Aktuell ist die Große Bleiche teilweise gesperrt. Grund ist die geplante Umgestaltung des Regierungsviertels (wir berichteten). Bis Anfang August soll nun auch überprüft werden, wie gut ein autofreier Abschnitt mitten in der Stadt funktioniert. Während es einerseits Lob für die Maßnahme gibt, kam in den vergangenen Tagen auch Kritik auf.
Bereits im Mai wurden bei einer Bürgerbeteiligung zahlreiche Ideen diskutiert. Einige sprachen sich dafür aus, die Verkehrsführung auf der Großen Bleiche so zu belassen, wie sie ist. Für eine Reduzierung der Autos gab es jedoch die größte Zustimmung. Einige Bürger waren sogar dafür, die Autos komplett von der Großen Bleiche zu verbannen. Doch wie positionieren sich eigentlich Geschäftsleute beziehungsweise Vertreter der Parteien im Mainzer Stadtrat?
Autos raus?
Eine deutliche Meinung zum Thema hat beispielsweise der Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne). „Ich würde mich sehr freuen, wenn der motorisierte Individualverkehr endlich aus der Großen Bleiche genommen werden würde. Wer mit dem Auto zwischen Alicenplatz und Rheinallee unterwegs ist, tut sich keinen Gefallen, diese Strecke mit vielen Ampeln und Fußgängerüberwegen zu wählen, sondern ist schneller, einfacher und bequemer auf der Kaiserstraße unterwegs.“ Viele Radfahrer trauten sich nicht, auf die Fahrbahn zu fahren, sondern würden immer noch die veralteten und völlig inadäquaten Radwege über die Bürgersteige und durch die Haltestellenbereiche nutzen, so Huck gegenüber Merkurist.
Der Straßenraum gehöre hier deshalb dringend überplant, damit es breite Bürgersteige gibt, die nur noch dem Fußverkehr vorbehalten sind. Die Fahrbahn in der Mitte sollte als Umweltspur für den Bus- und Radverkehr genutzt werden, sagt Huck. Sollte perspektivisch vielleicht irgendwann doch eine Straßenbahn kommen, müsste die Fahrradtrasse so geplant werden, dass sie von dem Schienenweg getrennt ist, meint der Altstadt-Ortsvorsteher. „Auch städtebaulich könnte die Straße von einer Überplanung und Reduzierung des Verkehrs nur gewinnen.“
Auch Karsten Lange, Mainzer CDU-Politiker, hat eine Meinung zu dem Thema. Gegenüber Merkurist äußert er sich jedoch in seiner Funktion als Vorsitzender des Gewerbevereins Mainz-Neustadt e.V., der sich für eine engere Verknüpfung von Altstadt und Neustadt auf der Laufachse von der Boppstraße zur Römerpassage einsetzt. Wie Lange sagt, sei der Gewerbeverein offen für neue Ideen zur Verkehrsführung im Bleichenviertel und darum herum. „Oberste Priorität für die Gewerbetreibenden hat die Erreichbarkeit der Geschäfte für Autofahrer, Fußgänger und Radfahrer gleichermaßen.“
Der Gewerbeverein sehe viele Vorteile darin, den Durchfahrtsverkehr aus dem Bleichenviertel herauszudrängen, „sofern die gezielt ins Bleichenviertel kommenden Fahrzeuge auch ausreichend bezahlbare Parkplätze vorfinden“, sagt Lange. Die Ideen der Grünen seien es aber wert diskutiert zu werden. Dieser Diskussionsprozess beginne jedoch gerade erst bei den Gewerbebetrieben.
„Ehemaligen Prachtboulevard aufwerten“
Für eine Einbindung der Gewerbetreibenden spricht sich auch der Geschäftsmann und Co-Vorsitzende der SPD Mainz Ata Delbasteh aus. So benötige die Mobilitätswende mehr Platz für umweltfreundliche Mobilität. Und zwar „für den Fußverkehr zum Schlendern, für qualitätsvolle Radverkehrsinfrastruktur inklusive Fahrradroutenkonzept, und für den öffentlichen Personenverkehr. Und auch mehr Platz für ein störungsfreies Liefern und Laden“, erklärt Delbasteh. Hier gelte es unbedingt die Einzelhändler zu hören und einzubinden.
Wie der Geschäftsmann und Politiker meint, müssten jedenfalls die Senioren-Residenz Mundus und das geplante Seniorenwohnheim auf der Großen Bleiche sowohl mit dem ÖPNV als auch mit dem Taxi für ihre Bewohner erreichbar sein. „Eine Begrünung und Verengung der Fahrbahn zu einem Einbahnstraßensystem mit Ausweichmöglichkeiten für den ÖPNV-Gegenverkehr wäre eine Möglichkeit, um den ehemaligen Prachtboulevard charmant aufzuwerten. Durch die Einbahnstraßenführung des ÖPNV wäre dann auch genug Platz für eine separate Fahrradbahn“, sagt Delbasteh. Für diese Überlegungen müssten jedoch vorab Machbarkeitsstudien geprüft werden.
Die Hintere Bleiche als Fahrradstraße oder -zone würde den Fahrradverkehr auf der Kaiserstraße entlasten, glaubt Delbasteh. Dafür bräuchte es aber auch ein adäquates Parkangebot für potenzielle Besucher der Gastronomien und Ladengeschäfte. „Der öffentliche Parkraum in diesem Bereich ist von unterschiedlichen Nutzergruppen stark nachgefragt. Eine Neuorganisation des Parkens mit allgemeinen Kurzzeitstellplätzen und bevorrechtigten Bewohnerstellplätzen, außerdem Dauerstellplätzen in Parkhäusern, sind Alternativen.“ Vor der Umsetzung müsste jedoch ein temporärer Probelauf durchgeführt werden. Dabei müssten unter anderem auch die Auswirkungen auf die Umsätze der angrenzenden Geschäftsinhaber berücksichtigt werden, erklärt Delbasteh abschließend.