Waschbär in Mainzer Altstadt aufgetaucht

Er klettert durch die Bäume und beäugt das Geschehen von oben: In der Mainzer Altstadt ist ein Waschbär aufgetaucht. Warum der süße Bär mit den Knopfaugen und dem geringelten Schwanz nicht nur Grund zur Freude ist.

Waschbär in Mainzer Altstadt aufgetaucht

Ganz entspannt sitzt der Waschbär in einem Baum auf der Großen Bleiche. Unter ihm rauscht der Verkehr, Menschen laufen hin und her, Busse halten und fahren wieder los. Ganz in der Nähe befindet sich der Wintermarkt am Neubrunnenplatz.

Merkurist-Leserin Mona hat den Waschbären am Mittwoch entdeckt, ein paar Fotos von ihm gemacht und ihn der Feuerwehr gemeldet. „Für die Feuerwehr ist es in Ordnung, dass er dort ist“, erzählt sie gegenüber Merkurist. Er dürfe bleiben, teilte man ihr mit.

Waschbären dem Ordnungsamt melden

Dass Mona das Tier bei den Behörden gemeldet hat, war genau richtig, sagt Christian Henkes von der Nabu-Regionalstelle Rheinhessen-Nahe. „Sobald man ein Tier entdeckt, sollte man es dem Ordnungsamt melden und am besten fotografieren“, so Henkes. Es ist seines Wissens nach zwar das erste Mal, dass ein Waschbär in der Mainzer Altstadt aufgetaucht ist. Gesichtet wurden aber Exemplare bereits an anderen Stellen, etwa in Drais und schon 2017 in Gonsenheim – auf der Terrasse der damaligen Ortsvorsteherin Sabine Flegel. Dennoch, sagt Henkes, gebe es in Rheinland-Pfalz überraschend wenig Nachweise.

Denn der Waschbär hat sich inzwischen flächendecken in Deutschland ausgebreitet. Er geht gerne dorthin, wo das Nahrungsangebot reichhaltig und abwechslungsreich ist, wo er Unterschlupf findet, wo es warm ist und er keinen Jagddruck hat. Denn natürliche Feinde hat das Tier so gut wie keine. „Der Waschbär ist schlau, er merkt, dass er in Ruhe gelassen wird, und lässt sich dann dort nieder“, so Henkes.

Tiere plündern Mülltonnen und Vogelnester

In den Wohngebieten plündert er dann Mülltonnen und bedient sich an Essensresten. Er plündert aber auch Vogelnester und Vogelfutterstellen, frisst Frösche, Salamander, Fische und Krebse. Lokal könne er sogar einzelne Tierpopulationen bedrohen, so Henkes. Daher steht er seit Jahren auf der „Unionsliste“ der invasiven Arten. Und das bedeutet: Um seine Ausbreitung wenigstens etwas einzudämmen, müssen in bestimmten Fällen Maßnahmen gegen ihn ergriffen werden.

In Wohngebieten darf er zwar nicht bejagt werden, doch außerhalb gilt eine Jagderlaubnis. „Die Zahlen der geschossenen Waschbären sind ein gutes Indiz dafür, wie stark er sich inzwischen ausgebreitet hat“, so Henkes. So wurden in der Jagdsaison 2018/19 noch 563 Waschbären geschossen, 2023/24 waren es bereits fast 4000 – allein in Rheinland-Pfalz. Betrachtet man ganz Deutschland, waren es in der aktuellen Saison etwas 200.000 Waschbären, die von Jägern erlegt wurden.

Erstmals in Deutschland aufgetaucht ist er bereits vor 90 Jahren im hessischen Kassel. Hier wurde er damals ausgesetzt und verbreitete sich von hier aus ungestört weiter. „Er ist hoch anpassungsfähig“, sagt Henkes. Daher könne er sich überall niederlassen: in Wäldern ebenso wie in Wohngebieten.

Waschbären können in Naturschutzgebieten zum Problem werden

Außerdem lernt das Tier sehr schnell. Mancherorts haben Waschbären etwa herausgefunden, wie die Wanderwege der Kröten verlaufen. „Viele gehen dann die Schutzzäune entlang und bedienen sich in den Eimern, in denen die Kröten eigentlich über die Straße getragen und damit gerettet werden sollen“, so Henkes. So könne der Waschbär vor allem in wertvollen Lebensräumen zum Problem werden. Der Naturschützer spricht sich daher dafür aus, Waschbären dort intensiver zu kontrollieren, wo gefährdete Tierarten leben. Entsprechende Maßnahmen könnten dann verhindern, dass deren Zahl massiv abnimmt. „Wo der Waschbär gehäuft auftaucht, wird es schwer für Bodenbrüter, Frösche oder andere Amphibien.“

Die Tiere allgemein zu bejagen, wäre wahrscheinlich nicht zielführend, so Henkes. Denn Waschbären würden ihre Population schnell wieder ausgleichen. In bewohnten Gebieten rät er daher: Mülltonnen gut verschließen, Gelbe Säcke erst im letzten Moment rausstellen, Essensreste beseitigen und kein Tierfutter draußen stehen lassen. Und vor allem sollte man sich dem Waschbären nicht nähern oder ihn gar in die Ecke treiben. „So süß er aussieht, er kann beißen, kratzen und spucken“, sagt Henkes. Auch Hunde und Katzen sollte man möglichst von den Tieren fernhalten.