Heute befindet sich hier das Gewerbeaufsichtsamt, doch in den 1930er- und 40er-Jahren ging von dem Haus in der Kaiserstraße 31 Angst und Schrecken für viele Menschen während des Dritten Reichs aus. Denn hier, an der Ecke zur Leibnizstraße, befand sich damals die Mainzer Zentrale der Gestapo, also der Geheimen Staatspolizei.
Nur eine kleine Bronzetafel an der Fassade, die 1990 dort angebracht wurde, deutet noch auf die Vergangenheit des Hauses hin.
„Verdächtige“ Personen überwacht und verhört
Eingerichtet wurde die Außenstelle Darmstadt im Jahr 1933, Bestand hatte sie bis 1945, also bis die US-Amerikaner in Mainz einmarschierten. Die Beamten waren dafür zuständig, „verdächtige“ Personen zu überwachen, zu verhören und zu verfolgen. Darunter zählten politische Gegner, Juden, Regimekritiker und „Arbeitsscheue“, Gewerkschafter, Homosexuelle und Menschen mit Behinderung. Die Gestapo verantwortete auch die Deportationen der Sinti und der Juden. Bis zum Ende des Krieges wurden insgesamt 1131 Menschen aus Mainz in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschleppt.
Ein Lattenverschlag im Innenhof diente damals als Gefängnis und als Folterkammer. In brutalen Verhören sollten Geständnisse erpresst und die Menschen dazu gebracht werden, andere zu denunzieren. Mit diesen typischen Gestapo-Methoden sollten die Menschen eingeschüchtert und Kritiker sowie Andersdenkende mundtot gemacht werden. Viele der Insassen wurden später in „Schutzhaft“ genommen und in die Gefängnisse in Dahlberger Hof in der heutigen Klarastraße oder zum Landgerichtsgefängnis überführt.
Polizei ohne Kontrollinstanz
Nach Hitlers Machtergreifung im November 1933 wurde die Gestapo zu einer politischen und rassistischen Geheimpolizei ohne jede Kontrollinstanz in Dritten Reich aufgebaut. Damit löste sie die damalige „Preußische Politische Polizei“ ab. Möglich machte das ein damals verabschiedetes Gesetz. Gegner konnten nun unbegrenzt in „Schutzhaft“ genommen und in Konzentrationslager eingewiesen werden. Festnahmen geschahen oft willkürlich, ohne konkreten Anlass und ohne Gerichtsverfahren.
Allein in den ersten beiden Jahren nach der Gründung der Gestapo wurden insgesamt etwa 35.000 Menschen inhaftiert und gefoltert, Hunderte wurden getötet. Bis zum Kriegsende waren etwa 25.000 Menschen bei der Gestapo tätig, unter der Leitung von Heinrich Himmler. Zusätzlich gab es V-Leute, Informanten und Postboten.
Unterlagen wurden vernichtet
Zum Ende des Kriegs wurden fast alle Unterlagen und Akten vernichtet, um Beweismaterial zu beseitigen. Die Beamten der Mainzer Gestapo flohen oder tauchten unter. Bei den Nürnberger Prozessen wurde die Gestapo als verbrecherische Organisation eingestuft und die meisten Beamten erhielten durchschnittlich drei Jahre lange Haftstrafen. Später jedoch kehrten etliche ehemalige Gestapo-Mitarbeiter wieder in den öffentlichen Polizeidienst zurück, viele von ihnen wechselten zum Bundeskriminalamt oder zum Bundesnachrichtendienst (BND).