Vor 140 Jahren: Mainzer Hauptbahnhof wird eröffnet

Mit der längsten Empfangshalle Europas startete im Jahr 1884 der Mainzer Hauptbahnhof an seinem heutigen Standort den Betrieb. Damit löste er den „Centralbahnhof“ in der Altstadt ab.

Vor 140 Jahren: Mainzer Hauptbahnhof wird eröffnet

Nur zwei Jahre hatte der Bau des heute wichtigsten Bahnhofs von Rheinland-Pfalz gedauert. In der Nacht des 15. Oktober 1884 hielt zum ersten Mal ein Zug am neuen Mainzer Hauptbahnhof.

Angefangen hatte die Geschichte des Mainzer Zugverkehrs aber an einer ganz anderen Stelle, und zwar am Rheinufer. Denn der erste Bahnhof, der in Mainz gebaut wurde, befand sich zwischen Holzturm und Rhein, an der heutigen Rheinstraße. Im März 1853 rollte von hier aus der erste Zug von Mainz aus in Richtung Worms. Es war damals die erste Strecke, für die die Hessische Ludwigsbahn (HLB) ein Nutzungsrecht erhalten hatte. Erst später wurde er in „Centralbahnhof“ umbenannt. Wer in in Richtung Bingen reisen wollte, musste wiederum einen anderen Bahnhof nutzen, der sich in der Neustadt befand, auf Höhe der heutigen Grünen Brücke.

Mehr Züge erforderten neuen Standort des Bahnhofs

Doch lange hatte der Bahnhof in der Altstadt nicht Bestand. Denn im Jahr 1882 begann der Bau des heutigen Hauptbahnhofs. Stadtbaumeisters Eduard Kreyßig hatte im Jahr 1873 die Idee, den Centralbahnhof in den Westen der Stadt zu verlegen. Denn inzwischen waren immer mehr Züge unterwegs, Strecken wurden ausgebaut. Der alte Bahnhof war an seine Kapazitätsgrenzen geraten, ein neuer Standort musste her.

Beauftragt mit dem Bau wurde damals der Mainzer Baumeister Philipp Berdellé. Er gestaltete das Empfangsgebäude aus Sandstein im italienischen Renaissancestil, inklusive barocken und klassischen Elementen. Mittelpunkt war die damals längste Bahnhofshalle Europas, die 300 Meter lange und 47 Meter breite „Perron-Halle“. Überdacht war sie mit einer Konstruktion aus Guss- und Schmiedeeisen, Glas und Wellblech.

An ihren beiden Enden befanden sich zwei niedrigere Seitenflügel mit Arkaden. Skulpturen (sogenannte Putten) am Eingang zeigten bildlich das Ankommen und Abreisen mit der Eisenbahn. Gestaltet wurden diese von den Mainzer Bildhauern Valentin Barth und Anton Scholl. Auch über den drei Haupteingangstüren befanden sich Figuren.

Auf dem Dach thronte eine Bahnhofsuhr mit dem geflügelten Schutzgeist des Dampfes und der Elektrizität.

„Erfrischungsräume“ zum Ausruhen für die Reisenden

Für die Reisenden wurden einige Annehmlichkeiten eingerichtet, darunter Wasch- und Toilettenräume sowie „Erfrischungsräume“ zum Ausruhen. Auch gab es getrennte Warteräume für Raucher und für Nichtraucher.

Auf dem Bahnhofsvorplatz befand sich ein Rondell, darauf Bäume, Rasen und Blumenbeete. Die Schienen der Pferdebahn – dem Vorläufer der Straßenbahn – verliefen in Schleifenform um die Bepflanzungen herum. Zudem wurden Parkbuchten für die Hotelbusse eingerichtet.

Der Altstadt-Bahnhof indes wurde abgerissen. An seiner Stelle entstand ein Lazarett. Heute befinden sich hier das KUZ und das Fort Malakoff.

Wiederaufbau nach Zerstörung

Ein Brand im Jahr 1934 auf dem Dachstuhl des Bahnhofsgebäudes zerstörte dann Speicher und Schlafräume des Personals der Bahnhofswirtschaft. Die Feuerwehr konnte jedoch noch verhindern, dass die Bahnhofshalle einstürzte. In den beiden Weltkriegen wurden sowohl das Gebäude als auch der Vorplatz dann schwer beschädigt. Teile brannten komplett aus, Gleise, Stellwerke und Weichen waren zerstört. Der Schaden betrug rund 180 Millionen Mark. Einige Jahre später wurde damit begonnen, Gebäude und Vorplatz wieder herzustellen.

Der letzte große Umbau war in den 1990er-Jahren. Die große gusseiserne Bahnhofshalle von 1939 wurde komplett abgerissen, ein neuer Überbau aus Stahlbeton wurde gebaut. Außerdem wurde die Hauptfassade renoviert und erinnert damit wieder an das historische Empfangsgebäude von Berdellé. Der Umbau kostete damals umgerechnet rund 58 Millionen Euro.