Einen Tag nach seinem 27. Geburtstag holte SPD-Politiker Daniel Baldy im September das Direktmandat für den Bundestag im Wahlkreis Mainz/Mainz-Bingen. Doch wie fühlt es sich an, als junger Abgeordneter im deutschen Parlament zu sein und welche Fettnäpfchen lauern dort auf einen Jungpolitiker? Darüber haben wir mit Daniel Baldy im ersten Teil unserer Merkurist Interviews gesprochen.
Merkurist: Herr Baldy, wie gut kommen Sie denn schon in Ihrer neuen beruflichen Heimat Berlin zurecht?
Daniel Baldy: Von Berlin habe ich ehrlich gesagt noch nicht viel gesehen (lacht). Bisher kenne ich hauptsächlich den Abschnitt zwischen meinem Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs und dem Reichstagsgebäude. Eines habe ich aber schon über Berlin gelernt…
Und zwar?
Kalt ist es dort und sehr, sehr windig. Das Wetter hat mich bis jetzt noch nicht überzeugt.
Geht es denn auf politischer Ebene auch so kalt zu in Berlin?
Nein, überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich wurde dort sehr warmherzig aufgenommen. Es freuen sich alle, dass wir eine große und junge Fraktion sind. Die erfahreneren Parteikollegen haben uns Jüngere an die Hand genommen und uns vor den Fettnäpfchen beschützt, in die man als Neuling im Bundestag treten kann.
Wo lauert denn im Bundestag das angesprochene Fettnäpfchen-Potenzial?
Zum Beispiel als junger Abgeordneter nach der Wahl direkt in die Öffentlichkeit zu treten und Ansagen zu machen nach dem Motto: Das, das und das sind unsere roten Linien bei Koalitionsverhandlungen. Ansonsten habe ich mich in Fraktionssitzungen bisher eher zurückgehalten, das ist als Neuling meiner Meinung nach auch angemessen. Andere poltern lieber direkt drauf los, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
„Krass, bin ich jetzt wirklich hier gelandet?“ - Daniel Baldy über seine ersten Eindrücke im Reichstagsgebäude
Wie groß war Ihre Ehrfurcht vor Politgrößen, auf die Sie nun ja häufiger treffen werden?
Wegen Corona waren wir zwei Tage nach der Wahl in einer Fraktionssitzung im Plenarsaal. Dort sieht man dann diese vielen blauen Sitze, die man ja eigentlich nur aus dem Fernsehen kennt. Da habe ich schon eine Minute lang etwas verloren dagestanden, mich umgeguckt und gedacht: Krass, bin ich jetzt wirklich hier gelandet?
Aber ja, eine gewisse Ehrfurcht hatte ich zu Beginn schon. Bei einem fraktionsinternen Wahlgang stand plötzlich Olaf Scholz hinter mir in der Warteschlange. Auch da habe ich mich kurz gefragt, über was ich mich mit ihm nun unterhalten könnte. Natürlich ist er auch „nur“ mein Kollege, aber auf der anderen Seite ist er aller Wahrscheinlichkeit nach der kommende Bundeskanzler. Es hat mir gezeigt, dass ich es nicht so schnell als Selbstverständlichkeit hinnehme, dass Olaf Scholz neben mir steht. Das will ich mir beibehalten.
Mit gerade einmal 27 Jahren sind sie ein sehr junger Bundestagsabgeordneter. Immer wieder gibt es in der Öffentlichkeit die Debatte, ob es gut ist, so jung in den Bundestag einzuziehen. Der Vorwurf lautet dann meistens: Der soll erst mal die „echte“ Arbeitswelt kennenlernen. Haben Sie sich darüber vor Ihrer Kandidatur Gedanken gemacht?
Einer der ersten Gedanken war natürlich: kandidiere ich oder nicht? Und was spricht dafür und was dagegen? Ich bin der Meinung, am Ende ist es wie bei so vielem: die Mischung machts. Wenn der Bundestag nur aus Mitte Zwanzigjährigen bestehen würde, wäre das nicht ok, würde er nur aus Mitte Fünfzigjährigen bestehen, wäre das aber auch nicht gut. Ich gehöre zu einer Generation, die eine andere Sicht auf gewisse Dinge hat – allem voran beim Thema Klimaschutz. Viele Menschen aus meiner Generation sind in einer Lebensphase, in der sie gerade fertig mit der Ausbildung oder dem Studium sind. Ich möchte also auch diese Gruppe im Bundestag repräsentieren.
Wie haben die Menschen im Wahlkampf auf Sie als jungen Kandidaten reagiert?
Mich hat überrascht, wie wenige Leute negativ auf mein Alter reagiert haben. Im Gegenteil: Viele haben mir gesagt, dass sie meine Kandidatur toll finden. Auch dass ich mich seit zehn Jahren politisch in der SPD engagiere, wird von vielen Menschen respektiert.
Im zweiten Teil unseres Interviews mit Daniel Baldy geht es um Politik während der Corona-Krise und Baldys Zukunftspläne.