„Ich bin nicht sicher, ob Sie wussten, was hier auf Sie zukommt“ – das sagt ein Architekt zu den beiden Vertretern des Mainzer Bauamts, die bei dem Seminar „Der schnelle Weg zum Bauantrag“ am Dienstagabend im Zentrum Baukultur Rede und Antwort standen. Denn offenbar empfand kaum einer der Anwesenden den Weg zum Bauantrag in Mainz als schnell genug. In jedem Fall hatten Kevin Vossler-Schneider, Leiter des Mainzer Bauamts, und Jens Brucker, Leiter der Abteilung Bauaufsicht, bei der Veranstaltung der Architektenkammer Rheinland-Pfalz viel zu erklären.
Personalmangel und Abwanderung nach Wiesbaden
Schon bei der Einführung durch Vossler-Schneider wurde klar, dass in den letzten Jahren einiger Unmut gegen das Bauamt aufgekommen war. Wegen der Corona-Pandemie waren die städtischen Dienststellen für den Publikumsverkehr geschlossen worden. Wie der Leiter des Bauamts selbst zugab, seien danach deutlich mehr Beschwerden wegen schlechter Erreichbarkeit beim Amt eingegangen. Darum habe man nun die Online-Terminvergabe eingeführt.
Danach gab es erstmals Gelegenheit zu freiem Austausch. Schon mit der ersten Meldung wurde klar: Nicht das Einreichen des Antrags, sondern seine Bearbeitung dauert den Anwesenden zu lang. Als das Problem von einem Architekten im Publikum angesprochen wurde, gab es Applaus. Vossler-Schneiders Antwort: „Die Personaldecke ist ein Problem.“ Allerdings habe man das Personal in der letzten Zeit deutlich aufgestockt – von 24 auf 35 Mitarbeiter. Er hoffe darum, dass es in Zukunft schneller gehe. „Allerdings muss man dazu auch sagen, dass Wiesbaden deutlich besser bezahlt. Das lockt auch eingearbeitete Leute weg“, so der Bauamtsleiter. In Mainz habe man von Entgeltgruppe 10 auf 11 aufgestockt, aber in Wiesbaden würde nach Gruppe 12 bezahlt.
Die Wege des Antrags sind unergründlich
Die nächste Meldung, die das Publikum zu lautstarken Zustimmungsbekundungen animierte, kam von einem weiteren Mainzer Architekten. Was ihn vor allem störe, sei das intransparente Vorgehen des Bauamts. „Manchmal wird nach ein paar Wochen nur eine Sache nachgefordert, und dann ist man schon ganz optimistisch. Aber dann kommt ein paar Wochen später die zweite Nachforderung.“ Er wisse nicht, ob man damit versuche, aus Personalnot Zeit zu schinden. Die einhellige Meinung im Publikum: Ein solches Vorgehen schade auch dem Vertrauen der Bauherren. Vossler-Schneider entgegnete darauf, dass über Wochen hinweg hereintröpfelnde Nachforderungen keine Taktik seien. Man müsse den anderen beteiligten Ämtern – etwa dem Grünflächenamt und dem Denkmalschutz – jeweils eine Frist von circa einem Monat gewähren, um ihrerseits die Anträge zu prüfen. Innerhalb des Bearbeitungsprozesses könnten daher nach und nach neue Erkenntnisse aufkommen.
Diese Antwort leuchtete den Teilnehmern einerseits ein, andererseits wurde klar, dass mehr Einblick in den jeweiligen Bearbeitungsstand des Antrags Abhilfe schaffen könnte. Die Architekten beschwerten sich darüber, dass sie noch nicht einmal benachrichtigt würden, dass der Antrag eingegangen sei. In der Rücksprache mit dem Bauherren und auch für die eigene Orientierung wünschten sie sich, dass sie einsehen könnten, wieweit der Prozess jeweils sei. Das stieß bei Bauamt und -aufsicht auf Verständnis, man werde die Anregung mitnehmen.
Bauen im Bestand gewünscht – nur wie?
Die Diskussion verschob sich daraufhin weiter zum Thema „Bauen im Bestand“. Ein Teilnehmer wunderte sich, dass es ein erklärtes Ziel der Stadt Mainz sei, Nachverdichtung zu betreiben. Gleichzeitig würden die vielen Vorschriften, die dazu bestehen, das Bauen im Bestand stark erschweren. Vom Bauamt erhoffte sich der Architekt mehr Führung und Vorschläge, wie man die Nachverdichtungsbauanträge dennoch genehmigt bekommen könnte. Auch ein weiterer Teilnehmer wünschte sich bei von der Stadt begrüßten Bauvorhaben „mehr Teamwork“ zwischen Bauamt und Architekten. Schließlich habe die Bauaufsicht auch einen Ermessensspielraum. Vossler-Schneider und Brucker erklärten dazu, dass dieser Spielraum faktisch mittlerweile gegen Null gehe. Eine „Normverwerfungskompetenz“ habe das Bauamt leider nicht und die vielen Regelungen zum Bauen im Bestand würden auf Landesebene getroffen. Brucker ergänzte, dass es nicht Sache des Bauamts sei, Anträge zu bewerten, sondern nur zu klären, ob sie zulassungsfähig seien oder nicht. Insofern gehe es nicht um persönliche Interessen.
Auch wenn die anwesenden Architekten nicht an Kritik sparten, gab es insgesamt viel Verständnis auf beiden Seiten für die Sichtweise des jeweils anderen. So sprachen sich Veranstaltungsteilnehmer unter anderem dafür aus, sich für weiteres Personal auf dem Bauamt einzusetzen, und dankten Vossler-Schneider sowie Brucker für ihre Dialogbereitschaft. Die Bauamtsmitarbeiter wiederum zeigten sich dankbar für Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten und freuten sich, dass sie als Dialogpartner wahrgenommen werden.