Kultkneipe „Onkel Willi's Pub“ wird 50

Die Kultkneipe „Onkel Willi's Pub“ in der Binger Straße feiert runden Geburtstag. Gegenüber Merkurist erzählen die Chefinnen Heidi und Rebecca Schlismann, wie alles begann und warum jetzt vor allem junge Leute in das Lokal kommen.

Kultkneipe „Onkel Willi's Pub“ wird 50

Die erste Begegnung von Willi und Heidi Schlismann, die damals noch Schumann hieß, war ziemlich unangenehm. Es war Ende der 60er-Jahre und Willi, damals Anfang 20, Geschäftsführer im „Scotch Club“ am Kronberger Hof. Heidi war etwa 15 Jahre alt und wollte dort mittags mit einer Freundin zum Tanzcafé. „Er sagte ‘Ihr dürft hier nicht rein’. Als wir gefragt haben, warum, hieß es nur ‘Weil ich das sage’“, erzählt Heidi gegenüber Merkurist. „Ich dachte nur: Was für ein furchtbarer Typ.“

Nicht besser lief die zweite Begegnung wenige Jahre später im „Joy“, das Willi Schlismann mittlerweile eröffnet hatte. „Wir waren damals Hippies und unsere Klamotten haben ihm offenbar nicht gefallen. Also hat er uns wieder nicht reingelassen und gesagt: ‘Zieht euch was anderes an’.“ Im Juni 1973 eröffnete Willi Schlismann dann im Alter von 26 Jahren „Onkel Willi’s Pub“ in der Binger Straße – und Heidi wurde Stammgast. Sie lernte nun die weiche Seite des Kneipenwirts kennen. „Wir haben viel geredet, saßen oft noch lange zusammen. Und irgendwann hat es gefunkt.“ 1984 heirateten Willi und Heidi, einige Monate später kam Tochter Rebecca auf die Welt.

50 Jahre „Onkel Willi’s Pub“

Für Mutter und Tochter gibt es in diesem Jahr einen besonderen Grund zum Feiern: „Onkel Willi’s Pub“ wird am 23. Juni 50 Jahre alt. Gründer Willi Schlismann starb vor fünf Jahren, doch auch heute ist er noch präsent im Lokal. „Die Gäste fragen häufig nach ihm oder sie sagen ‘Du bist doch die Tochter’“, erzählt Rebecca Schlismann, die die Kneipe zusammen mit ihrer Mutter führt. Sie stieg 2004 ein, nachdem Willi Schlismann einen Schlaganfall erlitten hatte. Einige Jahre arbeitete er noch an ihrer Seite, ab 2010 nahm er sich zurück. „Doch auch danach kam mein Vater noch jeden Abend nach unten und schaute nach dem Rechten“, so Rebecca. „Es war nicht immer einfach mit ihm zu arbeiten, er konnte schon dickköpfig sein. Aber die Gäste haben ihn oft nach Rat gefragt, auch junge Leute.“

Das Haus ist seit vielen Jahrzehnten im Familienbesitz. Früher betrieb Willis Vater eine Bäckerei in den Räumen, dann befand sich dort ab den 60er-Jahren ein Fischrestaurant. Als der Pachtvertrag 1973 auslief, eröffnete Willi Schlismann den Pub. Doch warum der Name „Onkel Willi“? Heidi sagt: „Mein Mann war nicht nur Gastronom, sondern auch Musiker. Im Mainzer Schloss hat er damals Musikveranstaltungen unter dem Motto 'Onkel Willi stellt vor...' organisiert.“ So habe sich der Name für das Lokal von selbst ergeben.

Gleiches Lokal, neues Publikum

In 50 Jahren „Onkel Willi’s“ hat sich im Pub fast nichts verändert. „Es ist dasselbe Holz, dieselbe Tapete, dieselbe Anordnung wie 1973“, sagt Heidi Schlismann. „Nur die Theke wurde etwas erweitert und die Bilder habe ich später aufgehängt.“ Auch in den nächsten Jahrzehnten soll es so bleiben, wie es jetzt ist. „Wir können uns das nicht anders vorstellen. Und auch Willi hätte es so gewollt.“

Was sich aber geändert hat, ist das Publikum. Als Willi noch Chef war, seien nur wenige Studenten gekommen. „Es waren eher ‘Einzelschicksale’ da, es gab die typischen Thekengespräche“, sagt Heidi Schlismann. Als Tochter Rebecca die Leitung übernahm, ging sie gezielt dahin, wo Studenten feiern, und machte Werbung für den Pub. Seitdem wurde das Publikum immer jünger. „Meine Tochter hat den Laden zu dem gemacht, was er heute ist.“ Rebecca sagt: „Die Gäste lernen sich hier kennen, gehen dann zusammen in die Diskothek. Es ist ein richtiger Treffpunkt geworden. Stress gibt es kaum.“

Gast pinkelt an die Wand

In 50 Jahren habe es immer wieder kuriose Geschichten gegeben. Als Willi noch im Laden arbeitete, schlief eines Abends ein Gast auf dem Klo ein. Als der wieder aufwachte, stellte er fest, dass er im Laden eingeschlossen wurde. Der Gast rief die Polizei an, die sich wiederum bei Rebecca Schlismann meldete. „Ich war aber im Urlaub in Kuba, also haben sie meinen Vater angerufen.“ Der ging dann runter und befreite den Gast, den er zuvor eingeschlossen hatte. „Das erste, was mein Vater ihn gefragt hat, war: ‘Und, hat’s dir hier gefallen?’“.

Ein anderer Gast war so betrunken, dass er im Billardraum an die Wand pinkelte. „Als ich ihn rausbitten wollte, hat er versucht, es mit seinem Pulli aufzuwischen. Den wollte er mir noch in die Hand drücken“, erzählt Rebecca. „Ich habe ihm dann gezeigt, wo der Mülleimer ist.“

100 Jahre „Onkel Willi“?

Auch wenn die Kneipe bleiben soll, wie sie ist, könnte in den nächsten Jahren eine größere Änderung anstehen: „Onkel Willi’s Pub“ soll eine Außengastronomie bekommen. Ab 2024 wird die Binger Straße umgebaut, Straßenbahnen sollen ab etwa 2026 an dem Pub vorbeifahren. Eigentlich sind Heidi und Rebecca Schlismann nicht davon begeistert, zwei Jahre lang eine Baustelle vor der Tür zu haben. „Aber immerhin haben wir danach Platz für einen großen Außenbereich.“

Doch vorher wird das große Jubiläum gefeiert. Am 8. Juli soll es eine Feier mit Stammgästen von früher und heute geben. Und wie lange geht es mit „Onkel Willi’s Pub“ weiter? Rebecca sagt: „Solange, bis ich umfalle.“ Beim 100-jährigen Jubiläum wäre sie 88 Jahre alt. „Wenn ich mich gut halte: Warum nicht?“.

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