Ist es Tradition oder Tierquälerei? Seit jeher gehören Pferde zum Mainzer Rosenmontagszug. Sie ziehen Kutschen oder werden von Gardemitgliedern geritten. Tierschützer kritisieren diese Praxis als Tierleid und fordern von Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) ein Verbot von Pferden beim Mainzer Rosenmontagsumzug.
Unter anderem begründen sie ihre Forderung, dass es immer wieder zu Unfällen mit Pferden bei Umzügen kommt. Die Tiere seien angesichts der lauten Menschenmassen und der Musikgruppen einem permanenten Stress ausgesetzt. Selbst bei trainierten Pferden könne bereits eine geringe Störung den Fluchtinstinkt auslösen. So würden auch Experten regelmäßig bestätigen, dass das Verhalten einiger Pferde während der Umzüge als Ausdruck von Angst zu verstehen ist, das zu einem erheblichen Leiden der Pferde führe. „Motive wie Tradition und ‚Volksbelustigung‘ sollten niemals als vernünftige Gründe gelten, die es rechtfertigen würden, Tierleid zu akzeptieren“, sagt etwa der Pferde-Experte Ingolf Bender.
Mehrheit spricht sich für Pferdeverbot an Fastnacht aus
So hat eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Tierschutzorganisation Peta ergeben, dass sich 70 Prozent dafür aussprechen, die Nutzung von Pferden bei Karnevals- und Fastnachtsumzügen zu untersagen. Gefragt wurden 1000 Menschen in Nordrhein-Westfalen. Vor sieben Jahren hätten nur knapp 47 Prozent ein Verbot befürwortet, so Peta. Über die Umfrage hat die Organisation nun auch den Mainzer Oberbürgermeister Nino Haase informiert. Sie forderte darin den OB auf, den Einsatz von Pferden bei den Umzügen zu untersagen.
„Der sich bei jedem Umzug wiederholende Anblick von gestressten Pferden und der schwere Kutschunfall 2018 in Köln dürften zu dem Stimmungsumschwung beigetragen haben“, so Peter Höffken, Fachreferent bei Peta. „Wir erwarten von der Politik und den Karnevalsgesellschaften ein Umdenken. Niemand kann mehr abstreiten, dass die meisten Menschen den jährlichen Pferdemissbrauch ablehnen.“ Pferde in einer Innenstadt einzusetzen, ist nach Ansicht der Organisation Missbrauch.
Missbrauch oder schöne Tradition?
67 Pferde sind in diesem Jahr beim Mainzer Rosenmontagszug angekündigt, und damit noch einmal acht Tiere mehr als noch im vergangenen Jahr. Davon sind 40 Pferde bei der Mainzer Ranzengarde dabei. Es sei „einfach eine schöne Tradition und für viele ein Highlight, die Pferde und Gespanne zu sehen“, sagte dazu Thomas Thelen von der Ranzengarde vor zwei Jahren in einem Merkurist-Gespräch. Daher wolle man hier weiterhin an dieser Praxis festhalten.
Er versichert, dass die Tiere erfahren in Umzügen seien. Die Kaltblüter würden aus Bayern kommen, dort hätten sie bereits Erfahrungen bei Trachtenumzügen gemacht. Pro Jahr würden sie auf etwa 20 Einsätzen mitlaufen. Außerdem würden ausschließlich geeignete Tiere und Reiter eingesetzt.
Der SWR indes zitiert OB Haase mit folgender Aussage: „Ich glaube auch, dem Rosenmontagszug würde nichts verloren gehen, wenn wir komplett auf Pferde im Sinne des Tierwohls verzichten würden.“
Verbieten könne er Pferde bei dem Umzug jedoch nicht.