All you need is love – Hommage an einen Mainzer Sänger

Gastautor Jürgen Kessler über den Mainzer Musiker Rainer Schindler, der zu der unschätzbaren Gattung von Künstlern gehöre, „die, wenn sie da sind, Freude auslösen“. Nun feiert Schindler 50 Jahre Bühnenjubiläum.

All you need is love –  Hommage an einen Mainzer Sänger

Wer kennt nicht dieses bescheidene Gefühl, unter seinen Möglichkeiten geblieben zu sein? Im Kleinen, etwa bei einem Disput, wenn die trefflicheren Argumente ausbleiben, einem erst auf dem Heimweg in den Sinn kommen, im Großen, wenn man denkt, in seinem Leben eigentlich nichts erreicht zu haben, nicht einmal sich selbst. Weil es einem nicht gelungen war, seinen größten Traum zu verwirklichen, wenigstens ein Talent zur Geltung gebracht, an sich geglaubt zu haben. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum, heißt es ja oft, wenn die Werbeindustrie nach unseren Köpfen greift. Als könne es ein Muster, eine Gebrauchsanleitung für ein geglücktes Leben geben.

Überhaupt Glück! Ich gehöre ja zu denen, die auf Glück kaum Wert legen, genauso wenig wie auf Pech. Waren unsere Vorfahren nicht zufrieden, wenn sie einfach nur überlebten? Um sich am Leben zu halten, gab es von Anfang an viel zu tun. Genug zu essen, es bei Regen und Kälte trocken und warm zu haben, nachts nicht alleine zu sein, war dann schon ‚mega’. Ansonsten guckte man in den Mond und grübelte. Vermutlich über bessere Verhältnisse und was wohl ein ‚gesunder Menschenverstand‘ sei. Blieb man als Mann im Kampf oder bei der Jagd, respektive als Frau beim Sammeln und Sorgen – oder umgekehrt – unversehrt, und wurde der leckere Braten im heiligen Feuer schön knusprig, dann geriet der Homo Sapiens (m,w,d) in ausgelassenste Stimmung, strömten steinzeitliche Glückshormone durch seine pulsierenden Adern, dann konnte das Leben gehärtet weitergehen.

So ähnlich habe ich es bei einem echten Schelm aus Mainz gefunden, der einst fortgezogen war, sich als unbestechlicher Schriftsteller mit bestechendem Tiefgang höchste weltliche Weihen zu verdienen, bei Harald Martenstein. Seine Definition von Glück lautet: „Du bist in der Lage, dich an dem zu erfreuen, was bei dir gut läuft. Den ganzen Rest kannst du getrost vergessen. Du kannst einen geglückten Moment erkennen und ihn auskosten. Mehr geht nicht, mehr ist nicht im Angebot.“ - Zitat Ende.

So ist es, wenn wir ehrlich sind: einen geglückten Moment erkennen, ihn nach Möglichkeit auskosten. Und darauf will ich hinaus, denn in Mainz lebt seit vielen Jahren ein Mann, der uns viele geglückte Momente beschert hat. Die Rede ist von einem Musiker, der schon früh sein Talent entdeckt, es ohne Netz und doppelten Boden aus sich selbst heraus zur Entfaltung, mit unermüdlichem Leistungswillen zur Reife geführt hat, und der es mit allem Glück der Welt in diesem Jahr auf sage und schreibe fünfzig Bühnenjahre bringt. Die Rede ist von dem Gitarristen und Sänger Rainer Schindler, weit über Mainz hinaus bekannt als Mr. Flowerpower.

Früher in Duos, etwa als ‚Gentlemen‘, noch früher in verschiedenen, dem legendären Hazy Osterwald-Sextett vergleichbaren Show-Bands. Engagiert für das internationale Entertainment auf Kreuzfahrtschiffen, reiste er um die ganze Welt, sammelte Sympathien als Straßenmusiker in Havana oder Rio, wurde zum heimlichen Star an Bord, atmete an der Seite von Mentor und Kapitän Morten Hansen für die ARD-Serie „Verrückt nach Meer“ die frische Luft unter der Golden Gate Bridge ein und sang dazu werkgetreu und leidenschaftlich berühmte Melodien wie California Dreamin’ und San Francisco. Er reüssierte in der Rudi Carell-Show, bei Galas von Berlin bis Wien, in Weingütern landauf landab, oder auf dem zum Bersten gefüllten Marktplatz bei der Mainzer ‚Johannisnacht’.

Der Jubilar gehört zu der unschätzbaren Gattung von Künstlern, die, wenn sie da sind, Freude auslösen. Denn er bringt ein Geschenk mit, das schöner nicht sein könnte: den Soundtrack unserer Jugend, den Überklang von Liebe und Sehnsucht, eine Playlist voller Good Vibrations, die Generationen übergreifende Live-Musik für einen glücklichen Moment. Wer sie als ‚Oldies‘ etikettiert, vertut sich. Es sind Evergreens. Unsterbliche Exponate der Musikgeschichte. Die wahren Oldies sind jene, denen die Melodien im inneren Ohr stecken, die im einverleibten Rhythmus dahin schwelgen, Textfetzen mitsingen können, weil einst gierig eingesogen, x-mal von zerkratzten Platten abgehört.

So unwiederbringlich die Jugendzeit auch ist, Rainer Schindler bringt ihren Nachklang für Momente zurück, eben jene geglückten. Fünfzig Jahre großer Applaus, erfüllt mit Freundschaften und Berufskontakten rund um den Globus. Mit Song- und Showgrößen wie Harald Juhnke und Jürgen Drews, von Barry Mcguire (Eve of Destruction) bis zur unvergessenen Uschi Nerke; mit der Beatclub-Ikone steht er aktuell auf der Bühne, um den fabelhaften Sound der Roaring Sixties & Seventies musikalisch und anekdotisch zu feiern: The Beat goes on. Als Solist, der über vier Oktaven singt, hat Rainer mit der Gitarre am Rhein begonnen, als Musiker reiste er um die ganze Welt, kehrte stets auf heimischen Boden zurück, sein Kraftfeld für ein geglücktes Leben auf eigenen Füssen und auf den Wolken universeller Musik, die, wie ich glaube, uns den Wiederklang dessen beschert, was wir Schöpfung nennen, oder eben das Göttliche; im Menschlichen.

Rainer ist einer, den der Instinkt zu seinem Glück führte, der seinen Traum leben durfte, der uns teilhaben lässt an einem schillernden Berufsleben. Am authentischsten sind seine Konzerte unter freiem Himmel. In einer Freiheit, die sich mit jener der Vögel vergleichen lässt, denn nur die sind so frei: sie steigen, sie fallen, sie schweben, sie singen, sie brauchen keine Gewerkschaften und keine Religion, kein Amt und keine Würden, nur ihre Fähigkeiten. Am 20. Juni feiert Mr. Flowerpower mit prominenten Gästen, Fans und Freunden, sein 50-Jahre-Jubiläum im Golfpark Biblis-Wattenheim; der Eintritt ist frei.

Gastautor Jürgen Kessler sang und spielte Gitarre in einer Schülerband. Noch nach dem Abi Musik zu machen, davon zu leben, war ein Traum – und blieb es. Wenn das Talent nicht zwingend ist, wenn es auch andere, gar zu viele Träume gibt, ist das besser so. Das Kunststück war, sich zu entscheiden, das Blöde: die Entscheidung für das Eine, schließt das Andere in den meisten Fällen aus; ein bisschen Glück kann bei solchen Entscheidungen helfen. Mehr ist nicht drin, mehr ist nicht im Angebot.

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