Radfahrer, die abseits von Radwegen fahren, sorgen in Mainz für Diskussionen. „Wieso fahren so viele Fahrradfahrer in Mainz auf Fußgängerwegen“, lautete die Frage eines Merkurist-Lesers, die in etlichen Kommentaren aufgegriffen wurde. Zwar gibt es auch in Mainz geteilte Rad- und Fußwege, die durch ein blaues Schild mit vertikaler Trennlinie gekennzeichnet sind. Existiert ein getrennter Radweg, ist dieser jedoch prinzipiell benutzungspflichtig.
Trotzdem sind Radfahrer in Mainz häufig illegalerweise auf Fußwegen unterwegs. Das zeigten Kontrollen der Polizei im Mai dieses Jahres, bei denen zahlreiche Verstöße durch E-Roller- oder Fahrradfahrer festgestellt wurden (wir berichteten).
Schlechtes Sicherheitsgefühl
An der aktuellen Leser-Diskussion beteiligen sich zahlreiche Fahrradfahrer und nennen ihre Gründe, wieso sie in Mainz oft auf Fußwege ausweichen müssen. Zum einen mangele es an vielen Stellen an Radwegen. Denn in Mainz existiert kein zusammenhängendes Fahrradwegnetz. Zum anderen seien die Straßen, die eigentlich von Fahrradfahrern genutzt werden sollen, oft zu gefährlich wegen dichtem Autoverkehr, wie in der Kaiserstraße oder Rheinstraße – oder schlichtweg marode, wie in der Josefstraße oder Forsterstraße in der Neustadt. Crimson Cristelle fasst den meist genannten Grund für das Ausweichen so zusammen:
Andererseits zeigen viele Merkurist-Leser kein Verständnis für Fahrradfahrer abseits der Straße. Das Sicherheitsgefühl der Fußgänger würde wiederum durch Fahrradfahrer leiden. Die Radfahrer seien mitunter viel zu schnell unterwegs und würden sich häufig nicht an Verkehrsregeln halten.
Auch Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) erkennt an, dass schnelle Radfahrer ein Problem in Fußgängerzonen sein können. Denn nicht nur Merkurist-Leser diskutieren gemeinsame Fuß- und Radwege kritisch. Bei der Bürgerbeteiligung zur Gestaltung des Rheinufers war die Trennung von Fuß- und Radverkehr einer der meistgenannten Wünsche. Dennoch ist Radfahren dort größtenteils erlaubt.
Im Merkurist-Gespräch sagt sie: „Ich habe auf jeden Fall die Absicht, den schnellen Radverkehr vom Rheinufer weg zu verlagern.“ Ein generelles Radfahrverbot am Rhein sei jedoch nicht das Ziel, so die Verkehrsdezernentin. Sie unterscheide klar zwischen verschiedenen Radfahrertypen. Problematisch seien nicht die gemütlichen „Genussradler“, denn diese seien „nicht die, die für Konflikte sorgen“. Auch für sie sei das Rheinufer ein zentraler Naherholungsweg. Steinkrüger gehe es vielmehr darum, für schnelle Radfahrer eine Alternative zu schaffen, um die Sicherheit für Fußgänger am Ufer zu erhöhen.
Schwierige Aufteilung des Verkehrsraums
Die Verlagerung des Radverkehrs gestalte sich allerdings kompliziert. Denkbare Ausweichstrecken wie die Taunusstraße oder die Rheinstraße bringen laut Steinkrüger neue Probleme mit sich. In der Taunusstraße würde die Einrichtung einer Radspur zum Wegfall von Parkplätzen führen, was bereits Diskussionen unter Anwohnern auslöse. In der Rheinstraße fehle es schlicht an Platz.
Dass eine Umverteilung des Verkehrsraums dennoch funktionieren kann, habe ein Beispiel aus der Vergangenheit gezeigt, so Steinkrüger. Sie nennt den Verkehrsversuch im Jahr 2023 (wir berichteten), bei dem eine temporäre Bus- und Radspur auf der Rheinallee eingerichtet wurde. Für das Experiment hagelte es damals viel Kritik. Mangelnde Kommunikation und ein Rückstau bis auf die Theodor-Heuss-Brücke wurden der Verkehrsdezernentin zur Last gelegt. Allerdings sagt Steinkrüger: „Verkehrszählungen über den gesamten Zeitraum haben gezeigt, dass der Verkehr insgesamt sehr gut funktionierte.“
Keine dauerhaften Kontrollen
Die schwierige Verkehrsplanung und die rege Diskussion zeigen: Mainz hat bei der Radinfrastruktur Nachholbedarf. Gleichzeitig sorgen Radfahrer auf Fußwegen, wenngleich sie gute Gründe haben, für Frustration. Wieso werden Regelverstöße nicht öfter kontrolliert und sanktioniert?
Steinkrüger macht dazu deutlich, dass man vor allem auf die Vernunft und Einsicht der Radfahrer setze. Man könne bei Kontrollen niemanden „mit Gewalt vom Rad reißen“, daher sei man auf die direkte Ansprache der Menschen angewiesen. Aktionen in Fußgängerzonen gemeinsam mit der Polizei hätten in der Vergangenheit gut funktioniert. Denn während die Verkehrsüberwachung vorrangig Verstöße im ruhenden Verkehr ahnde, sei die Kontrolle des fließenden Verkehrs im Allgemeinen Aufgabe der Polizei, so die Verkehrsdezernentin.
Dauerhafte Polizei-Kontrollen seien allerdings nur bedingt wirksam. „Die Leute sehen, dass da was ist, und steigen ab“, erklärt Steinkrüger. Zudem seien das Rheinufer und der Radverkehr insgesamt aus ihrer Sicht kein Unfallschwerpunkt. Die Beamten würden ihre Ressourcen daher auf gefährlichere Stellen im laufenden Verkehr konzentrieren.