Die Techno-Partys im ehemaligen Binger Palazzo sind wohl für immer Geschichte – vor kurzem wurden Pläne laut, in der denkmalgeschützten Alten Stadthalle Wohnungen zu bauen, die gegenüber Merkurist bestätigt werden konnten.
Das Gebäude war die Heimat des überregional bekannten Techno-Clubs „Palazzo“. Nach seiner Schließung 2003 steht es leer. Nur vereinzelt finden dort Veranstaltungen statt. Eigentümer und Gebäudenamen wechselten häufiger. Millionenbeträge müssten im zweistelligen Bereich aufgebracht werden, um das Gebäude bautechnisch und wirtschaftlich auf solide Beine zu stellen. Der aktuelle Eigentümer spricht von über 10 Millionen Euro.
Ruhe in das Gebäude bringen
Aktuell haben mit der EDM Management GmbH die Eigentümer des Binger Zollamt-Restaurants die Zügel in der Hand. 2015 erwarben sie die Immobilie. „Wir möchten in das Gebäude für die nächsten Generationen Ruhe einkehren lassen. Es benötigt dringend eine Perspektive“, sagt Dunja Endemann von der EDM Management GmbH. Dazu müsse das Gebäude wirtschaftlich tragfähig aufgestellt werden. „Die Zeiten für Großraumdiskotheken sind leider vorbei“, findet Endemann.
Die Zukunft sehen sie stattdessen in Wohnraum. „Wir erarbeiten derzeit ein Umbaukonzept. Dem Gebäude soll eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung zugeführt werden“, so Endemann. Ein Apart-Hotel-Konzept soll als Gewerbenutzung im Gebäudeinneren realisiert werden: Im Ballsaal / Großer Club könne man dann in einer Art „Dorfstruktur“ Gästezimmer für kurze Zeit mieten. In den Flächen rund um den Ballsaal sollen Wohnungen zur Langzeitvermietung errichtet werden.
Mit dem aktuellen und neuen Konzept einer Mischnutzung hofft der Eigentümer einen wirtschaftlich-tragfähigen Kompromiss für alle Beteiligten schließen zu können und die Interessen der Politik und des Denkmalschutzes mit den eigenen verbinden zu können. Denn an der Zustimmung von Politik und Denkmalamt seien bisherige Sanierungsvorhaben gescheitet.
Vielversprechende Gespräche
Angesichts dieser städtebaulich bedeutsamen Lage fordern die städtischen Gremien ein „tragfähiges Gesamtkonzept“ für die Immobilie, teilt eine Stadtsprecherin auf Anfrage mit. Die bisherigen Konzepte hätten diesen nicht entsprochen.
Ein Kulturdenkmal bedürfe einer sinnvollen Nutzung, teilt die zuständige Denkmalschutzbehörde beim Landkreis mit. Von dieser gibt es keine grundsätzlichen Bedenken bei dem neuen Umbaukonzept, zumal das Gebäude neben dem großen Saal in der Vergangenheit bereits als Hotel genutzt wurde. Wichtig sei aus Sicht der Behörde, dass der große Festsaal erlebbar bleiben muss.
Alle drei Beteiligten (Stadt, Kreis und Eigentümer) bestätigen gegenüber Merkurist im Austausch zu stehen. Gerade vor wenigen Tagen habe man sich getroffen. Der Denkmalschutz scheint dem Vorhaben grundsätzlich nicht im Weg zu stehen. Außerdem habe die Stadtverwaltung Unterstützung zugesichert, so Endemann. Die Stadt erklärt auf Anfrage, dass sich die Stadtverwaltung immer wieder mit dem Anliegen des Eigentümers befasst habe.
Politik am Zug
„Nun liegt es an unserer Politik, ob dem Wohnungsbau grünes Licht gegeben wird. Aufgrund des anhaltenden Leerstandes und dem dringend benötigen Wohnraum hoffen wir doch stark, dass die Politik der Schaffung von Wohnraum zustimmen wird und dem Leerstand ein Ende setzt“, hofft Endemann.
Eine Hürde vor dem Bauantrag und dem Baustart ist noch mit dem Bebauungsplan zu stemmen, der eine Langzeitvermietung derzeit nicht legitimiert. Die Baunutzungsordnung könnte dafür den Rahmen geben: Ihr zufolge können im Bebauungsplan Wohnungen erlaubt werden, „wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen“. Es bleibt abzuwarten, ob die Politik von dem neuen Konzept überzeugt ist. Das ehemalige Palazzo war jedenfalls bisher des Öfteren Thema in den Gremien.