte lieber möglichst nah an die Bühne kommen. Es gab ja freie Platzwahl.“ Daher habe er eine Besucherin gefragt, ob sie mit ihm vorne rechts zur Absperrung gehen könne, von wo aus man vor die Treppenstufen und damit direkt an die Bühne kommen konnte.

Die Besucherin habe Tskhviravashvili dabei geholfen, seine Karte noch einmal aus dem Rucksack zu holen. Ein Security-Mitarbeiter habe vorne dann den Zaun kurz zur Seite gehoben und ihn in den Bereich vor die Bühne fahren lassen. „Ich stand dann voller Vorfreude an der Bühne. Es war kurz vor 6 und noch wenig los.“ Auch am Ticketschalter hatte man ihm bereits gesagt, dass es noch um die 120 freie Plätze gebe. Ausverkauft sei das Konzert also nicht gewesen.

„Stelle ich eine Gefahr dar?“

Kurz darauf seien dann allerdings zwei Security-Leute und eine Frau zu ihm gekommen, die sich als Veranstaltungsleiterin zu erkennen gegeben habe. „Ich wurde darauf hingewiesen, dass ich hier falsch bin. Die Leiterin sagte: ‘Sie wissen schon, dass die Rollstuhlfahrerplätze da hinten sind?’ Ich habe geantwortet, dass ich mich nicht verlaufen habe, sondern bewusst nach vorne gefahren bin.“

Daraufhin habe die Leiterin gesagt, dass es nicht mit dem Sicherheitskonzept vereinbar sei, wenn Rollstühle in dem Bereich vor der Bühne stehen. „Ich habe sie dann gefragt, wo das Problem sei. ‘Stelle ich eine Gefahr dar?’“ Tskhviravashvili habe angeboten, sich seitlich vor der Bühne zu stellen, wo zu diesem Zeitpunkt niemand anderes stand. Es sei ihm aber sinngemäß gesagt worden, dass der Rollstuhl im Falle einer Panik eine Stolperfalle darstelle.

Jedes Weinfest „gefährlicher“

Den Auftritt musste der Wiesbadener also schließlich hinter der letzten Reihe verfolgen. Zwar sagt er: „Das Konzert war super. Ich hab es nicht bereut, hinzugehen.“ Doch an Merkurist habe er sich nun gewandt, weil er das Sicherheitskonzept nicht „besonders inklusiv“ finde. „Es war überhaupt nicht voll, sondern einfach gemütlich. Weder habe ich mich bedroht gefühlt noch habe ich eine Gefahr für irgendjemanden dargestellt.“ Jedes Weinfest sei demnach ‘gefährlicher’. „Wenn ich spät angereist wäre und unten sichtbar viel los gewesen wäre: Kein Problem. Ich will ja niemandem den Platz wegnehmen. Dann wäre ich direkt oben geblieben.“

Den Mitarbeitern wolle er keinen Vorwurf machen, sondern eine Debatte anstoßen. „Ein Rollstuhl wird oft als eine Art Möbelstück gesehen, das gerne mal in die allerletzte Reihe befördert wird.“ Rollstuhlfahrer würden oft über einen Kamm geschert. „Natürlich gibt es auch Menschen, die das Konzert lieber gemütlich von der letzten Reihe aus verfolgen. Aber ich bin gerne mittendrin im Geschehen. Uns wird in solchen Fällen einfach die Entscheidungsfreiheit genommen.“

Was der Veranstalter sagt

Was sagt der Veranstalter zu der Kritik? Auf Merkurist-Anfrage teilt Mainzplus Citymarketing mit: „Für jedes Konzert gibt es Sicherheitsbestimmungen, die aufgrund verschiedener Faktoren mit den Behörden festgelegt werden.“ Hierbei spielten unter anderem die Besucherkapazitäten und die individuellen Gelände-Gegebenheiten eine wichtige Rolle. „Die Rheinbühne, ein Gelände mit Stufen, weist andere Gegebenheiten auf als beispielsweise die Zitadelle oder der Volkspark.“ Dabei spiele es für die Sicherheitsbestimmungen keine Rolle, wie viele Besucher tatsächlich vor Ort sind. „Auf der Malakoff-Terrasse muss der Bereich vor der Rheinbühne von der Feuerwehr jederzeit befahrbar sein, dies ist eine verkehrsbehördliche Anordnung.“

Generell lege Mainzplus „großen Wert“ auf Inklusion. „Jedoch ist es ein Abwägen, auf der einen Seite die Sicherheitsbestimmungen zu beachten und auf der anderen Seite aber auch ein unvergessliches Konzerterlebnis für jeden zu ermöglichen.“ Man bemühe sich, jedem freie Sicht auf die Bühne und kurze Wege zu barrierefreien Toiletten und zu den Notausgängen zu schaffen. „Wir setzen uns regelmäßig mit Inklusion auseinander und sind in direktem Kontakt mit Menschen mit Behinderung.“

Ist es dennoch möglich, dass die Sicherheitsbestimmungen für Rollstuhlfahrer im nächsten Jahr geändert werden, falls die Veranstaltung am Rheinufer wieder stattfindet? Inklusion sei ein andauernder Prozess, an dem man wachsen und sich weiterentwickeln wolle, so Mainzplus Citymarketing. „Daher ist dem Veranstalter jegliche Kritik an dieser Stelle wichtig, um auch künftig die Voraussetzungen für Inklusion bei den eigenen Konzerten und Veranstaltungen weiter optimieren zu können.“