Ausgangssperre: 50 Euro Strafe für Wohnungslosen?

In einem Twitter-Video erzählt ein Mann, dass er wohnungslos ist und trotzdem ein Bußgeld zahlen muss, weil er nach 21 Uhr noch draußen unterwegs war. Das sorgt für Unverständnis. Was sagt die Stadt dazu?

Ausgangssperre: 50 Euro Strafe für Wohnungslosen?

Es ist eine Geschichte, die seit Ostermontag für Aufregung bei Twitter sorgt und auch schon in der Mainzer Politik Gehör gefunden hat: In einem Video erzählt ein Mann, dass er ein Bußgeld von 50 Euro zahlen muss, weil er auch nach 21 Uhr noch draußen war. Laut eigenen Aussagen ist er wohnungslos und war deshalb trotz Ausgangssperre noch am Rhein unterwegs. Gegen 21:30 Uhr sei er vom Ordnungsamt kontrolliert worden: „Ich hab denen gesagt, ich bin wohnungslos, das war denen aber egal“, erzählt er in dem Video. Damit er in Zukunft nicht mehr entdeckt wird, schlafe er jetzt in einer öffentlichen Toilette. Gefilmt wurde er von einem Twitter-Nutzer, der gegenüber Merkurist keine näheren Details zu sich selbst und den Hintergründen preisgeben will.

Das Video und die Geschichte dahinter macht viele Menschen sauer: „Das Mainzer Ordnungsamt sollte sich was schämen, nen obdachlosen Menschen auf die Weise auszunehmen“, ist nur einer von vielen vergleichbaren Kommentaren unter dem Tweet. Auch die Mainzer Stadtratsfraktion der Linken macht ihrem Ärger darüber Luft: „Es ist beschämend, dass die Landeshauptstadt in Verbindung mit Obdachlosigkeit am laufenden Band Negativschlagzeilen produziert“, schreibt der Fraktionsvorsitzende Tupac Orellana in einer Pressemitteilung. „Der neueste Fall eines Wohnungslosen, der 50 Euro Strafe zahlen soll, weil er sich nicht in einer Wohnung befand, die er offensichtlich nicht hat, ist besonders erniedrigend.“

„Sollten die Aussagen des Wohnungslosen zutreffen, dann möchte ich mich für diesen Vorgang bei dem Betroffenen entschuldigen.“ - Manuela Matz, Ordnungsdezernentin

Am Dienstagnachmittag äußerte sich schließlich Ordnungsdezernentin Manuela Matz (CDU) dazu. „Wir klären diesen Vorfall gerade intern mit den entsprechenden Dienstgruppen“, sagt sie. „Sollten die Aussagen des Wohnungslosen zutreffen, dann möchte ich mich für diesen Vorgang bei dem Betroffenen entschuldigen.“ Gerade bei wohnungslosen Menschen müsse auf deren besondere Situation und die Lebensumstände geachtet werden. Das sei auch im Vorfeld so in Richtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vollzugsdienstes kommuniziert worden. „Selbstverständlich muss der Betroffene die Strafe nicht bezahlen.“

Grundsätzlich könne die Ausgangssperre erst aufgehoben werden, wenn der Inzidenzwert sieben Tage lang bei unter 100 liege. Davon seien auch die Menschen ohne festen Wohnsitz betroffen. „Soweit es ordnungsrechtliche Maßnahmen betrifft, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass niemand, der seinen Schlafplatz im öffentlichen Raum „bezogen hat“, aufgefordert wird, diesen zu verlassen“, so Matz.

Die Übernachtungseinrichtungen für Obdachlose hätten außerdem zugesagt, jedem eine Unterkunft zu geben, der wegen der Ausgangssperre aufgenommen werden will. Sollten in den Einrichtungen keine freien Plätze mehr verfügbar sein, gebe es in der Alten Ziegelei zusätzliche Plätze als Notunterkunft. Diese können bei Bedarf in der Zeit von 20 Uhr bis morgens 8 Uhr genutzt werden. Behrouz Asadi ist dafür Ansprechpartner und unter der 0171-2279232 erreichbar. Sobald die Ausgangssperre aufgehoben wird, gebe es das Angebot aber nicht mehr.

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