Diese Studie sorgt nun für ordentlich Zündstoff: Kürzlich berichtete Merkurist über den „SKL Glücksatlas“. Forscher befragten dafür Einwohner der 40 größten deutschen Städte nach ihrem subjektiv empfundenen Lebensglück. Mainz landete nur auf dem 21. Platz – und das, obwohl Mainz bei der Lebensqualität, also den messbaren Wohlfahrtsindikatoren wie beispielsweise Einkommen, Gesundheitsversorgung oder Grünflächen, eigentlich weit oben (Rang 7) liegt.
Doch auch noch eine weitere Aussage der Forscher lässt aufhorchen und sorgt jetzt für Unverständnis sowie Unmut. So heißt es im Glücksatlas: „Zwei Drittel der Unzufriedenen leben in den unbeliebten Stadtteilen Weisenau, Mombach und Marienborn.“ Dass ihre Stadtteile „unbeliebt“ seien, wollen die betroffenen Ortsvorsteher jedoch nicht einfach so hinnehmen. Sie halten dagegen.
„Absolut schleierhaft“
Wie der Marienborner Ortsvorsteher Dr. Claudius Moseler (ÖDP) auf Anfrage von Merkurist zu der Studie sagt, sei ihm der Rückschluss von schlechter Lebenszufriedenheit auf „unbeliebter Stadtteil“ absolut schleierhaft. „Aus meiner Sicht ein wissenschaftlich schlampiger Rückschluss.“ Hier würden auf dünner Datenbasis und anhand statistischer Unsauberkeiten Aussagen zu Stadtteilen gemacht.
Bei den 341 befragten Mainzern käme man umgerechnet auf den Bevölkerungsanteil von Marienborn ungefähr auf sieben Befragte Marienborner. „Das ist keine statistische Grundlage für die Bewertung einer subjektiven Lebenszufriedenheit auf der Basis der Stadtteile“, so Moseler. Zumal man in Marienborn eine starke soziale Differenzierung in den Wohnquartieren habe. Hier hätte die Datenbasis wesentlich umfangreicher sein müssen.
„Ich kann nur feststellen, dass die Marienbornerinnen und Marienborner sehr gerne hier leben und vor allem den ländlichen und überschaubaren Charakter des Stadtteils schätzen.“ Natürlich gebe es auch Probleme, die es zu lösen gelte, so Moseler. Dazu zählten der Rückgang der örtlichen Infrastruktur und von Geschäften. Grund hierfür seien Fehlentwicklungen in der Mainzer Stadtplanungspolitik, aber auch wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
„Eher positive Stimmung“ in Mombach
Auch der Mombacher Ortsvorsteher Christian Kanka (SPD) zweifelt etwas an den Aussagen des Glücksatlas’ zu Mombach. Wenn man betrachte, dass sich die Befragten in der Studie unter anderem Bäder, Erholung und Grünflächen wünschten, dann könne das nicht als „Schwäche“ auf Mombach zutreffen. Denn in Mombach „haben wir ja mit dem Mombacher Schwimmbad, dem Nah- und Erholungsgebiet Großer Sand und den vielen Grünflächen genau diese Dinge vor der Tür“.
Wie Kanka sagt, werde man als Ortsvorsteher in den meisten Fällen kontaktiert, wenn etwas nicht gut laufe. Das seien aber alltägliche Sachverhalte wie beispielsweise Vermüllung, Falschparker oder Grünwuchs. Was die Vermüllung angehe, habe Mombach ein Problem in einem Teil der Hauptstraße. Ob das allerdings ein Faktor für die angesprochene Unzufriedenheit von Mombachern in der Studie sei, könne er nicht bewerten, so Kanka. „Und ansonsten erlebe ich eher eine positive Stimmung und einen großen Zusammenhalt in Mombach, aufgrund der Vereine, den Kirchengemeinden und den Treffpunkten wie Wochenmarkt oder Dämmerschoppen.“ Wenn man zufrieden sein wolle, brauche man soziale Kontakte, Offenheit und Geselligkeit. „Das können wir Mombacher“, sagt Kanka.
Viele „Lärmquellen“ in Weisenau
Gedanken zum Glücksatlas und der Einschätzung der Forscher, dass Weisenau ein „unbeliebter Stadtteil“ sei, macht sich auch der Weisenauer Ortsvorsteher Ralf Kehrein (SPD). „Nachteilig erweisen sich ‘unsere’ Lärmquellen, insbesondere durch den Verkehr.“ Dazu gehörten insbesondere der im gesamten Ort hörbare Lärm durch den Flugverkehr bei Ostwindwetterlagen, das ‘Dauerrauschen’ von der Autobahn A60 bei Westwind sowie der deutlich hörbare Bahn- und Schiffsverkehr im Unterdorf.
Weisenau sei zudem zunehmend stark verdichtet, Grünbereiche würden vermisst und die Enge im Ortskern führe zu einem zunehmenden Parkraumdefizit, sagt Kehrein. „Dazu kommt mit dem Heiligkreuz-Viertel ein sehr großes Neubaugebiet, das noch wenig Grünflächen und Aufenthaltsqualität bietet, und derzeit eine sehr eingeschränkte Anbindung in den Weisenauer Ortskern hat.“
Es gebe also einen nicht zu unterschätzenden Anteil von Unzufriedenen. Dazu gehörten insbesondere Familien, denen es nicht gelingt, in Weisenau adäquate Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu bekommen, sowohl im Kita- als auch im Grundschulbereich, so Kehrein. Doch: „Viele Weisenauerinnen und Weisenauer leben sehr gerne in Weisenau, nutzen die ausgeprägte Vereinsstruktur“, stellt der Ortsvorsteher abschließend fest.