Riesen-Aufregung um einen neuen Carsharing-Standort in der Mainzer Innenstadt: In der Heidelbergerfaßgasse hat sich der Anbieter „book-n-drive“ seit Kurzem zwei Parkplätze gesichert. Doch weil dies „quasi über Nacht“ geschah, wie einige Anwohner angeben, tappten offenbar viele Autofahrer in die Falle – ihre Fahrzeuge wurden abgeschleppt.
Frust über abgeschleppte Autos
So ging es auch der Mainzerin Estrella. „Es ist einfach frustrierend und unfair! Ohne jegliche Vorwarnung oder Information wurden zwei Parkplätze in unserer Straße für Carsharing reserviert. Als Anwohner erfährt man davon nur, wenn das eigene Auto plötzlich abgeschleppt wird.“ Und auch Leser Bud kritisiert die Umwidmung der Stellplätze: „Frechheit, was sich die Stadt wieder erlaubt hat. In einer Nacht- und Nebel-Aktion die Schilder ausgewechselt. Keine Bodenmarkierung. Es werden am am Tag ca. 8 Fahrzeuge abgeschleppt. Auch sehr viele Anwohner. Abschleppunternehmer freut sich.“
Rein rechtlich gesehen gibt es in diesem Fall jedoch nichts zu beanstanden. Denn ein Schild, das auf die Carsharing-Parkplätze hinweist, wurde vorab installiert.
Auf Anfrage zu den Stellplätzen in der Heidelbergerfaßgasse hin erklärt „book-n-drive“: „Die Stellplätze sind als Carsharing-Stellplätze beschildert und so gut erkennbar.“ Zudem werde oftmals zusätzlich von der Stadt der Schriftzug „Carsharing“ auf die Bodenfläche der Stellplätze angebracht.
Doch gerade dieser Schriftzug war bis zuletzt noch nicht zu sehen. Die Stadt Mainz wollte hier noch einmal nachbessern und den Bereich, der für die Carsharingautos vorgesehen ist, klar kennzeichnen. Die Markierungsarbeiten fanden nun in der letzten Woche statt, wie eine Mitarbeiterin der Stadtpressestelle mitteilt.
Abschleppunternehmen sofort vor Ort
Einige verwundert jedoch die Geschwindigkeit, mit der das Abschleppunternehmen vor Ort sein soll, um die widerrechtlich abgestellten Autos an den Haken zu nehmen. Wie ein Anwohner gegenüber Merkurist erzählt, würde ein bestimmtes Unternehmen geradezu darauf „lauern“, dass ein unbefugtes Fahrzeug auf den Carsharing-Parkplätzen abgestellt werde, um es dann abzuschleppen. Ein Mitarbeiter des Unternehmens hätte dafür sogar mit dem Abschleppwagen im Halteverbot geparkt, um sofort „zuschlagen“ zu können, so der Anwohner. Man bekomme zudem den Eindruck, dass das Unternehmen „Streife fährt“, um ja keinen Parksünder zu verpassen. Doch stimmt das?
Bei einer Merkurist-Stippvisite konnte vor Ort tatsächlich ein Wagen des Abschleppunternehmens gesichtet werden. Dabei stieg der Fahrer des Abschleppautos aus, um ein Fahrrad von den „book-n-drive“-Plätzen zu entfernen und auf den Bürgersteig zu stellen. Zwei Autos, die innerhalb dieser halben Stunden widerrechtlich auf den Carsharing-Parkplätzen hielten, erwischte der Mitarbeiter nicht.
So läuft das mit dem Abschleppen
Wie wird nun aber ein Abschleppvorgang initiiert? Auf die Frage: „Wer kontrolliert hier, ob Autos widerrechtlich abgestellt wurden?“, bleibt der Carsharing-Anbieter „book-n-drive“ nur vage: „Wenn ein Fremdparker widerrechtlich unsere Carsharing-Stationen belegt, dann kann es gut vorkommen, dass der Fremdparker abgeschleppt wird, analog, wenn ein Fremdparker auf einem Taxi-Stellplatz steht.“
Die Stadt Mainz erklärt auf Nachfrage zu dieser Problematik zunächst ganz allgemein, dass bei einem gemeldeten Parkverstoß „schnellstmöglich eine Kontrolle durchgeführt“ werde. Sollte tatsächlich ein Verstoß festgestellt werden, würde das Fahrzeug verwarnt und abgeschleppt. Dabei würde „book-n-drive“ über Maßnahmen der Verkehrsüberwachung nicht informiert. „Uns liegen jedoch Hinweise vor, dass ‘book-n-drive’ die ihnen zugeordneten Carsharing Parkplätze auch eigenständig überwacht und unberechtigt parkende Fahrzeuge abschleppen lässt.“
Demnach würde sich der Carsharing-Anbieter also nicht nur darauf verlassen, dass die städtische Verkehrsüberwachung die Parksünder aus dem Verkehr zieht und stattdessen mit Hilfe des Abschleppunternehmens selbst aktiv werden.