Mainzer Tagesmütter schlagen Alarm: Warum bleiben so viele Plätze unbesetzt?

Seit Jahren wird beklagt, dass dringend Betreuungsplätze für kleine Kinder fehlen. Doch nun gehen einigen Tagespflegestellen allmählich die Kinder aus. Wie kann das sein?

Mainzer Tagesmütter schlagen Alarm: Warum bleiben so viele Plätze unbesetzt?

Seit über zwei Jahren betreibt Lisa Haddad eine Kindertagespflege in Mainz-Hechtsheim. Als sie begonnen hatte, war die Nachfrage groß. Viele Eltern suchten eine Betreuungsstelle für ihre kleinen Kinder – dass ein Platz frei bleiben würde, brauchte Haddad nicht zu befürchten. Damals, so erzählt sie gegenüber Merkurist, wurden Tagespflegepersonen in der Vermittlung noch stark vom Jugendamt unterstützt.

„Es gab eine zentrale Vermittlungshomepage, auf der wir unsere freien Plätze eintragen konnten und über die viele Eltern direkt Kontakt aufgenommen haben“, so Haddad weiter. Doch dann sei diese Plattform 2023 abgeschaltet worden. „Seitdem nehmen wir einen deutlichen Rückgang der Elternanfragen wahr“, sagt Haddad. Dabei sei sie nicht die einzige: Bei Steffi Blobel aus Hechtsheim etwa ist ein Platz frei, der nicht nachbesetzt wird, bei „Soraya“ in Hartenberg sind es zwei freie Plätze, bei Hanaa Hammoud aus Finthen sogar fünf.

Früher lange Wartelisten, heute fehlen Kinder

Bei der vor kurzem gestarteten Tagespflege von Kawtar Elbaghli aus Weisenau wurden noch gar keine Betreuungsverträge abgeschlossen, trotz „intensiver Werbung“, wir Haddad sagt. Eine Tagesmutter aus Mombach, die seit 27 Jahren diesen Job macht, betreut seit Oktober nur noch zwei statt fünf Kinder. Zu Jahresbeginn komme immerhin noch ein Kind dazu. „Sie denkt darüber nach, ihre Tätigkeit aufzugeben“, sagt Haddad. Einigen, die seit vielen Jahren Tagespflegestellen betreiben, fehle die Nachfrage, früher gab es lange Wartelisten.

Kindertagespflegestellen werden vor allem von Eltern kleiner Kinder nachgefragt. Hier werden Kinder ab einem Jahr betreut, manchmal sogar auch Jüngere. Der Vorteil: Im Gegensatz zu Kitas oder Krippen werden maximal fünf Kinder aufgenommen, oft bei den Pflegepersonen zuhause. Die Atmosphäre ist somit familiärer, die Bezugspersonen wechseln für die Kinder nicht, sondern bleiben stabil.

Das Problem, das viele Tagespflegepersonen heute haben: Je mehr Plätze unbesetzt sind, desto schwieriger wird die finanzielle Situation der Pflegepersonen. „Sie beschreiben die Situation als sehr schwierig und beängstigend“, erklärt Haddad weiter. Die aktuelle Lage sei für viele emotional und wirtschaftlich belastend.

Viele Eltern suchen noch Betreuungsstellen

Im Gegensatz zu den Berichten der Tagespflegestellen stehen die regelmäßigen Klagen darüber, dass es zu wenig Stellen in der Kinderbetreuung gebe und dass es an Ganztagsplätze und Betreuungszeit fehle. Erzieher in Kitas würden wegen der hohen Nachfrage an ihr Limit geraten und dringend werde Personal benötigt (wir berichteten). Auch die Stadt Mainz bemüht sich seit einiger Zeit um neue Kitas und auch neue Stellen in der Tagespflege.

Erst im September mietete die Stadt daher Räume für eine neue Großtagespflegestelle in Mainz-Lerchenberg an. Dort ist anscheinend der Bedarf groß, wie Franziska Schuster von der Pressestelle der Stadt Mainz auf Merkurist-Anfrage mitteilt: „Insbesondere für die Kinder unter 2 Jahren gab es Bedarf im Stadtteil Lerchenberg.“

Starke Unterschiede in den Stadtteilen

Insgesamt gibt es laut der Stadt derzeit 89 Kindertagespflegestellen in Mainz. Vor zwei Jahren waren es noch 94 aktive Kindertagespflegepersonen, die 389 Kinder betreuten. Der Bedarf nach Plätzen unterscheide sich je nach Stadtteil stark, heißt es von der Pressestelle. „Es gibt noch Stadtteile mit hohem Bedarf und es gibt auch Stadtteile, die gut versorgt sind“, so Schuster. Auch komme es vor, dass das Angebot der Pflegestelle nicht mit dem Bedarf der Eltern übereinstimme. Dennoch zeigt der Kitabedarfsplan: Für unter zweijährige Kinder fehlten immer noch 149 Betreuungsplätze.

Warum wurde dann ein zentrales Tool wie die Betreuungsbörse abgeschafft? Dazu erklärt Schuster, dass die Stadt die Homepage zunächst von der Katholischen Familienbildungsstätte Mainz (KFBS) übernommen hatte, die diese Seite im Jahr 2010 aufgebaut hatte. Damals war die KFBS für den Bereich Kindertagespflege in Mainz zuständig. „Im Jahr 2023 hat der Betreiber der Plattform kurzfristig gekündigt und seine Arbeit eingestellt“, so Schuster weiter. Es sei auch nicht möglich gewesen, die Betreuungsbörse mit einem anderen Betreiber weiterzuführen.

Schuster sagt aber auch: „Zuletzt war der Anteil der Kindertagespflegepersonen, die sich über die Betreuungsbörse vermitteln ließen, sehr gering.“ So hätte sich nur etwa jede zehnte Kindertagespflegepersonen danach gemeldet und etwa gefordert, eine solche Börse weiterzuführen.

Hier gibt es Informationen zur Kindertagespflege

Die Stadt versichert, Eltern auch über die Tagespflege weiterhin gut zu informieren. So würden regelmäßig Informationsveranstaltungen angeboten, es gebe telefonische oder persönliche Beratung. Informationsmaterial gebe es zudem auf der entsprechenden Webseite der Stadt. Außerdem könnten die Pflegepersonen ihre freien Plätze bei der Vermittlungsstelle im Sachgebiet Kindertagespflege melden. Über die selbe Stelle könnten auch Eltern ihren Bedarf anmelden.

Geplant sei zudem eine Erweiterung der trägerübergreifenden Plattform „Kinderkompass Mainz“. Ab dem Frühjahr sollen hier auch die freien Plätze in der Tagespflege zu sehen sein. Bisher hätten sich allerdings erst Zweidrittel aller Anbieter in Mainz hier angemeldet.