Hilmar (73) verkauft seit 59 Jahren Zugplaketten in Mainz

Vor 59 Jahren fing er an, Zugplaketten zu verkaufen. Heute steht Hilmar Frölich immer noch täglich vor der Römerpassage. Im Interview mit Merkurist erzählt er, warum er immer dabeigeblieben ist und wieso er einen Großteil seiner Einnahmen spendet.

Hilmar (73) verkauft seit 59 Jahren Zugplaketten in Mainz

Als Hilmar Frölich (73) zum ersten Mal Zugplaketten verkaufte, hieß der Bundeskanzler Ludwig Erhard, John F. Kennedy war zwei Monate zuvor erschossen worden und Finthen, Hechtsheim und Laubenheim gehörten noch nicht zu Mainz. Es war am 14. Januar 1964 – und Frölich 14 Jahre alt. „Ich war mit meinen Eltern einige Jahre zuvor von Friedberg nach Mainz gezogen“, erzählt er im Gespräch mit Merkurist.

Dass die Familie dann am Flachsmarkt wohnte, sollte großen Einfluss auf Hilmars künftiges Leben haben. Denn damals löste sich dort der Rosenmontagszug auf, außerdem saß der Mainzer Carneval-Verein (MCV) direkt nebenan. Da bot es sich an, das erste eigene Geld mit Plakettenverkaufen zu verdienen. „Das war damals noch ein typischer Schülerjob“, so Frölich. Zunächst habe er noch gewisse Startschwierigkeiten gehabt. „Ich war mit 14 Jahren schon fast zu alt. Die anderen Verkäufer waren eher 10 Jahre alt – und haben mehr verkauft als ich.“ In einer Stunde sei Frölich zwei Plaketten losgeworden. „Die kosteten damals eine Mark. 20 Prozent konnten wir behalten, das ist auch heute noch so.“

Seit 1964 jedes Jahr Plaketten verkauft

Zunächst verkaufte Frölich nur einige Hunderte Plaketten pro Kampagne, später wurden es mehrere Tausend. Was als Schülerjob begann, machte Frölich auch weiter, als er einen Hauptjob hatte – natürlich als Verkäufer. „Ich habe unter anderem beim Mainzer Lebensmittelladen Rolf Werum gearbeitet. Ich verkaufe einfach sehr gerne.“ Mit dem Plakettenverkaufen aufzuhören, sei deshalb nie eine wirkliche Option gewesen. „Mein Motto ist: Ich bin zwar nicht in Mainz geboren, aber ich tue was für die Mainzer Fastnacht.“ Seit 1964 habe er keine Kampagne verpasst.

Doch warum steht er auch mit 73 Jahren immer noch täglich drei Stunden in der Kälte? Frölich sagt: „Finanziell bräuchte ich es nicht mehr, weil ich genug gespart habe.“ Aber: „Für mich ist es ein Freizeitvergnügen, man kommt an die frische Luft.“ Nur an den Weihnachtsfeiertagen und an Sonntagen macht Frölich Pause. Früher habe er unter anderem am Holzturm und im Schloss verkauft, heute steht er vor der Römerpassage. „Hier laufen die meisten Passanten vorbei.“

Mit Plaketten-Klaus befreundet

Mittlerweile gebe es nur noch wenige Plakettenverkäufer, den meisten sei es einfach zu viel Arbeit. Mit dem wohl bekanntesten Verkäufer aller Zeiten, „Plaketten-Klaus“ Klaus Eigenbrodt, sei er gut befreundet gewesen. „Ich vermisse ihn. Die Leute auch.“ Nun sehen ihn viele Mainzer als Nachfolger von Eigenbrodt. „Ich verkaufe aber abends nicht in den Lokalen.“

Das liege vor allem daran, dass er seit 33 Jahren auf der anderen Rheinseite in Gustavsburg wohnt und täglich zum Plakettenverkaufen nach Mainz pendelt. Doch wie lange noch? „Seit einigen Jahren habe ich Parkinson, auch Probleme mit dem Rücken. Es fällt zunehmend schwerer.“ Nächstes Jahr wird er wohl wieder vor der Römerpassage stehen – „soweit es die Gesundheit zulässt“. Und dann? „Das weiß ich noch nicht.“

Schon 10.000 Euro gespendet

Die Mainzer Zugplaketten kosten 6 Euro und werden vom 11.11. bis Rosenmontag verkauft. Der Erlös fließt in die Finanzierung des Umzugs, 1,20 Euro können die Verkäufer selbst behalten. Davon spendet Frölich mittlerweile einen Euro für gute Zwecke, nur 20 Cent pro Plakette behält er selbst.

Im vergangenen Jahr spendete er 5800 Euro an das Mainzer Tierheim und 4200 Euro an den Mainzer Schwimmverein. Auch in diesem Jahr will er wieder einen Großteil seiner Einnahmen an das Tierheim spenden. „Ich liebe Tiere einfach, habe selbst zwei Katzen.“

Die Spenden haben auch einen traurigen Hintergrund: Vor zwei Jahren starb Frölichs Frau. „Wir haben immer sehr sparsam gelebt. Ich habe keine Kinder und keine näheren Verwandten“, sagt Frölich. „Deshalb bestimme ich jetzt lieber selbst, was mit dem Geld passiert.“

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