In der Corona-Pandemie fing alles an. Vorher hatte der Mainzer Marco Bassing (30) „null Berührungspunkte“ mit dem Backen gehabt, dann beschäftigte er sich immer mehr mit dem Thema. „In der Pandemie ist ein richtiger Bäckerhype entstanden, die Leute haben mit Sauerteig ihr eigenes Brot gemacht. So war es auch bei mir“, erzählt Bassing, der eigentlich Betriebswirt ist und während Corona seine Masterarbeit geschrieben hat.
Aus dem Hobbybäcker wurde ein Quereinsteiger. Bassing machte zunächst ein Praktikum in einer Holzofenbäckerei in Hahnheim, danach arbeitete er zwei Jahre lang in mehreren Betrieben in Baden-Württemberg. Dort lernte er auch die gebürtige Paderbornerin Sarah Bojanowicz (27) kennen. Sie studierte nachhaltige Landwirtschaft und arbeitete unter anderem in verschiedenen Gastro-Betrieben. „Für mich war klar, dass ich mich in meiner Heimatstadt Mainz selbständig machen will. Auch Sarah hatte Bock drauf“, erzählt Bassing. Wir treffen ihn und Bojanowicz am Freitag am Markt 1, wo sie bald ihre eigene Sauerteig-Bäckerei „Brot-Bassing“ eröffnen werden.
Kunde soll Produktion sehen
Die zentrale Lage in der Innenstadt passe zum Konzept: „Der Kunde soll die Produkte und die Produktion sehen. Transparenz ist uns sehr wichtig“, sagt Bassing. Vorne wird es einen kleinen Verkaufsraum geben und direkt dahinter beginnt die Produktion. „Man sieht uns arbeiten.“ In Mainz und Umgebung gebe es nur noch wenige klassische Handwerksbäckereien, die vor Ort produzieren.
Doch Bassing stellt klar: „Ich bin kein Bäckermeister.“ Um die Bäckerei zu eröffnen, habe er eine Ausnahmegenehmigung erhalten. Dafür musste er eine zweitägige praktische Prüfung bestehen, eine Art „Meisterprüfung light“.
Derzeit noch Baustelle
Mit Sauerteig zu backen sei das „natürlichste Backen, das es gibt“, sagt Bojanowicz. „Man nimmt nur Mehl, Wasser und Salz – und keine Industriehefe. Da weiß man nie, wie die Bedingungen in der Herstellung sind.“ Im Laden wolle man in erster Linie Biorohstoffe verarbeiten, die man von ausgesuchten Lieferanten bezieht. Darunter sind Hof Lebensberg in der Pfalz und die OBEG, eine bäuerliche Erzeugergemeinschaft in Schwäbisch-Hall. Den Kaffee gibt es von Maldaner.
Wo bald die Bäckerei eröffnen wird, ist aktuell noch eine große Baustelle. Zuvor befand sich ein Restaurant in den Räumen. „Es wird alles neu gemacht: Wände, Estrich, Stromanschluss“, erzählt Bojanowicz. Auch ein Lastenaufzug wurde installiert, oben wird es einen Lager- und Personalraum geben. Weil die Produktion viel Platz benötigt, wird es drinnen keine Sitzplätze geben, nur draußen einige Stehtische. Viele der Arbeiten machen die beiden selbst, dabei werden sie von Familie und Freunde unterstützt. Unter anderem von Bassings Bruder, der sonst im „Waffen-Bassing“ arbeitet. Das Mainzer Traditionsgeschäft gibt es seit 1919.
Eröffnung im Spätsommer
Die Eröffnung von „Brot-Bassing“ ist für August oder September angepeilt. Für die Kunden wird es dann Sauerteigbrote mit Roggen, Dinkel und Weizen geben. Außerdem Baguettes, Ciabattas und am Wochenende Brötchen. Hinzu kommen süße Gebäcke wie Brioche, Zimtschnecken und wechselnde Kuchen. Zudem ist ein Mittagstisch mit Sauerteig-Pizza und Grilled-Cheese-Sandwiches geplant.
„Wir haben insgesamt ein kleineres Sortiment, weil wir alles selbst herstellen“, sagt Bassing. Hinzu komme der Nachhaltigkeitsaspekt, so Bojanowicz. „In unserer Branche werden viele Lebensmittel weggeschmissen. Wir versuchen das auf ein Minimum zu reduzieren.“ Das Ziel sei „Zero Waste“: Was übrig bleibt, werde getrocknet, geschreddert und wieder in frischen Produkten verarbeitet.
Konzept Brotzeit
Geöffnet sein wird die Bäckerei von Dienstag bis Freitag (etwa 10 bis 17 Uhr) und am Samstag (9 bis 13). Die Zeiten habe man mitarbeiterfreundlich gestaltet. Außer Bassing, der vor allem am Ofen stehen wird, und Bojanowicz, die auch verkauft, wird es noch einen Mitarbeiter im Verkauf geben. Später sollen weitere hinzukommen. Nachtarbeit werde es nicht geben. „Wir konzentrieren uns mehr auf das Konzept Brotzeit“, sagt Bojanowicz. „Der Sauerteig braucht ohnehin viel Zeit. Die geben wir ihm nachts.“
Preislich werde es etwas teurer werden als in herkömmlichen Bäckereien. „Den genauen Preis können wir noch nicht sagen, aber es wird sich wahrscheinlich auf dem Niveau einer Bio-Bäckerei bewegen“, sagt Bojanowicz. „Höhere Löhne, gute Arbeitsbedingungen und aufwändigere Produktion – das sieht man natürlich auch etwas am Preis.“