Warum tun die sich das an? Was tun sie der Gesellschaft damit an? Die Stimmung ist längst gekippt: Mit den Aktionen der „Letzten Generation“ (LG) mögen sich viele nicht mehr solidarisieren. Das hat nichts damit zu tun, dass die Menschen nicht mehr an den Klimawandel glauben oder dessen Anzeichen ignorieren; die Leute haben nur keine Lust, sich von irgendwem daran hindern zulassen, mit dem Auto genau dahin zu fahren, wo sie hin möchten. Oder in den Urlaub zu fliegen oder auf der Autobahn 160 Km/h zu fahren, oder, oder, oder.
Gekippt ist die Stimmung insgesamt. Angesichts von Ukraine-Krieg und Energieengpässen schien die Bereitschaft auf etwas zu verzichten, größer geworden zu sein. Diese Bereitschaft sinkt wieder. Inwieweit ausgerechnet die Klebe-Aktionen der LG dazu beigetragen haben, mögen Wissenschaftler herausfinden. Die handwerklichen Fehler der Bundesregierung haben vermutlich einen größeren Anteil an der Wut vieler Deutscher.
Mitglieder der Regierung gehören an den Pranger
Wann hier in der Region wieder eine Straße blockiert wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall kann es den Politikern nur recht sein, wenn die LG in die Offensive geht und massenhaft Klebeaktionen durchführt. So richtet sich der Unmut der Bevölkerung auf die LG. Die handwerklichen Fehler bei der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes gehen im Medienrauschen um die Protestaktionen unter. Sachlich gesehen gehören die Mitglieder der Ampelregierung an den Pranger. Was blieb denn von den heroischen Ankündigungen, der Austausch der Heizungen werde „sozial abgefedert“, übrig? Stattdessen sind die Villenbesitzer denen von normalen Einfamilienhäusern gleichgestellt. Super. Das gab es doch schon bei der Energiepreispauschale und beim Tankrabatt. Immer das gleiche Prinzip: Die viel haben kriegen noch mehr.
Höchstens 50 Prozent der Anschaffungs- und Installationskosten für eine neue Heizung, die weder mit Gas noch mit Öl befeuert wird, können Normalverdiener über Förderung finanzieren. Und die anderen 50 Prozent? Müssen aus dem Ersparten oder über Kredite finanziert werden. Wer sein Haus als Rückhalt für die Altersvorsorge gedacht hat, schaut dann bang auf die Entwicklung der Kreditzinsen. Ja, das Gesetz wurde zwischenzeitlich „entschärft“, die Übergangsfristen verlängert, über 80-Jährige sind von der Vorgabe, die alte Gasheizung auszutauschen, ausgenommen. Was soll denn diese Altersangabe? Wer über 70 Jahre alt ist und eine normale Rente erhält, wird von Kreditinstituten doch auch nicht mit offenen Armen empfangen.
Was hat das mit den Aktionen der Letzten Generation zu tun?
Verständlich, wenn jüngere Menschen richtig Angst davor haben, dass all die Katastrophen eintreten, vor denen Wissenschaftler seit Jahrzehnten warnen. Vorstellbar das Gefühl von Ohnmacht und Wut, angesichts der realistischen Aussichten, von einem Dürresommer in die nächste Starkregen-Katastrophe zu stolpern; dass die Rationierung von Trinkwasser, der Kopfsalat nur noch aus dem Treibhaus und die täglichen Horrormeldungen über untergegangene Flüchtlingsboote als „Begleiterscheinungen“ des Alltags die Lebenslust beeinträchtigen.
All das ist näher dran an unserem Leben, als viele es wahrhaben wollen und deshalb nicht ins Handeln kommen. Klar ist, die Bundesregierung bricht Recht, indem sie die gesetzlich verbindlichen Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens und des Bundesverfassungsgerichts nicht umsetzt. Auf diesen Rechtsbruch reagiert die „Letzte Generation“ mit Nötigung – anstelle der Regierungsmitglieder werden die Bürger genötigt! Dass sie nicht gemeint sind, verstehen die meisten Bürger nicht.
Presseberichten zufolge ist die „Letzte Generation“ dabei, ihre Strategie zu überdenken. Ob es der LG gelingt, Aktionsformen zu finden, die den Rechtsbruch der Bundesregierung in den Mittelpunkt stellen, ohne dass die Bürger als „Mittel zum Zweck“ dienen müssen?