Darf der Vermieter ein Balkonkraftwerk verbieten?

Balkonkraftwerke sind begehrt – doch viele Vermieter versuchen, die Solarmodule für den eigenen Balkon zu verhindern. Einem Mainzer entging so eine hohe Fördersumme. Welche Regeln gelten und was sich bald ändern wird, erfahrt ihr hier.

Darf der Vermieter ein Balkonkraftwerk verbieten?

Solarstrom vom Balkon boomt. Die Anzahl der registrierten Geräte hat sich seit 2019 verhundertfacht auf inzwischen über 300.000. Vor allem Wohnungs- oder Hauseigentümer profitieren von zunehmendem Bürokratieabbau. Mieter bleiben oftmals auf der Strecke. Denn sie müssen zusätzlich eine Genehmigung von ihrem Vermieter einholen, um ein Balkonkraftwerk installieren zu dürfen. Dabei kommt es immer wieder zu Streit und hohen Auflagen seitens der Wohnungsgeber. Ein Mainzer verlor deswegen bis zu 400 Euro Fördergeld der Stadtwerke. Aber was dürfen Vermieter tatsächlich fordern? Ist ein Verbot zulässig?

Die Hürden für Mini-Kraftwerke wurden in den letzten Jahren Schritt für Schritt reduziert oder abgeschafft. Zum 1. Januar nächsten Jahres tritt erneut eine Gesetzesänderung in Kraft, die Balkonkraftwerke unkomplizierter und zugänglicher machen soll. Was ändert sich? Wie ist die derzeitige Rechtslage? Und für wen lohnt sich ein Balkonkraftwerk überhaupt?

Was ist ein Balkonkraftwerk?

Balkonkraftwerke, auch Steckersolargeräte oder Mini-PV genannt, sind kleine Photovoltaikmodule, die über die normale Steckdose angeschlossen werden. Wenn der handelsübliche Schukostecker steckt, wird der Strom über einen Wechselrichter eingespeist und kann direkt von Haushaltsgeräten genutzt werden. Die Höhe des erzeugten Stroms hängt von der Sonneneinstrahlung und der Leistung des Geräts ab. Die Grenze liegt derzeit bei maximal 600 Watt. Üblicherweise reicht das ungefähr für den Betrieb eines Staubsaugers. Stromintensive Geräte, wie ein Toaster, der Herd oder die Waschmaschine überschreiten die erzeugte Strommenge jedoch bei weitem. Gut geeignet ist der Solarstrom demnach, um das Grundrauschen abzudecken – zum Beispiel den Betrieb des Internetrouters oder Kühlschranks.

Für wen lohnt sich ein Balkonkraftwerk?

Rechnerisch ist ein Balkonkraftwerk immer ein Plusgeschäft, stellt die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fest. Bei sonniger Ausrichtung des Balkons können pro Modul schätzungsweise 200 bis 300 kWh im Jahr eingespart werden – das entspricht in etwa 10 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs eines Zwei-Personen-Haushalts. Beim jetzigen Strompreis von 30 Cent pro kWH ergibt das circa 90 Euro Ersparnis im Jahr. Häufig werden zwei Module montiert, wodurch sich die Einsparung im Idealfall verdoppelt.

Die Berechnung lässt sich jedoch nicht pauschal auf alle Balkone und Haushalte anwenden. Erstens ist die Ausrichtung zur Sonne entscheidend – bei West- oder Ost-Lage dauert es länger als bei einer Südausrichtung bis sich die Investition lohnt. Und zweitens muss der selbst erzeugte Strom direkt verbraucht werden. Wenn ein Überschuss produziert wird, der den momentanen Haushaltsbedarf übersteigt, wird dieser ohne Entgelt ins Stromnetz eingespeist. Ein Batteriespeicher für den überschüssigen Strom lohnt sich aufgrund der geringen Strommenge und hohen Zusatzkosten nur selten. Während ein normales Steckersolargerät bereits ab 500 bis 600 Euro verkauft wird, kosten Geräte mit Batteriespeicher zwischen 1000 und 1200 Euro. Der große Vorteil: Alle Hersteller bieten 20 Jahre oder sogar 25 Jahre Garantie auf die PV-Module. Es dauert also von Fall zu Fall unterschiedlich lange, aber Balkonkraftwerke liefern garantiert Profite.

Welche Hürden gibt es?

Wer sich ein Balkonkraftwerk gekauft hat, muss dieses zunächst anmelden. Nach derzeitiger Gesetzeslage sowohl im Marktstammdatenregister als auch beim Netzbetreiber. Wer zur Miete wohnt oder Teil einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist, braucht zudem eine Genehmigung des Gebäudeinhabers. Hierbei wird es für Mieter häufig kompliziert. So auch in dem Fall eines Merkurist-Lesers. Auf seine Anfrage hin stellte der zuständige Immobilienkonzern hohe Auflagen. Obwohl die Installation sich normalerweise auf das Einstecken in die Steckdose beschränkt und der Mieter in diesem Fall selbst qualifizierter Elektrofachmann ist, verlangte der Konzern eine Prüfung der gesamten Hauselektronik, eine Installation durch einen Elektrofachbetrieb sowie einen speziellen Anschluss, der nicht über die handelsüblichen Stromstecker funktioniert. Des Weiteren wurde eine Montage an der Außenseite untersagt, aufgrund von Sicherheitsbedenken und aus optischen Gründen. Auch auf Nachdruck des Mieters, dass diese Auflagen keine Rechtsgrundlage haben, und unter Verweis auf Gerichtsurteile blieb der Konzern stur bei seinen Anforderungen.

Auch wenn ein Teil der Forderungen überzogen und überholt ist (gesonderter Steckeranschluss und Prüfung der Haustechnik), gibt es für die meisten Punkte nach jetzigem Stand eine Gesetzesgrundlage. Denn die Anbringung eines Balkonkraftwerks fällt unter die baulichen Veränderungen, die in jedem Fall durch den Vermieter genehmigt werden müssen. In den meisten Mietverträgen legt der Wohnungsgeber fest, diese Maßnahmen unterbinden zu können. Aus Gerichtsurteilen geht außerdem hervor, dass eine fachgerechte Installation und Anbringung Voraussetzungen für Balkonkraftwerke sind. Auch die optische Wirkung kann ein legitimer Einwand sein.

Was ändert sich ab nächstem Jahr?

Diesen Sommer hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf beschlossen, der Bürokratie rund um Balkonkraftwerke abbauen und Mieter stärken soll. Ab dem 1. Januar 2024 gilt laut neuem Gesetz:

  • Vermieter und WEG können ein Balkonkraftwerk nicht pauschal untersagen. Privatleute haben ein Recht auf Betrieb und Anschaffung der Solarmodule. Nur bei der Montage dürfen die Eigentümer Bedingungen stellen. Zum Beispiel muss die Anlage rückstandslos abbaubar sein, und Anforderungen an Brandsicherheit und stabile Befestigung erfüllen. Grund ist die Aufnahme von Balkonkraftwerken in den Katalog privilegierter baulicher Veränderungen.

  • Die maximale erlaubte Leistung von Balkonkraftwerken wird von 600 Watt auf 800 Watt hochgesetzt.

  • Eine Anmeldung im Marktstammdatenregister ist ausreichend. Der Netzbetreiber muss nicht mehr informiert werden.

  • Auch Wohnungen mit alten Stromzählern, die rückwärts laufen können, dürfen Balkonkraftwerke betreiben. Eine Prüfung der Haustechnik ist nach wie vor nicht notwendig.

Die neue Gesetzeslage bedeutet dennoch nicht in jedem Fall freie Fahrt. Zwar wird es Vermietern schwerer gemacht Balkonkraftwerke zu verhindern, aber aus triftigen Gründen kann die Anbringung der Mini-Solaranlage nach wie vor untersagt werden. Außerdem gelten im Einzelfall die im Mietvertrag getroffenen Regelungen. Wer individuelle Beratung sucht, kann sich an die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz wenden.