„Muss Wissenschaft lauter werden?“ Diese Frage stellten sich zahlreiche Wissenschaftler bei ihrem Treffen an der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz. Mit dabei waren unter anderem der Astrophysiker, Wissenschaftsjournalist und Fernsehmoderator Prof. Dr. Harald Lesch, der Meteorologe und Wetter-Moderator Özden Terli, der Chemiker und Klimaaktivist Prof. Dr. Sebastian Seiffert, die Psychologin Lea Dohm und die Journalistin und Autorin Sara Schurmann.
Bei der Debatte ging es vor allem darum, ob und inwieweit Wissenschaftler in Zeiten der Klimakrise eine besondere Verantwortung tragen und ob sie lauter und klarer kommunizieren müssen, welche Fehler in der Pandemie gemacht wurden und ob Klimasorgen auch in die einzelnen Fachbereiche hinein mehr kommuniziert werden sollten.
Einen bewegenden Auftritt hatte dabei die Mainzer Slammerin und Students for Future-Aktivistin Inga Thao My Bui. 2020 gewann sie mit „Wie war es aus Vietnam zu fliehen?“ den Mainzer Campus Slam. Ihr aktuelles Werk stellte sie nun auch den Wissenschaftlern vor – und sorgte am Ende der Veranstaltung für Standing Ovations. Das Gedicht findet ihr im Livestream etwa ab 1:50.
Hier könnt ihr den Text nachlesen:
Vom Wissen zu Geschichten – Inga Thao My Bui
Guten Abend zusammen,
mein Name ist My.
Und jetzt ist es Zeit für ein wenig Poesie.
Ich steh voll hinter der Wissenschaft,
Doch ich glaube nicht daran, dass sie allein das Wissen schafft,
was wir Menschen brauchen, um die Welt zu begreifen.
Gedanken müssen draußen mit Taten zusammen reifen.
Denn es bringt nichts, wenn ich viel weiß,
Es in mir bleibt, nicht weiter reist.
Wissen ist da, um es weiterzugeben,
Um in Menschen zu leben,
Die dann Geschichten schreiben,
Die uns am Ende zeigen,
Was man
mit Wissen schaffen kann.
Und es geht nicht darum, Preise zu gewinnen,
Sondern dass wir beginnen,
Uns als Menschheit zu verstehen
Und unsere Fehler einzusehen.
Denn wir können ohne unsere Erde gar nicht überleben,
Deswegen werde ich mein Bestes dafür geben
Sie zu schützen, wo ich's kann
In der Hoffnung, dass wir irgendwann,
Gemeinsam, am gleichen Strang
ziehen,
Sodass Menschen nicht fliehen
müssen,
Weil Flüsse und Küsten
Dein Zuhause mitreißen.
Oder du in heißen Zeiten
Nichts mehr zum Speisen
hast.
Spürst du die Last,
die Schuld
auf unseren Schultern?
Und ich wünschte, wir könnten,
daran was ändern
Aber nicht, wenn dann
noch andere Krisen,
wie Viren und Kriege
uns heute und morgen
noch weitere Sorgen
bereiten.
Wie sollen wir denn in diesen Zeiten
noch die Hoffnung behalten?
Und das Gefühl von Schuld,
ist, was am schwersten in mir wiegt
Da es durch unsere Kultur
das Problem erst richtig gibt.
Wie wir hier leben, ist absolut nicht fair
Wir nehmen uns viel mehr
als viele Teile dieser Welt
Und das Schlimmste daran ist,
wir verdienen damit Geld.
Nein noch schlimmer ist eigentlich,
dass es niemand hinterfragt,
Dass weder du noch ich,
es jemals wagt,
Das System mal neu zu starten.
Und die Karten
neu zu legen.
Nein, stattdessen sind wir dem System treu untergeben.
Wie viel brauchen wir, um wirklich glücklich zu sein?
Oftmals ist das Geld tatsächlich nur ein Schein.
Seinen Wert gar nicht wert,
Doch zerteilts uns wie ein Schwert
In Arme und Reiche,
Wodurch niemand gleiche
Chancen mehr hat,
Weil es meistens am Geld liegt,
Wie weit du es schaffst.
Es sind also verdammt viele Dinge,
wo fängt man da an?
Selbst wenn ich jetzt beginne,
heißt es nicht, dass ich was ändern kann.
Aber was wäre denn die Alternative?
Dass ich alles liegen
lasse
Und mich nicht mehr damit befasse?
Ja, ich könnte einfach nicht hinsehen,
weggehen,
Es ignorieren,
Einfach keine Zeit mehr investieren.
Ich könnte aufgeben.
Mein Leben
genießen
und die Augen mal schließen
Ich könnte sagen, übertreibt mal nicht!
Es wird sicherlich
nicht so dramatisch.
Also macht einfach weiter wie bisher
Und schert
euch nicht um diese Sachen,
Das sollen später mal die Profis machen.
Ja, das könnten wir einfach tun,
klingt verlockend sich darauf auszuruhn.
Aber wie könnten wir denn jemals unserer Verantwortung entgehen,
In der wir als Menschen gemeinsam stehen
Gegenüber der Erde, anderen Menschen und Tiere.
Nein, ich nehme sie an, bevor ich mein Gewissen verliere.
Und ja, ich will etwas verändern,
in dieser Welt, in allen Ländern
Natürlich nicht allein,
Auch wenn niemand zu klein
Ist, um was zu bewegen,
Aber es macht viel mehr Spaß,
es mit anderen zu leben.
Denn gemeinsam sind wir stark
Und ich mag
die Energie, die in uns allen schon steckt
Und ich glaub bisher wurd sie
noch nicht überall geweckt.
Und ich sehe Potential,
überall
wo Menschen leben
Kann es einen Wandel geben.
Und ja, ich habe Lust,
diese Welt mitzugestalten!
Aus allem Frust mache ich Mut,
um diese Erde zu erhalten.
Doch ich weiß auch,
ich brauche
euch,
Alle Leute
hier im Saal
Ihr steht an jedem Tag wie heute
vor einer riesen großen Wahl.
Machen wir weiter wie bisher
Das, was zählt ist nur das Geld
Oder wollen wir doch viel mehr
Eine lebenswerte Welt?
Als Klimaaktivistin konnte ich verdammt viel lernen.
Zwischendurch stand mein Abschluss dafür in den Sternen.
Doch ich will euch ermutigen, miteinzusteigen,
Um uns selbst und anderen zu zeigen,
wie wichtig dieser Planet für uns ist.
Sodass die Menschheit ihre Natur nicht vergisst.
Also lasst uns mit unserem Wissen
Geschichten neu erzählen
Und endlich das tun, was wir müssen
Um eine gerechte Welt zu wählen.
Ich bin ja Aktivistin und bin stolz darauf,
deswegen frage ich euch:
What do we want?
Climate Justice
And when do we want it?
Now
Are we gonna fight for it? - Yes
Are we gonna get it? - Yes
So what do we want?
Climate Justice
Vielen Dank,
das war meine Poesie.
Noch einen schönen Abend,
mein Name ist My.