Haase gegen Viering: So ticken die OB-Kandidaten inhaltlich

Verkehr, Klimaschutz, Gesellschaft: Hier erfahrt ihr, welche Positionen die beiden OB-Kandidaten Nino Haase und Christian Viering haben.

Haase gegen Viering: So ticken die OB-Kandidaten inhaltlich

Tempo 30 in der Innenstadt? Kostenloser ÖPNV? Nacht-Musikverbot am Winterhafen? Vor dem ersten Wahlgang der OB-Wahl hatten wir den sieben OB-Kandidaten für unseren Merkurist „Wahlchecker“ 15 Thesen aus Verkehr, Klimaschutz und Gesellschaft vorgelegt. Bei der Stichwahl am kommenden Sonntag (5. März) sind nur noch zwei Kandidaten übrig: Nino Haase (parteilos) und Christian Viering (Grüne). Wir zeigen euch noch einmal ihre Antworten zu den Thesen:

VERKEHR

Das flächendeckende Tempo 30 in der Mainzer Innenstadt soll beibehalten werden.

Nino Haase: Neutral. Mir ist ein guter Verkehrsfluss und eine abgestimmte Ampelschaltung wichtiger als das Tempo. Weniger Stau pflegt das Stadtklima und 30% des Verkehrsaufkommens ist Parksuchverkehr – der muss dringend weg.

Christian Viering: Ja. Bei der Mobilitätspolitik muss wieder der Mensch in den Mittelpunkt gestellt werden. Deshalb ist Tempo 30 die sinnvolle Geschwindigkeit für alle in der Stadt. Vor allem, weil es die Lebensqualität durch die Reduzierung des Verkehrslärms deutlich stärkt und den Straßenverkehr sicherer macht.

In Mainz sollen Fahrspuren für Autos wegfallen, um Platz für Radfahrwege zu schaffen.

Haase: Ja, aber mit Konzept. Es gibt Stellen, wo der Platz jetzt schon ausreichen würde: bspw. auf der Kaiserstraße oder auf der Alicenbrücke stadtauswärts, die für Radfahrende enorm gefährlich ist. Radwege müssen durchgehend und sicher sein, um den Umstieg zu erleichtern. Gerade durch den vermehrten Einsatz von E-Bikes und Pedelecs ist mehr Raum für den Radverkehr unumgänglich.

Viering: Ja. Wir brauchen eine Umverteilung des Straßenraums vom Auto hin zum Radverkehr, um Radfahren attraktiver und durch abgetrennte Radspuren sicherer zu machen.

Der Straßenbahnausbau in Mainz soll weiter vorangetrieben werden.

Haase: Ja. Die Straßenbahn ist ein gutes Mittel, um sehr große Personenzahlen in der Stadt zu befördern und die Mobilität auszubauen. Bezüglich der Planungen in der Neustadt und anderen Stadtteilen ist allerdings frühzeitig eine engagierte Bürgerbeteiligung durchzuführen und zu moderieren, um ein Citybahn-Desaster nicht zu wiederholen.

Viering: Ja. Wir müssen das Straßenbahnnetz weiter ausbauen, um den Menschen ein nachhaltiges Mobilitätsangebot zu machen. Dies muss auch über die Stadtgrenzen hinaus stattfinden, um das

In Mainz soll der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) kostenlos werden.

Haase: Nein, nicht dauerhaft. Ich stelle mir kostenlose Tage (bspw. am Wochenende) vor, die die Innenstadt beleben. Aber dauerhaft würde das unsere momentan verfügbaren Kapazitäten überschreiten. Der ÖPNV muss günstiger, zugänglicher und verlässlicher werden: mit Zeitkarten wie „2€ für 2h“ und einer einheitlichen App, die alle Mobilitätsformen (auch Sharing-Angebote) miteinander verbindet.

Viering: Neutral. Der ÖPNV gehört zur Daseinsfürsorge und muss für alle Mainzer Bürger*innen erschwinglich sein. Nach der Einführung des 49€ Tickets müssen wir uns die Tarifstruktur der Zeit und Einzelfahrkarten im Verkehrsverbund anschauen. Meine Vision für den ÖPNV in Mainz ist, dass wir ihn kostenfrei für die Bürger*innen machen.

Es soll eine weitere Rheinbrücke für Autos zwischen Mainz und Wiesbaden gebaut werden.

Haase: Nein. Das steht nach den Diskussionen und Erkenntnissen der letzten Jahre nicht zur Debatte. Es würde keinerlei Verkehrsproblematik lösen, sondern noch mehr Nadelöhre schaffen. Wichtiger ist, im Bereich der Mobilität die Zusammenarbeit mit unserem Umland, vor allem Rheinhessen, endlich auszubauen und einen gemeinsamen ÖPNV zu entwickeln.

Viering: Nein. In Zeiten, in denen wir um die Einhaltung des 1,5 Grad Ziels kämpfen, wäre eine zusätzliche Rheinbrücke für den Autoverkehr geradezu absurd.

In der Innenstadt sollen mehr Straßen zu Fußgängerzonen und Freiflächen umgewandelt werden.

Haase: Ja, definitiv! Fußgängerzonen und Grünflächen sind wichtig für das Stadtklima, aber auch für die Aufenthaltsqualität und Attraktivität. Um Flächen zurückzugewinnen, ist ein effizientes Parkraummanagement der Schlüssel (bessere Auslastung der 10.000 Parkhausstellplätze). Außerdem schwebt mir eine ganzheitliche Innenstadtentwicklung vom Rheinufer über einen Schlosspark und die Große Bleiche als Flaniermeile bis zur Kupferbergterrasse vor.

Viering: Ja. Ich möchte die Stadt den Bürger*innen zurückgeben. Dazu gehören mehr Fußgängerzonen und Freiflächen, wo sich die Menschen aufhalten können. Gleichzeitig, um den Folgen des Klimawandels etwas entgegenzusetzen, brauchen wir mehr Grün in der Stadt, damit sich diese in den heißen Sommern nicht so stark aufheizt. Grüne Flächen, Bäume und Gehölze sorgen für Schatten, Abkühlung und gute Luft. Sie sind Erholungsräume für die Menschen und Lebensräume für Pflanzen und Tiere. Diese grünen Lungen erfüllen zudem eine wichtige klimatische Funktion. Ganz konkret: Die Große Bleiche soll vom Münsterplatz bis zum Landtag autofrei werden und damit eine deutliche Aufwertung erfahren. Mehr Platz für Fußgänger*innen und Radfahrende, mehr entsiegelte Flächen und mehr Grün, mehr Platz für Handel und Gastronomie.

Für E-Autos sollen mehr Parkplätze geblockt werden.

Haase: Neutral. Ich halte das nur mit einer entsprechenden Ladestation für sinnvoll und nicht als generelle Bevorzugung – der Platzbedarf bleibt in beiden Fällen gleich. Durch ein Parkraummanagement möchte ich mehr Autos in die Parkhäuser bringen und Flächen in den Straßen zurückgewinnen. Das schafft ebenfalls mehr Lademöglichkeiten.

Viering: Ja. E-Mobilität hilft dabei, die Luft in Mainz sauber zu halten und Lärmemissionen zu senken. Diese umweltfreundliche Form der Mobilität sollte unter anderem dadurch gefördert werden, dass bestimmte Parkplätze für E-Autos vorgehalten werden, die auch Lademöglichkeiten bieten sollen.

KLIMASCHUTZ UND BAUEN

Klimaschutz soll bei der Stadtentwicklung oberste Priorität haben.

Nino Haase (parteilos): Ja. Und will man daneben Mainz zukunftssicher und wirtschaftsstark aufstellen und gleichzeitig für bezahlbaren Wohnraum sorgen, müssen wir nun zu einer weitsichtigen nachhaltigen Gesamtplanung kommen: Durch ein Stadtentwicklungskonzept, das Klimaschutz in allen Aspekten berücksichtigt, können trotzdem neue Wohn- und Gewerbegebiete geplant werden – sozial und nachhaltig. Ohne gesundes Stadtklima ist diese nicht mehr lebenswert.

Christian Viering (Grüne): Ja. Das klimapolitische Ziel der Stadt Mainz und mir ist es, 2035 „klimaneutral“ zu sein, verbunden mit einer Verringerung des CO2-Ausstoßes um 95% . Damit bekenne ich mich klar zum 1,5°-Ziel. Die Stadtverwaltung hat das Ziel, bis 2035 eine klimaneutrale Stadtverwaltung inklusive der stadtnahen Unternehmen zu schaffen. Als Oberbürgermeister will ich eine „Stabstelle Klimaschutz“ aus Klimaschutzmanager*Innen einrichten, die beim Büro des Oberbürgermeisters angesiedelt ist. Hier will ich sicherstellen, dass der Klimaschutz in Mainz Chefaufgabe ist.

In Mainz sollen mehr Flächen für Windräder genutzt werden.

Haase: Ja. Aber es sind ohnehin nur noch in Randgebieten wenige Flächen möglich. Ansonsten möchte ich den Fokus eher auf die Photovoltaik und die Nutzung industrieller Abwärme legen. Windkraft ist weniger ein städtisches als ein ländliches Thema.

Viering: Ja. Rund um das Messegelände in Hechtsheim hat Mainz schon heute einen etablierten Standort für die Windenergieerzeugung. Diese Fläche sollten wir auch unter dem Gesichtspunkt des Repowering verstärkt für die Windkrafterzeugung in Mainz nutzen. Ein zweites Standbein in Mainz kann auch die Nutzung von großen Dachflächen für Windenergie nach dem Vorbild des Firmensitzes von Werner & Mertz in Mombach sein. Es muss der Grundsatz gelten: Keine neue Dachflächen mehr ohne Funktion.

Jeder Hauseigentümer ohne Photovoltaikanlage soll eine Klima-Abgabe (etwa 5 Euro pro Monat) an die Stadt entrichten.

Haase: Nein. Wir haben im Bereich der Photovoltaik-Installationen einen eklatanten Fachkräftemangel und mittlerweile weniger Förderungen. Für die Versäumnisse dürfen nicht die Hauseigentümer zur Rechenschaft gezogen werden. Jetzt muss die Stadtverwaltung als Vorbild vorangehen und die eigenen Liegenschaften mit Photovoltaikanlagen ausstatten – das ging in den letzten Jahren viel zu langsam.

Viering: Nein. Bessere Anreize schaffen durch Förderprogramme. Wir brauchen in Mainz endlich einen Turbo für die Energiewende, ein zentraler Baustein ist hier der Bau von Photovoltaik Anlagen. Die Stadt und die stadtnahen Gesellschaften müssen hier mit gutem Beispiel vorangehen. Gleichzeitig will ich ein Förderprogramm auflegen für alle Mainzer*innen von der Eigentümergemeinschaft in der Neustadt, für den Bungalow in Ebersheim, den Landwirtschaftlichen Betrieb in Finthen, bis hin zur Balkon PV Anlage für die Mieter*in in Weisenau.

Mainz braucht neue Wohngebiete.

Haase: Ja. Die Nachverdichtung stößt an ihre Grenzen. Wir müssen Mainz mit einem Stadtentwicklungskonzept klimaschonend erweitern, um die Stadt für alle Mainzerinnen und Mainzer und neue Bewohnerinnen und Bewohner bezahlbar zu machen. Es gibt bestehende Bebauungspläne außerhalb von Frischluftgebieten und bereits erschlossene Flächen, die wir katalogisieren und beplanen sollten – inklusive Mobilität und Grünflächen.

Viering: Ja. Wir müssen uns bei der Schaffung von Wohnraum ehrlich machen und den Menschen sagen das es in unserer Stadt Grenzen von Wachstum gibt. Wir haben in Mainz noch einige innerstädtische Entwicklungspotentiale und auch noch Möglichkeiten in Stadtrandlagen um Wohnraum zu schaffen, hier ist wichtig das wir da wo es möglich ist höher bauen als wir das in der Vergangenheit getan haben.

GESELLSCHAFT

Privates Feuerwerk soll an Silvester künftig verboten werden.

Nino Haase (parteilos): Ja. Die Feinstaubbelastung, aber auch der ausgelöste Stress bei Mensch und Tier und die Belastung von Krankenhäusern sowie den Entsorgungsbetrieben stehen in keinem Verhältnis zu einer Tradition. Allerdings bin ich ein großer Befürworter davon, professionelle Feuerwerke durch die Stadt Mainz zu organisieren.

Christian Viering (Grüne): Ja. Zu hohe Feinstaubbelastung, starker Stress für Tiere, Belastung der Krankenhäuser durch Verletzungen beim unsachgemäßen Gebrauch von Feuerwerkskörpern.

Das Nacht-Musikverbot am Winterhafen soll wieder aufgehoben werden.

Haase: Ja, aber unter Auflagen. Das Benutzen von akustischen Instrumenten muss weiterhin erlaubt bleiben! Richtig ist hingegen, große Lautsprecher („Boom-Boxen“) ab einer gewissen Leistungsgrenze zu verbieten. Damit haben andere Städte gute Erfahrungen gemacht. Die Stadt und der Winterhafen müssen ein Ort des Miteinanders bleiben. Mehr Sozialarbeit und Kommunikation (z. B. mit dem Ortsbeirat) hätten eine Eskalation verhindern können.

Viering: Nein. Es gilt die gesetzliche Nachtruhe.

Mainzer Behörden sollen in offiziellen Schreiben gendern.

Haase: Ja. In offiziellen Schreiben soll allen Menschen mit einer geschlechtergerechten Sprache begegnet werden. Der Rat der deutschen Rechtschreibung empfiehlt dazu, bevorzugt geschlechterneutrale Formulierungen zu nutzen oder die Kombination aus weiblicher und männlicher Form zu verwenden. Sonderzeichen können die Lesbarkeit der ohnehin oft schwer verständlichen Amtstexte erschweren.

Viering: Ja. In vielen Bereichen der Mainzer Stadtverwaltung ist gendern selbstverständlich. Die Stadtverwaltung muss als Vorbild für Geschlechtergerechtigkeit vorangehen.

Die Stadt Mainz soll die Kosten für den Rosenmontagsumzug komplett übernehmen.

Haase: Ja. Besonders nach der Corona-Pandemie muss die Unterstützung, auch im Hinblick auf Saalmieten, großzügiger erfolgen. Es muss aber für andere Vereine ebenso gelten! Daneben möchte ich die Organisation auf ein stabileres und langfristig gesichertes Fundament stellen und unterstütze daher die erfolgte Gründung der Mainzer Fastnacht e.G. als Dachorganisation.

Viering: Neutral. Bei der Frage der Finanzierung des Rosenmontagszugs ist mir eine mit allen Beteiligten im Dialog entwickelte Lösung wichtig. Es ist sicherlich möglich, einen Teil der neuen Spielräume auch für die Stärkung der Fassnacht und des Rosenmontagszugs zu nutzen, um gestiegenen Anforderungen Rechnung zu tragen.

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