Die Promenade am Mainzer Rheinufer wird gerade zu den Stoßzeiten morgens und abends stark von Pendlern genutzt, die entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Doch vor allem am Morgen legen an den Stegen auch Kreuzfahrtschiffe an, deren Passagiere aus den Schiffe strömen und den asphaltierten Weg für die Radfahrer versperren. Das findet zumindest Merkurist-Leserin Luna. „Kreuzfahrt-Besucher am Rhein blockieren täglich den Weg – wieso passen die Guides nicht besser auf?“, fragt sie in ihrem Snip.
Schiffe müssen nebeneinander anlegen
Laut dem Veranstalter der meisten Stadtführungen, mainzplus Citymarketing, wurden 2019 insgesamt 919 Ankünfte von Flusskreuzfahrtschiffen an sieben der elf Mainzer Anlegestellen erfasst. Die restlichen vier seien nicht im Besitz der Reedereien und somit keine Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe. Spätere Zahlen seien nicht bekannt, da aufgrund der Corona-Pandemie keine Zählungen mehr erhoben wurden, so mainzplus Citymarketing.
Ebenfalls keine konkreten Zahlen, aber dafür ihre persönlichen Erfahrungen teilt Ursula Hoffmann-Kramer, Mitglied des Mainzer Gästeführerverbands, im Merkurist-Gespräch. Zwischen 8:45 und 9 Uhr würden die Kreuzfahrtschiffe anlegen und die Passagiere in Gruppen den Guides zugeteilt. Wie viele das sind, ist saisonabhängig. An manchen Tagen seien es fast gar keine, an anderen Tagen wiederum seien es so viele, dass die Schiffe schon häufig nebeneinander anlegen mussten, sagt Hoffmann-Kramer.
Problembereich am Rathaus
Auch Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) kenne die Uferstelle mit den Stegen sowie die Situation, die sich dort täglich abspielt, gut. Huck ist selbst Mitglied im Gästeführerverband und auch als Gästeführer tätig. In der Ankunftszeit würden die Touristen auf der Straße stehen, die am Ufer entlang führt, erzählt er. Dabei seien die Gästeführer in der Regel jedoch darauf bedacht, dass ein Streifen freigelassen wird, auf dem der Radverkehr möglichst ungehindert weiterlaufen kann.
Gegen 9 Uhr verließen die Gruppen normalerweise die Straße, somit sei diese Blockade „ein Problem, das es etwa nur für 15 Minuten gibt“, erklärt der Ortsvorsteher. Trotzdem komme es in diesem Zeitraum immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen Gästen und Fahrradfahrern, die die Gruppen als Störung ansehen, sagt Huck – vor allem am Rathaus. Auch Gästeführerin Hoffmann-Kramer findet den Bereich zwischen Hilton-Hotel und Rathaus zu eng. Dem Veranstalter mainzplus Citymarketing seien hingegen keine Konflikte zwischen Passanten und Passagieren bekannt, da man einen „einen engen Austausch mit Gästeführern und den Reedereien“ pflege.
Zwiegespaltene Meinung bei den Mainzern
Dieses Thema hat auch bei den Merkurist-Lesern eine Diskussion ausgelöst. Während einige der Meinung sind, dass „öffentliche Wege der Allgemeinheit gehören und daher auch von Kreuzfahrt-Besuchern genutzt werden dürfen“, sehen andere die Kritik als berechtigt, da sie die „schlechte Verkehrsführung für Radfahrer zeige“ und die Touristen-Gruppen meistens aus Senioren bestünden, die „auch bei lautem Klingeln nicht reagieren.“ Ein weitere Leser sieht hingegen die Radfahrer in der Schuld für die Situation. „Die rasenden Radfahrer sind da schon eher das Problem. Man hüpft als Fußgänger von links nach rechts.“
Eine Lösung, um die aktuelle Situation zu entschärfen, könnte jedoch schwierig werden. Im Moment ist die Straße am Rheinufer ein gemischter Bereich, auch wenn viele Radfahrer das nicht so sehen würden. Fußgänger und Radfahrer am Rheinufer zu trennen, sei zwar ein grundsätzliches Anliegen im Ortsbeirat der Altstadt, sagt Huck. An der besonders kritischen Stelle am Rathaus sei eine solche Trennung allerdings nur schwer umsetzbar. Auch Hoffmann-Kramer hat keine Hoffnung, dass sich die Situation in nächster Zeit besser könnte. „Es wäre natürlich schön, wenn es anders wäre“, sagt sie, „aber bis dahin müssen wir uns arrangieren“.
Problem mit LKW?
Laut den Gästeführern seien die Guides immer darauf bedacht, ihre Gruppen möglichst gut zu platzieren. Zeitgleich werden die Schiffe jedoch mit Lebensmitteln über LKW beliefert. Dafür fahren die LKW bis an die Stege heran und parken auch dort. Dadurch sei der Platz zusätzlich begrenzt, so Huck und Hoffmann-Kramer. „Das ist dann ein bisschen unfair, dass die LKW nicht angeklingelt werden, aber die Menschen“, sagt Huck. Bis alle Touristen auf ihre Gruppen verteilt und mit Headsets ausgestattet seien, könnten zehn bis 15 Minuten vergehen, so Hoffmann-Kramer.
Huck ist der Meinung, dass eine Umplanung der LKW-Lieferzeiten bereits zu einer Entlastung führen würde. Er schlägt vor, dass die Belieferung beispielsweise erst um 9:30 Uhr beginnen könnte, um die Straße nicht zusätzlich zu blockieren. Dafür seien allerdings die Abteilungen der Kreuzfahrtgesellschaften für Fahrgastbetreuungen und Logistik verantwortlich – und diese würden nicht ausreichend miteinander kommunizieren, so Huck.
Eine weitere Möglichkeit sei, die Verkehrsführung an dieser Stelle der Rheinpromenade zu verbessern, beispielsweise bei der laufenden Sanierung des Rheinufers. Das Problem: Für diesen Abschnitt des Rheinufers haben die Planungen noch gar nicht begonnen. „Ich sehe da keine Lösung in der nahen Zukunft auf uns zukommen“, sagt der Ortsvorsteher, die aktuellen Planungsprioritäten seien bedauerlicherweise andere. Schließlich akzeptierte die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) im Juli den geplanten Mainzer Haushalt für nächstes Jahr nicht, das Defizit von rund 90 Millionen Euro war zu groß. Deswegen ist der Mainzer Haushalt nach wie vor eingefroren – und somit auch die Gelder für die Umbaumaßnahmen am Rheinufer.
„Gegenseitige Rücksichtnahme ist oberstes Gebot“
Auch, wenn eine neue Verkehrsführung am Rathaus noch nicht absehbar ist, könnte es zumindest an anderen Stellen des Rheinufers demnächst Änderungen geben. So soll die Uferstraße demnächst zur Fahrradstraße erklärt werden, „um die Vorfahrtsregeln zugunsten des Radverkehrs zu ändern“, sagt Huck. Außerdem sei eine Idee des Altstadt-Ortsbeirats, Fußgänger und Radfahrer im Bereich zwischen Fort Malakoff und dem Fischtorplatz zu trennen. Dem stehe die Verwaltung jedoch kritisch gegenüber, „da sich wahrscheinlicher keiner daran halten würde“. Die Stadtverwaltung selbst äußerte sich auf Merkurist-Anfrage noch nicht zu möglichen Verkehrsänderungen am Rheinufer.
Grundsätzlich wolle Huck sich mit dem Ortsbeirat für eine bessere Beschilderung der gesamten Altstadt-Strecke zwischen Kaisertor und Winterhafen einsetzen, damit auch für Ortsfremde die Radordnung besser ablesbar ist. Bis eine langfristige Lösung gefunden wird, sieht Huck als „einzige Lösung derzeit, dass beide Seiten, Touristen als auch Radfahrer, füreinander mehr Verständnis entwickeln“.