Kurz vor den 2023er Fastnachtstagen forderten BUND, Caritas u.a. Organisationen von Bundeskanzler Scholz, das versprochene Energiespargesetz endlich durchzusetzen. Bereits im Oktober 2022 hatte der SPD-Politiker zeitgleich mit der Verlängerung der AKW-Laufzeiten angekündigt, die Regierung werde zügig ein ehrgeiziges Gesetz zum Energiesparen verabschieden. Der Entwurf dazu liegt schon lange vor und zerbröselt in der Ressortabstimmung. Die FDP hat das Gesetz bereits deutlich abgeschwächt, sie will keine Vorgaben für die Wirtschaft, weshalb sich die endgültige Fassung für das Gesetz weiter verzögere. Ergo: Ist Energie sparen wie so vieles andere auch, reine Privatsache?
Freiwillig frieren?
Naja, nicht ganz. Die Mitarbeitenden in den bundesdeutschen Verwaltungen werden diesen Winter sicher nicht freiwillig an ihrem Arbeitsplatz bei 19 Grad Raumtemperatur gefroren oder mindestens gefröstelt haben. Die Menschen, denen nicht viel Geld für ihren Lebensunterhalt zur Verfügung steht, haben ganz bestimmt nicht freiwillig Strom und Gas eingespart. Etwas freiwillig zu tun, ist halt immer an die Dicke der eigenen Geldbörse gekoppelt. Höhere Kosten wirken nachfragedämpfend. Das wissen alle, die ihr Einkaufsverhalten an ihrem Kontostand ausrichten müssen. Kostet ein halbes Pfund Butter mehr als 2,50 Euro landet die günstigere Margarine im Einkaufskorb. Sind die Gaspreise hoch, wird die Heizung herunter gedreht – natürlich nicht bei Allen. Wer sich einen beheizten Swimmingpool leisten kann, den interessieren Energiepreise eher weniger.
Endlich: Die Energiepauschale ist auf dem Konto!
Hier geht es allerdings um diejenigen, die erleichtert seufzten, nachdem die 300 Euro Energiepauschale auf dem Konto gutgeschrieben waren – und das Heizungsthermostat trotzdem bei 18, 19 Grad beließen. Es geht aber auch um diejenigen, die angesichts der staatlichen Unterstützung dachten „wieso sollte ich jetzt noch Energie sparen?“ Es ist ein ganz normales (und weit verbreitetes) Verhalten: Sparen, egal was, ist dann ein Thema, wenn die Preise hoch sind. Da kann Minister Habeck in Berlin noch so oft an Vernunft, Gewissen und Klimaschutz appellieren, die Mehrheit hat dafür nur ein müdes Schulterzucken übrig. Gibt es für die hohen Energiepreise eine Unterstützung, wird Sparen nicht mehr so wichtig. Die Menschen sind nun mal so gestrickt. Dass es bei den Aufforderungen zum Energiesparen nicht nur darum ging, ohne Mangellage bei Strom und Gas durch diesen Winter zu kommen – geschenkt. Der Nebeneffekt der Sparerei war (so gedacht), die Klimabilanz zu verbessern: Weniger Gas- und Strom verbrauchen und dabei auch den CO2-Ausstoß verringern. Optimisten meinten in den ersten Diskussionsrunden zu dem Thema im letzten Herbst, das eine gehe mit dem anderen zusammen.
Staatliche Fürsorgepflicht
Leider hatten sie die Rechnung nicht ohne die staatliche Fürsorgepflicht gemacht. Wenn der hohe Preis durch staatliche Geldgeschenke abgefedert wird, verringert sich das Einsparpotenzial. Ohne Zweifel, war und ist es unbedingt erforderlich alle zu unterstützen, die sich die hohen Gas- und sonstigen Energiepreise nicht leisten können – die dann am Essen sparen müssen, denen bei Nichtzahlung vielleicht sogar der Energiehahn abgedreht wird. Dass durch das Gießkannen-Prinzip bei der Verteilung der Unterstützung u.a. diejenigen profitierten, die ihren Swimmingpool auch beheizen können, wenn sie dafür vom Staat kein Geld bekommen (oder ihren SUV betanken, ohne an die Ernährung der Kinder denken zu müssen) – ist zwar ungerecht. Ist aber passiert. Wird weiterhin geschehen, zumindest in Deutschland. Es gibt Menschen, auch in Mainz, die haben ihre Energiepauschale gespendet. An den Verein Armut und Gesundheit, z.B.. Damit Wohnsitzlose versorgt werden können. Ich kenne auch Menschen in Mainz, die drehen die Heizung herunter, weil sie ein Gefühl dafür bekommen wollen, wie es ist zu frieren. In den ukrainischen Kriegsgebieten, in denen die gesamte Versorgung zusammenbricht, wenn die Russen Kraftwerke zerschießen sind 18, 19 Grad Raumtemperatur für die meisten nicht einmal vorstellbar. Dann gibt es noch die Menschen (auch in Mainz), die mit Blick auf die Klimabilanz freiwillig sparen.
Gut, wer sich aussuchen kann, ob und an was gespart wird. Besser, wenn möglichst viele an allem sparen, was die Überlebensfähigkeit der Erde gefährdet. Am besten: Wir schaffen das, ohne dazu gezwungen zu werden.