Wohnbau erhebt schwere Vorwürfe: Bekannte Mainzer Bar vor dem Aus

Seit 13 Jahren betreibt Bülent Soyer das „Caipiranha“ gegenüber dem Bruchwegstadion. Doch jetzt hat ihm die Wohnbau fristlos den Mietvertrag gekündigt. Die Vorwürfe: Er sei „unfachmännisch“ mit einem Gasventil umgegangen.

Wohnbau erhebt schwere Vorwürfe: Bekannte Mainzer Bar vor dem Aus

Das „Caipiranha“ im Mainzer Stadtteil Hartenberg-Münchfeld befindet sich seit 25 Jahren direkt gegenüber dem Bruchwegstadion. In der Nachbarschaft wird die Gastronomie oft als „zweites Wohnzimmer“ bezeichnet. Immer wieder gibt es Konzerte, es ist Bistro, Restaurant und Café in einem. Doch nun droht dem Caipiranha das Aus, ebenso wie der kleinen Pizzeria und der Eisdiele, die sich auch in der Einkaufspassage befinden. Die Wohnbau als Vermieterin hat dem Betreiber fristlos den Vertrag gekündigt. Als Grund wird angegeben, dass er sich fahrlässig bei einem Gasleck verhalten habe.

Bülent Soyer betreibt das Caipiranha im King-Park-Center seit nunmehr 13 Jahren. Nie habe es bisher Probleme gegeben, sagt er im Gespräch mit Merkurist. Erst vor ein paar Monaten sei ihm per Brief in Aussicht gestellt worden, dass der Vertrag, der bis Ende 2027 gültig sei, verlängert würde. In einem Schreiben der Wohnbau, das Soyer am 4. Februar erhielt, wurde sein Mietvertrag zum 20. Februar gekündigt. Der Grund: Er habe an einem Gasventil „unfachmännisch herumgeschraubt und so für eine Undichtigkeit des Gasventils gesorgt“. Dies wiederum habe dazu geführt, dass Gas ausgetreten sei.

Gasaustritt im Keller des Einkaufszentrums

Tatsächlich hatte es am 27. Januar einen Gasaustritt im Keller des Gebäudes gegeben. Das bestätigt die Mainzer Feuerwehr auf eine Anfrage von Merkurist. Demnach hatte laut Michael Ehresmann, Einsatzleiter und Sprecher der städtischen Berufsfeuerwehren, gegen 11:15 Uhr ein Handwerker die Feuerwehr gerufen, da er Gasgeruch im Keller festgestellt hatte. Messungen der Feuerwehr hätten anfangs zwar keine auffälligen Werte geliefert. Mitarbeiter der Stadtwerke hätten dann aber „gefährlich hohe“ Werte von Erdgas in unmittelbarer Nähe zur Gasleistung festgestellt. Daraufhin sei die komplette Gaszufuhr über den Haupthahn abgedreht und nach der undichten Stelle gesucht worden.

Wie der Caipiranha-Betreiber Soyer im Nachhinein erzählt, habe es sich bei diesem Handwerker um einen Elektriker der Wohnbau gehandelt. Dieser sei am Montagvormittag in den Keller gegangen, nachdem Soyer in der vorhergehenden Woche schon mehrfach bei Mitarbeitern der Wohnbau darum gebeten habe, den Defekt am Gasventil zu reparieren.

Betreiber sollte Schaden selbst beheben

Angefangen habe laut Soyer alles am Montag, dem 20. Januar. Der Koch des Caipiranhas habe bei Arbeitsbeginn bemerkt, dass kein Gas floss, so erzählt er es. Auch die Sicherung sei rausgeflogen. Soyer habe seine Vermieterin benachrichtigt, die Wohnbau. Am nächsten Tag habe es eine Begehung in der Heizzentrale im Keller und zum Lüfter auf dem Dach gegeben, eine Ursache hatten laut Soyer die Mitarbeiter der Wohnbau aber nicht gefunden. „Danach wurde mir gesagt, dass der Defekt in der Verantwortung des Betreibers liegt, ich also für den Schaden aufkommen und mich darum kümmern müsse“, berichtet Soyer.

Ein Klimatechnikunternehmen, das Soyer nach eigenen Angaben daraufhin beauftragen wollte, habe einen schriftlichen Auftrag der Wohnbau verlangt. Wieder habe Soyer bei der Wohnbau angerufen, mit mehreren Mitarbeitern gesprochen – aber ohne Erfolg, wie er sagt. „Ohne Herd kann ich kein Essen anbieten, ich befand mich in einer Notlage.“ Eine andere Fachfirma aus Wiesbaden habe vermutet, dass die Spule am Gasmagnetventil defekt sei, und mit Soyer einen Termin für den kommenden Freitag ausgemacht.

Stromkabel im Keller defekt?

Soyer habe den Termin der Wohnbau bekannt gegeben, der Hausmeister habe daraufhin den Keller aufgeschlossen, da Soyer selbst nach eigenen Angaben keinen Kellerschlüssel besitzt. Das ganze Wochenende habe daraufhin die Tür zum Heizungskeller aufgestanden, sagt Soyer. Er selbst habe zu diesem Zeitpunkt seit fünf Tagen im Restaurant kein Essen anbieten können. Der Techniker habe das neue Ventil eingebaut. Doch immer noch sei die Sicherung rausgeflogen. „Ich denke im Nachhinein, dass er das Ventil falsch eingebaut hat“, so Soyer. Die Kosten von mehreren Hundert Euro seien trotzdem fällig geworden, auch wenn immer noch kein Gas geflossen sei.

Ein Elektriker, der sich spontan die Sache angeschaut habe, habe ein paar Messungen vorgenommen und erkannt, dass ein Stromkabel der Wohnbau im Keller defekt sei. Er habe vorgeschlagen, übergangsweise das Ventil direkt an die Stromleitung anzuschließen. Da ein Wohnbau-Mitarbeiter ihm am Telefon das Okay dafür gegeben habe, habe Soyer diese Arbeit bei der Wiesbadener Firma in Auftrag gegeben, die das Ventil dann richtig eingebaut habe. So konnte auch die Küche wieder genutzt werden. Gleich am Montagmorgen, so berichtet Soyer, rief er wieder bei der Wohnbau an. Daraufhin habe der Elektriker im Keller den Gasgeruch festgestellt.

Wohnbau wirft Betreiber „Manipulation an der Gasleitung“ vor

„Kurz darauf hat die Wohnbau selbst das Ventil richtig eingebaut und eine neue Stromleitung gelegt“, so Soyer. „Ich verstehe bis heute nicht, warum sie das nicht schon eine Woche vorher gemacht haben.“

Wie eine Pressesprecherin der Wohnbau auf Merkurist-Anfrage hin mitteilt, sei der Mietvertrag fristlos wegen einer „grob fahrlässigen Manipulation an der Gasleitung und wegen eines vorsätzlichen Eingriffs in die Elektroinstallation gekündigt“ worden. „Durch die Manipulation hätte es beinahe zu einer Explosion kommen können, deren Schadensausmaß wir nur schwer beschreiben können.“ Denn hier befinde sich nicht nur eine „stark frequentierte Ladenzeile“, sondern auch das Geschäftsgebäude der Wohnbau Mainz sowie eben die betroffene Gastronomie. Wegen des laufenden Verfahrens werde man aber keine Details in dem Fall mitteilen.

Betreiber weist Vorwürfe von sich

Gegen die fristlose Kündigung des Mietvertrags ist Soyer nach eigenen Angaben vorgegangen, hat sich einen Anwalt geholt. Die Vorwürfe der Wohnbau weist er gegenüber Merkurist entschieden von sich. Zu keiner Zeit habe er selbst an dem Gasventil hantiert. Zudem habe sich eigentlich das Unternehmen als Vermieter um den Schaden kümmern müssen, sagt er im Nachhinein.

In einem Gespräch habe ihm der Geschäftsführer der Wohnbau sogar unterstellt, er habe eine Bombe bauen und das ganze Haus in die Luft sprengen wollen. „Das ist doch absurd“, so Soyer. Er sei verzweifelt, wolle gerne weiter das Caipiranha am Leben halten. Einige Mitarbeiter würden ihn schon seit vielen Jahren begleiten, eine Mitarbeiterin sagt, sie sei seit 25 Jahren hier tätig. Doch er zeigt sich entschlossen: „Aufgeben will ich auf keinen Fall.“

Die Wohnbau indes teilt mit, „ein großes Interesse“ daran zu haben, wieder einen Gastronomiebetrieb hier einziehen zu lassen, sobald das Caipiranha geschlossen sei. Zum aktuellen Betreiber sei das „Vertrauen nicht mehr vorhanden“.