Erzieher kommen an ihr Limit, Eltern sind verzweifelt – in Mainz fehlt es weiterhin an Betreuungsstunden in den Kitas. Denn es gibt zu wenig Personal, Ganztagsplätze und Betreuungszeit. Viele Kindergärten, so kritisieren Eltern, haben bereits vor Monaten die Öffnungszeiten eingeschränkt, manchmal werden die Einrichtungen wegen Personalmangels tageweise spontan ganz geschlossen (wir berichteten).
Noch prekärer ist die Situation für Eltern, die gar keinen Kita-Platz für ihr Kind finden, obwohl Kinder ab einem Jahr einen Anspruch darauf haben. Alternativ können sie auch bei einer Kindertagespflege untergebracht werden, so heißt es im rheinland-pfälzische Kita-Gesetz (KiTaG), das seit dem 1. Juli 2021 gilt. So empfiehlt auch die Stadt Mainz, das eigene Kind nicht nur bei einer städtischen Kita, sondern auch bei einem der verschiedenen freien Träger sowie, gerade für jüngere Kinder, für einen Platz in der Kindertagespflege anzumelden. Derzeit, so teilt eine Sprecherin mit, gebe es im Mainzer Stadtgebiet 94 aktive Kindertagespflegepersonen, die 389 Kinder betreuen.
Lage spitzt sich zu, sagt eine Anwältin
Doch was, wenn auch hier kein Platz zu ergattern ist? Christina Klimmer-Berres ist eine auf öffentliches Recht spezialisierte Anwältin, die in der Kanzlei „Hobohm Natalello Giloth“ die Kita-Sachen betreut. Derzeit, so sagt sie, habe sie ungefähr 30 junge Familien als Klienten, die für ihr Kind einen Kita Platz benötigen. „Manchmal hilft dem bereits ein Widerspruchsverfahren ab, jedoch müssen wir in der letzten Zeit vermehrt den Klageweg beschreiten.“
In den letzten Monaten und Jahren habe sich die Lage immer mehr zugespitzt, so Klimmer-Berres. „Wir sehen dies als ein Problem an, denn die Besorgnis der jungen Familien, wie sie Berufsleben und Kindererziehung unter einen Hut bekommen sollen, steigt stetig an.“ So habe sie auch viele alleinerziehende Mütter, die „große existentielle Sorgen“ haben, wenn sie keinen Kita-Platz und damit eine Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder bekommen.
Was Klimmer-Berres besonders kritisiert: Nachdem die Eltern sich für einen Kita-Platz bei der Stadt Mainz angemeldet haben, würden sie, außer der Eingangsbestätigung, keine Rückmeldungen mehr erhalten. „Die Stadt meldet sich nur, wenn es einen freien Kita-Platz gibt, was jedoch für viele Eltern bedeutet, dass sie praktisch nichts mehr von der Stadt hören.“ Auch eine Anmeldung bei privaten Einrichtungen oder Tagesmüttern, wie es die Stadt empfiehlt, sei oft vergeblich. „Auch diese sind oftmals selbst bis zum Maximum ausgelastet“, hat Klimmer-Berres die Erfahrung gemacht.
Nur mit Klage zum Erfolg?
Sie versuche dann im ersten Schritt, außergerichtlich den Kita-Platz einzufordern. „Dies gelingt in manchen Fällen. In der Mehrzahl der Fälle aber muss dann der Klageweg zu den Verwaltungsgerichten bestritten werden.“ Vieles werde dann im sogenannten „Eilrechtsschutz“ entschieden, „wegen der gebotenen Dringlichkeit“, wie Klimmer-Berres sagt. Dort würden die Erfolgsaussichten dann bei hundert Prozent liegen. Zusätzlich dazu würde sie den bis zum Erhalt entgangenen Lohn für die Eltern geltend machen.
Die Stadt Mainz teilt hingegen auf Merkurist-Anfrage mit, dass bei ihr in diesem Jahr nur eine Klage eingereicht worden sei. Im vergangenen Jahr habe keine einzige Familie geklagt. „Bevor eine Klage eingelegt werden kann, muss zuvor das Rechtsmittel des Widerspruchs ausgeschöpft sein“, sagt auch die Stadtsprecherin. Und weiter: „Wenn dem Widerspruch nicht vom Stadtrechtsausschuss abgeholfen werden kann, sind Eltern befugt, Klage beim Verwaltungsgericht einzulegen.“
Das Problem der mangelnden Kita-Plätze, so weiß auch Klimmer-Berres, bestehe inzwischen in vielen großen Städten. Auf dem Land jedoch sei das bisher noch kein Thema gewesen. „Mittlerweile erreichen uns aber auch schon Anfragen außerhalb von Mainz.“