Echo-Skandal und Antisemitismus-Vorwürfe: In den vergangenen Jahren sorgte der Rapper Kollegah eher für Kontroversen als für Charterfolge. Das hat sich jetzt allerdings wieder geändert: Sein Anfang Juli veröffentlichtes Album „La deutsche vita“ landete auf Platz 1 der deutschen Charts. Es ist das sechste Nummer-1-Album von Felix Blume, wie Kollegah mit bürgerlichem Namen heißt. Auf dem Track „Erfolgsspur“ blickt der Rapper zurück und bezeichnet sich dort als „Junge aus Mainz“. Dabei wurde Blume in Friedberg geboren, wuchs im Hunsrück auf und lebt seit längerem in Düsseldorf. Warum also Mainz?
Dass Kollegah ab dem Wintersemester 2009/10 als Jurastudent an der Johannes Gutenberg-Universität eingeschrieben war, dürfte vielen bekannt sein. Laut eigener Aussage war er etwa zwei, drei Mal im Jahr für Prüfungen an der Mainzer Uni, den Rest habe er zu Hause erledigt. Seit 2014 soll er scheinfrei sein, das erste Staatsexamen hat er bis heute aber nicht gemacht. „Kein Anwalt in Deutschland verdient auch nur annähernd so viel wie der Boss“, erklärte er einmal in einem Interview. Immerhin habe er sich an der Uni wohl gefühlt: „Die Rap-Szene ist schon viel kaputter. Als ich das Studium begonnen habe, war das wie eine Wellness-Therapie. Es war so entspannend, endlich halbwegs normale Menschen zu treffen.“
„Ich bin in Mainz der King“
Doch Kollegahs erste Verbindungen nach Mainz liegen deutlich weiter zurück als die gelegentlichen Uni-Besuche. 2003 fing Blume mit dem Rappen an (zunächst noch als T.O.N.I.) und schaffte sich mit frei zugänglichen Songs im Internet seine ersten Fans. Ab 2004 hatte er erste Auftritte in Frankfurt und Mainz. Ab 2005 machte er sich einen Namen als „Mainzer Rapper“.
In seinen frühen Tracks ist der „King“, wie eines seiner Nummer-1-Alben heißt, eher der Mainzer Provinzkönig. 2005 rappte er: „Ich bin in Mainz der King, du bist ein kleines Kind aus der Kleinstadt Bingen.“ Im gleichen Jahr hieß es: „Keine Stadt ist harmloser als Hamburg, doch Mainz steht für Gunshots und Crime so wie Frankfurt am Main.“
Überregional bekannt wurde Kollegah durch den sogenannten „Mainzer Beef“ (Streit) mit dem Rapper Separate. In „Ein guter Tag zum Sterben“ (2007) ging Blume unter die Gürtellinie seines Kontrahenten und behauptete: „Der hat Typ nur ein Ei im Hodensack […]. Das ist kein Witz. Das ist ’ne bekannte Tatsache in Mainz.“
Diss gegen Hechtsheim
In diesem Ton ging es weiter: „[...] doch auch in deinen Kuhkaffstraßen gibt sich niemand deinen Strichersound, weil sich mit dem schlechtgereimten, dreckigen Müll nicht mal der letzte scheiß Bauer aus Hechtsheim beschäftigen will.“ Auch im weiteren Verlauf des Tracks schießt sich Kollegah auf den Mainzer Stadtteil Hechtsheim und seine Bewohner ein: „Erbärmliche Punks, mit 30er-Oberarm, die 25 in der 30er-Zone fahrn, Hosen tragen, wie sie in den 30ern Mode warn, in nem Kaff vor Mainz wohn’ und mit 30 noch Moped fahrn.“ Oder: „Ey, der kraftsporttreibende, druglordseiende, slut-ohrfeigende Separate-Zerficker, kommt mit Messerstechern dicker als Traktorreifen in ein Kaff vor Mainz und lässt Baggyträger zittern.“ Auch im gesprochenen Teil von „Tag zum Sterben“ lästert er über den „scheiß 500-Seelen-Ort vor Mainz“. Dabei hat Hechtsheim rund 15.000 Einwohner.
Ob Kollegah auch in Mainz gelebt hat, ist unklar. Laut „Bild“-Interview soll er 2013 zumindest in Wiesbaden gewohnt haben. Auf die Frage, ob ihm die Stadt nicht zu langweilig sei, antwortete er: „Nein, ich will meine Ruhe haben, gehe abends eher selten aus.“ Im Wikipedia-Artikel heißt es allerdings, dass er seit 2007 in Düsseldorf lebt.
Zum – bis jetzt – letzten Mal erwähnte Kollegah Mainz in dem Track „Westside“ (2009): „Ich komm mit Ghetto-Hustlern, Kollegah der Boss in den Streets wie ein Presslufthammer! Das ist für G's, die in Zellen sitzen wie ,Ectoplasma' – von Frankfurt am Main, Mannheim bis Mainz!“ 2009 war er schon bundesweit bekannt – und aus dem ehemaligen Kleinkriminellen wurde der Mainzer Jurastudent.