Immer mehr Insekten werden in der EU als Lebensmittel zugelassen – so etwa der gelbe Mehlwurm, die Europäische Wanderheuschrecke und der Buffalowurm. Wie die Verbraucherzentrale informiert, dürfen sie auch Produkten wie Backwaren, Nudeln und Fleischersatzprodukten zugesetzt werden. Im Januar 2023 wurde zusätzlich teilweise entfettetes Pulver der Hausgrille zur Verarbeitung in Lebensmitteln genehmigt. Kann es sein, dass wir jetzt ungeahnt Grillen mitessen?
Zunächst kann Entwarnung gegeben werden: Ohne Kennzeichnung dürfen Insekten in Speiseprodukten nicht vorkommen. Die Nennung von Insekten in der Zutatenliste ist relativ eindeutig, das jeweilige verarbeitete Tier muss mit dem wissenschaftlichen und dem deutschen Namen aufgeführt werden. Wenn Grillenpulver in einem Lebensmittel enthalten wäre, müsste also beispielsweise „Acheta domesticus (Hausgrille)“ im Zutatenverzeichnis stehen.
Doch wer sich nicht immer die Mühe machen will, die Rückseite der Lebensmitteletiketten zu studieren, kann in Mainz ebenfalls weiterhin unbesorgt einkaufen – das trifft zumindest auf die Eigenmarken der großen Supermarktketten zu. Die Pressesprecher von Kaufland, Rewe, Aldi Süd und Alnatura antworteten auf Anfrage von Merkurist einhellig, dass in den jeweiligen Eigenmarken-Produkten derzeit keine Speiseinsekten verwendet würden.
Das sagen die Supermarktketten
Die Kaufland-Pressesprecherin Alisa Götzinger führte aus, dass dies auch für die Backwaren in den hauseigenen Backshops gelte. Außerdem sei auch nicht geplant, Insektenbestandteile in die Produkte zu integrieren.
Die Rewe-Group habe sich umfassend mit dem Thema beschäftigt und sehe für die Verarbeitung von Insekten in Lebensmitteln „nur eine geringe Relevanz“, sagt Pressesprecher Thomas Bonrath. Darum gebe es auch hier keine Pläne, sie bald in eigene Produkte zu integrieren.
Julia Leipe von Aldi Süd bestätigte ebenfalls, dass kein Insektenpulver in den Eigenmarken-Lebensmitteln der Kette zu finden sei. Dies könne man anhand der Etiketten verifizieren.
Die Alnatura-Sprecherin Stefanie Neumann begründete das Nein zu Speiseinsekten in jeglicher Form folgendermaßen: „Unter der Marke Alnatura gibt es ausschließlich Bio-Produkte. Auch für die Haltung und Verarbeitung von Insekten wären verbindliche Bio-Richtlinien notwendig, die es aber aktuell noch gar nicht gibt.“
Vor- und Nachteile von Speiseinsekten
Die Zukunft für Speiseinsekten in Lebensmitteln auf dem deutschen Markt scheint nach diesen Antworten nicht allzu rosig auszusehen. Doch wie die Verbraucherzentrale informiert, punkten Grillenpulver und Co. nicht nur mit vergleichsweise hohem Proteingehalt, sondern auch mit umweltfreundlicherer Produktion als Fleisch. So brauchen sie etwa weniger Platz und Wasser als Rinder, Schweine oder Hühner und verursachen weniger Treibhausgas-Emissionen. Auch in puncto Nachhaltigkeit bieten Insekten Vorteile, da ihr essbarer Anteil mit etwa 80 Prozent deutlich größer ist als der von anderen Tieren.
Kritiker sehen allerdings die benötigte Betriebstemperatur für die Zucht von Insekten problematisch. In den Betriebsstätten sind etwa 25 bis 30 Grad Celsius notwendig. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob die Bereitschaft, Insekten zu essen und zu verarbeiten, angesichts dieser Vor- und Nachteile noch zunehmen wird.